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Die Strafe des Seth

Die Strafe des Seth

Titel: Die Strafe des Seth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Beiden Länder hatte der Pharao die Reise zu den Göttern angetreten. Sein jüngerer Sohn Nebu folgte ihm in der darauffolgenden Nacht, so wie unzählige tapfere Krieger schon vor ihnen an diesem Tag von Anubis an die Hand genommen worden waren, um die Reise in den Schönen Westen anzutreten.

ZEHN
     
     
     
     
     
     
     
    Die Division des Ptah erreichte Mitte Pachon, dem ersten Monat der Ernte, die Zufahrt vom Großen Grün zum östlichen Delta und begann sofort mit den Vorbereitungen für den bevorstehenden Kampf.
    Meritusir wählte eine breite, weit einsehbare, gerade Stelle des Flusslaufes aus, wo sie sicher sein konnte, fast alle feindlichen Schiffe in das brennende Wasser zu locken. Beiderseits am Ufer ließ sie durch die Soldaten Erdwälle aufschütten, die zur Tarnung mit Blattwerk und Papyrusstängeln bedeckt wurden, um ein Ausbreiten des Feuers auf das Umland einzudämmen. Die Gegend war menschenleer, wenn man von einem einzigen kleinen Dorf absah, das sich unweit des Ortes befand, den die Priesterin ausgewählte hatte.
    Wie armselig es hier doch ist. – Das war ihr erster Gedanke gewesen, nachdem sie die Siedlung erreicht hatten.
    Da Nilschlammziegel die Feuchtigkeit nicht überdauert hätten, waren die Hütten aus Ästen und Baumstämmen gebaut, die ein skelettartiges Gerüst bildeten. Zum Schutz gegen Sonne und den im Delta vereinzelt auftretenden Regen wurde das Innere nur durch einfache Matten geschützt. Die meisten dieser primitiven Behausungen waren größtenteils zerfallen und wirkten mehr als ärmlich so wie die Leute, die sie bewohnten.
    Es waren Papyrusschneider mit ihren Familien, die mit ihren Messern die langen, bis zu acht Ellen hohen Stängel schnitten, bündelten und auf ihrem Rücken zum Lagerplatz trugen. Von dort wurden sie in regelmäßigen Abständen von Transportschiffen abgeholt, die sie in die Werkstätten der Handwerker brachten, um aus ihrem Mark die kostbaren Schriftrollen zu fertigen. Aber auch der Rest dieser in riesigen Wäldern hier im Deltagebiet vorkommenden Pflanze wurde verwertet.
    Ihre Triebe waren essbar und stellten neben Fisch und Brot eine Bereicherung des Speiseplans der Menschen dar. Aus der Rinde fertigten sie Körbe, Seile, Matten, Sandalen und Schurze. Im getrockneten Zustand diente die Pflanze als Brennmaterial. Selbst die leichten, kleinen Boote, mit denen die Männer des Dorfes in ihrer Freizeit auf Fischfang gingen, waren aus Papyrusstängeln gebaut. Sie waren nicht sehr haltbar, dafür aber jederzeit zu ersetzen.
    Als endlich die Nachricht eintraf, dass die feindlichen Schiffe die Einfahrt zum Delta passiert hatten, befahl der General der Ptah-Division den Dorfbewohnern, sich vor den Hütten zu versammeln.
    »Der Feind nähert sich uns, doch wir werden ihn besiegen. Hört auf das, was euch die Zweite Prophetin des Großen Gottes Osiris zu sagen hat, und gehorcht ihren Befehlen!« Prehi gab Meritusir ein Zeichen, vorzutreten.
    »Ihr werdet wie jeden Tag eurer Arbeit nachgehen, so als ob ihr nicht wüsstet, dass feindliche Schiffe auf euch zuhalten«, hob Meritusir zu sprechen an und blickte in knapp achtzig verschreckte Augenpaare. »Erst wenn ihr die Boote seht, ergreift ihr die Flucht. Die Fremdländischen müssen glauben, dass ihr von ihrem Erscheinen völlig überrascht seid. Anderenfalls könnten sie unsere List erahnen.« Eindringlich ließ sie ihren Blick über die Menschen schweifen, die einen so bescheidenen Lebensstil hatten, dass sie Mitleid mit ihnen empfand. »Damit euch kein verirrter Pfeil treffen kann, werdet ihr hier in der Nähe eures Dorfes die Pflanzen schneiden. Wenn ihr beim Anblick der fremden Schiffe aus dem Wasser stürzt, lauft dort hinüber.« Sie wies zu einem Dickicht, das sich schräg hinter ihr befand. »Die Soldaten werden dort auf euch warten, um euch vor den fremden Kriegern zu beschützen.« Sie räusperte sich. »Ich werde jetzt den Fluss mit dem Blut des Großen Gottes Geb schwarz färben, doch habt keine Angst. Dieses Blut wird euch nichts anhaben. Es ist nicht gefährlich. Allerdings müsst ihr aus dem Wasser sein, bevor ich den Befehl gebe, es zum Brennen zu bringen.« Erneut schweifte ihr Blick über diese verschüchterten Menschen, deren ausgemergelten Körper vor Angst bebten. Dennoch nickten sie treu und ergeben. »Habt keine Furcht. Euch wird nichts geschehen, das verspreche ich euch. Es ist aber notwendig, dass der Feind euch bei eurer täglichen Arbeit sieht, damit er nicht argwöhnisch wird. Zudem wird er

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