Die Strafe des Seth
entgegen.
Merenptah, der beauftragt worden war, die beiden Priester wieder nach Kemi zurückzubringen, ging an Bord von Amunhoteps Barke und trat dem Hohepriester mit allen ihm zustehenden Ehren entgegen.
»Was kann ich für dich tun, Prinz Merenptah?«, erkundigte sich Amunhotep. Er hatte eine betrübte Miene aufgesetzt, die dem Prinzen nicht entging.
»Verzeih, dass ich dich so rüde mit den Soldaten Seiner Majestät überfalle. Der Pharao hat befohlen, dich und deine Gemahlin wieder zurück in die Beiden Länder zu bringen.« Verlegen wichen Merenptahs Augen dem ins Verständnislose wechselnden Blick des Ersten Propheten aus.
»Du sollst mich in die Beiden Länder zurückbringen? Aber ich bin dahin unterwegs.«
»Vergib mir, Amunhotep. Ich befolge nur den Befehl Seiner Majestät. Ramses-Sethherchepeschef befahl, euch beide gefangen zu nehmen und unverzüglich zurückzubringen.«
»
Gefangen zu nehmen?
« Amunhotep machte ein belustigtes Gesicht. »Hat er den Verstand verloren?«, rutschte es ihm heraus.
Merenptah überhörte diese Bemerkung geflissentlich. »Der König glaubt, dass ihr beide vor ihm geflohen seid.«
»So ein Unsinn! Würde ich dann wieder zurückkehren?«
»Sicher nicht« Merenptah trat verlegen von einem Bein auf das andere.
Amunhotep musterte ihn. Es entging ihm nicht, dass dem Prinzen die Situation ziemlich unangenehm war. »Was willst du nun tun, Hoheit?«, fragte er ihn. »Wirst du mich fesseln lassen, damit ich nicht fliehen kann?«
»Bitte, Amunhotep. Es waren nicht meine Worte«, raunte Merenptah ihm zu und warf einen verstohlenen Seitenblick auf seine Soldaten, die weit genug entfernt standen, sodass sie kein Wort der Unterhaltung mitbekommen hatten. »Wo ist deine Gemahlin?«
»Sie ist tot.«
»Sie ist tot?« Erschrocken riss der Prinz die Augen auf.
»Ja, Hoheit. Ein Löwe fiel sie an und tötete sie. Ich konnte ihr nicht helfen. Anschließend hat er sie zu den Felsen geschleift.«
Merenptah war bleich geworden und rang nach Luft. »Das ist schrecklich. Habt ihr nach ihr gesucht?«
»Nein, denn es wäre sinnlos gewesen.«
Verständnislosigkeit machte sich auf Merenptahs Gesicht breit. »Ist das dein Ernst?«
Betrübt nickte Amunhotep. »Der Löwe hat den Brustkorb meiner Frau zerfetzt und begann bereits, sie zu fressen. Als ich versuchte, ihn von Meritusirs Leiche fortzujagen, kam er knurrend auf mich zu, doch ich wich nicht zurück. Plötzlich ließ er von mir ab, packte sie an der Schulter und zog sie mit sich zu den westlichen Felsen.«
»Das ist grauenvoll«, hauchte der Prinz, dem inzwischen sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war. »Unvorstellbar, dass du mit eigenen Augen hast zusehen müssen«
Amunhotep nickte. »In der Tat, Hoheit. Ich werde es mein Leben lang nicht vergessen. Mir blieb von Meritusir nichts weiter als ihr zerrissenes, blutbeflecktes Kleid.« Betrübt senkte er den Blick, und der Prinz wusste nicht, wie er sich verhalten sollte.
»Es tut mir unsagbar leid, Amunhotep, aber wir müssen an den Ort zurückkehren. Wenn ich ohne Meritusir nach Kemi zurückkehre und Ramses-Sethherchepeschef sage, dass ich nicht nach ihr gesucht habe, werde ich sicher bestraft.«
»Aber natürlich, Hoheit, ich verstehe. Ich möchte sicher nicht dafür verantwortlich sein. Ich werde dich und deine Soldaten zu dem Platz führen, wo es passiert ist. Ich zeige euch auch gerne den Weg, den das mächtige Tier eingeschlagen hat. Allerdings werde ich euch bei eurer Suche nicht behilflich sein, da ich nicht derjenige sein will, der als Nächster von dem Löwen gefressen wird.«
Merenptah schluckte hörbar. »Dafür habe ich Verständnis.«
Er wandte sich seinen Männern zu und bellte ihnen ein paar knappe Befehle zu, während Amunhotep seiner ungläubig schauenden Dienerschaft ein Zeichen gab, dass sie alles tun sollten, was die Soldaten ihnen sagten.
»Darf ich mich wieder zurückziehen und die Trauer um meine Gemahlin fortsetzen?«, fragte Amunhotep.
»Natürlich«, antwortete Merenptah, ohne zu zögern. »Ich muss dir aber zwei Soldaten zur Seite stellen, die dich auf Schritt und Tritt überwachen werden.«
»Keine schlechte Idee«, erwiderte Amunhotep gelassen. »Dann fühle ich mich gleich bedeutend sicherer, wenn wir uns in das Jagdgebiet des Löwen begeben.«
Er drehte sich um und verschwand in seiner Kabine.
ZWEIUNDZWANZIG
»Meritusir ist tot?«, brüllte Ramses-Sethherchepeschef, und alle Anwesenden erzitterten. »Was soll
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