Die Strafe des Seth
gestritten, wäre Kemi noch mehr geschwächt worden und eine leichte Beute für die fremdländischen Horden gewesen.« Nachdenklich strich er sich mit der flachen Hand über seinen kahlen Schädel und stellte den Krug zurück auf den Tisch. »Auch wenn ich mich nicht mit unserem neuen König einverstanden erklären kann, nachdem, was ich soeben aus deinem Munde erfahren habe, so glaube ich aber, dass es wohl überlegt und klug gewesen ist, was Chaemwaset getan hat. Wenn Ramses-Sethherchepeschef sich tatsächlich so gegen die Maat vergangen hat, werden die Götter dem nicht tatenlos zusehen und ihn für seinen Frevel bestrafen.«
»Du rätst also, wir sollen die Hände in den Schoß legen und auf unsere Götter vertrauen? – Dann lass uns beten, dass die Götter nicht zu lange warten, bis sie ihn für seine Taten strafen, denn schon die Weisen sagen, dass man dem Krokodil, der Schlange und einem bösen Menschen das Gift nicht austreiben kann.« Nehi lachte sarkastisch. »Unser neuer Pharao macht seinem Schutzgott alle Ehre: Seth, der Brudermörder, der Herr über den Donner und das Chaos.«
»Ja, Nehi, aber auch der Beschützer der Sonnenbarke gegen die Schlange Apophis«, erinnerte Nesamun.
»Trotzdem«, hielt Nehi dagegen, »Ramses-Sethherchepeschef mag zwar rechtmäßig gekrönt worden sein, wir haben ihm somit zu gehorchen, doch in meinen Augen verdient er nicht den Gehorsam und den Respekt, den man dem Herrn der Beiden Länder entgegenzubringen hat!«
»Tue nur nichts Unüberlegtes!«, ermahnte Nesamun seinen Freund. »Anderenfalls wirst du wegen Hochverrates zum Tode verurteilt werden.«
»Nur keine Angst, Nesamun. Ich werde mich auf meine alten Tage in kein Abenteuer stürzen, doch ich werde aufmerksam den Lauf der Dinge beobachten.« Er schmunzelte verschmitzt vor sich hin. »Ich gedenke, mich auf mein Anwesen in Memphis zurückziehen und nur noch gelegentlich nach Theben zu kommen, um mich mit dir zu treffen. Um Per-Ramses allerdings werde ich einen weiten Bogen machen.« Er streckte die Beine von sich und lächelte dem Hohepriester zuversichtlich zu. »Ich konnte Per-Ramses noch nie etwas abgewinnen. Die Stadt mag wunderschön angelegt sein, doch sie birgt nicht die Geschichte von Jahrhunderten, nein Jahrtausenden, wie Memphis oder Theben. Es haben nur wenige große Herrscher in ihren Mauern gelebt. Memphis dagegen hat, genau wie Theben, bedeutendere und mächtigere Pharaonen gesehen. Per-Ramses ist nur die ehemalige Stadt der Hirten und die Stadt des Gottes Seth. Sollen die Anhänger von Seth und Ramses-Sethherchepeschef dort wohnen und ihre Intrigen spinnen. Ich wende ihr den Rücken zu und gedenke nicht, aus freien Stücken dorthin zurückzukehren.«
* * *
Wie Nehi angenommen hatte, wurde Nacht durch den Pharao nach seiner Rückkehr ins Delta begnadigt und in sein altes Amt als Zweiter Prophet des Großen Gottes Re wieder eingesetzt. Zudem erhielt er vom Herrscher das Amt des Obersten Schatzmeisters anvertraut.
SIEBZEHN
»Sollen wir uns Satra vornehmen, mein Gebieter?« Ein hinterhältiges Grinsen umspielte Abischemus Lippen.
Senbi verneinte. »Satra gibt es nicht mehr. Sie heißt jetzt Meritusir und ist die Zweite Prophetin des Osiris. Ich hingegen bin nun Wesir, ein gehorsamer und gesetzestreuer Diener Seiner Majestät. Ich kann euch nicht einfach befehlen, diese Tochter des Seth zu töten, selbst wenn sie es verdient hätte«, fügte er hinzu. »Ramses-Sethherchepeschef hat mir zu verstehen gegeben, dass ihm etwas an dem Miststück liegt und dass ich euch von ihr fernhalten soll.«
»Schade«, wagte Raija zu erwidern und machte ein enttäuschtes Gesicht. »Es hätte mir große Freude bereitet, sie so lange auszupeitschen, bis sie winselnd zu meinen Füßen liegt und mir diese leckt.«
»Dieses Vergnügen muss ich dir leider verwehren, doch Amunmose, dieser elendigen kleinen Ratte, könnte solches widerfahren.« Bei dem Gedanken an seinen treulosen Haushofmeister knirschte Senbi vor Wut mit den Zähnen. »Seine Leiche darf nur nicht auftauchen, damit niemand Verdacht schöpfen kann.«
»Dein Wunsch ist uns Befehl, mein Herr«, erwiderte Raija und warf seinem Kumpan einen blutrünstigen Blick aus seinen dunklen Augen zu. »Wenn du es befiehlst, werden wir auch das beenden, was Satra oder Meritusir, wie sie nun heißt, vor acht Jahren nicht fertiggebracht hat.«
»Du meinst Ibiranu vergiften?« Senbi winkte ab. »Nein, Raija. Ihr lasst die Finger von
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