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Die Strafe des Seth

Die Strafe des Seth

Titel: Die Strafe des Seth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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würde für ein wenig Reichtum jeden Frevel begehen, den er von ihm verlangte.
    Drei Monate nach seinem Eintreffen in Heliopolis war Nebnefer fest in Nachts Veruntreuungen integriert und führte die Befehle seines Gebieters zu dessen Zufriedenheit aus. Er war über alles informiert, was der Zweite Prophet mit dem Korn aus den Lagerhäusern des Re-Tempels trieb, doch hatte er nicht in Erfahrung bringen können, warum Nacht solche Unmengen an Korn veruntreute.
    Wenn es ihm nur um seinen persönlichen Reichtum geht, dann ist er ziemlich gierig
, stellte Nebnefer in einem seiner Schreiben an Wesir Nehi fest,
doch seltsamerweise lagert er nur Unmengen an Getreide ein, verkauft sie aber nicht. Irgendetwas stimmt da nicht, aber auch das finde ich noch heraus.
    Nehi war mit Nebnefers Erfolgen zufrieden, gedachte aber vorerst nicht, den Zweiten Propheten festnehmen zu lassen. Ihn interessierte, warum, doch vor allem für wen Nacht das Getreide unterschlug. Der Wesir war sich sicher, früher oder später die Antworten darauf zu erhalten. Durch Nebnefer war er über die Standorte aller Lagerhäuser informiert, die sich allesamt außerhalb Kemis befanden, und da Nacht das Getreide nicht gegen andere Waren tauschte, ging es auch nicht verloren. Geduld war geboten!
    Die Überwachung Ramoses hatte ebenfalls zu keinen weiteren Erkenntnissen geführt. Der ehemalige Sehende des Re saß auf seinem Anwesen vor den Toren von Memphis und widmete sich seinen Rosen oder ging auf die Entenjagd. Er hatte nicht ein einziges Mal zu Nacht Kontakt aufgenommen. Trotzdem war Nehi sich sicher, dass er irgendwas mit den Veruntreuungen zu tun haben musste.
    Drei Wochen später fand Nebnefer den entscheidenden Hinweis, um Nacht durch den Wesir wegen Hochverrats festnehmen lassen zu können. Durch einen Zufall fiel ihm ein Schreiben in die Hände, die Nachts Untreue bewies. Die vertrauliche Nachricht stammte von einem syrischen Händler namens Senbi, in welcher der Kaufmann Nacht mitteilte, dass weitere drei Lagerhäuser auf das Getreide aus dem Tempel in Heliopolis warten würden. Die Botschaft endete mit den Worten:
Wenn du noch mehr Getreide als in den letzten Jahren liefern kannst, wird Ramses endlich in die Knie gezwungen werden.
    Sofort eilte Nebnefer zum Hohepriester, um ihm das belastende Schriftstück zu zeigen.
    »Das ist ungeheuerlich!« Nebmaatres Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. Man wollte Ramses stürzen! Doch wer, außer Nacht, steckte noch dahinter? Hatte Ramses eine Schlange an seiner Brust genährt, die nun nach ihm schnappte, um ihm den Tod zu bringen? »Erstelle eine Abschrift davon«, wies er Nebnefer an. »Ich werde sie umgehend an Nehi weiterleiten. Nacht muss das Handwerk gelegt werden.«
    Nebnefer verneigte sich, nahm das Schriftstück wieder an sich und verschwand, während Nebmaatre zu brüten begann, wer hinter dieser Schandtat stecken könne.
    Sein erster Gedanke galt seinem Vorgänger Ramose. Ramses hatte ihn seines Amtes enthoben und damit seiner Macht beraubt. Zudem waren Ramose und Nacht miteinander bekannt. War der Hass des alten Mannes groß genug, um den Pharao stürzen zu wollen? Aber wozu? Was genau bezweckten er und Nacht damit?
    Gedankenversunken begann der junge Mann, in seiner Amtsstube auf und ab zu laufen.
    Wollten sie das Land ins Chaos stürzen und Hunger und Elend über die Menschen bringen, damit sich diese gegen den Pharao erhoben?
    »Das ist gegen die Maat!« Nebmaatre war empört, doch allmählich begann er zu begreifen, was mit der Verschiebung des Korns bezweckt werden sollte.
    Eine Hungersnot trotz guter Ernten würde das Volk mürrisch machen. Verspätete Lieferungen hatten schon jetzt unter den Handwerkern zu Arbeitsniederlegungen geführt. Verschärfte sich die Situation, könnten sie in ihrem Zorn Dinge tun, die sie hinterher bitter bereuen würden. Und wenn nicht das Volk sich gegen Ramses erheben würde, dann fände sich sicher ein gedungener Mörder aus den Fremdländern, der vor der Strafe der kemitischen Götter keine Furcht hatte und daher nicht zögern würde, Hand an den Pharao zu legen. Der nächste König hingegen könnte auf Unmengen von Getreide zurückgreifen, um das Volk von seiner unrechtmäßigen Thronbesteigung durch einen Überfluss an Nahrungsmitteln abzulenken.
    Nebmaatre erschauerte.
    »Das ist Hochverrat!«, murmelte er bestürzt vor sich hin. »Sie planen Ramses’ Tod, doch wer steckt dahinter?«
    Es konnte nur jemand aus der unmittelbaren Nähe des Königs sein,

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