Die Strafe - The Memory Collector
Berührung komme. Dann kann ich es machen.«
Entsetzt starrte ihn Jo an. »Ian …«
»Ich bin an allem schuld. Ich muss es ausbaden.«
Mühsam brachte sie ihre Stimme unter Kontrolle. »Wenn Sie zu lang unterwegs sind, vergessen Sie wieder, was los ist. Womöglich fahren Sie dann einfach weiter, schlimmstenfalls mitten in ein Wohngebiet.«
Er deutete auf eine erdige Stelle am Ende der Startbahn, knapp einen halben Kilometer weiter. »Zwanzig Sekunden.«
Ihr Herz hämmerte. »Sind Sie sicher?«
»Helfen Sie mir. Sorgen Sie dafür, dass ich Misty und Seth nicht zu Gesicht kriege.«
Sie schaute ihm in die Augen. Dann drehte sie sich um und rannte zu den Rettungskräften. »Setzen Sie Mrs. Kanan zu Seth in den Krankenwagen und schließen Sie die Tür. Ich hab jetzt keine Zeit für Erklärungen. Tun Sie einfach, was ich sage.«
Misty kämpfte noch immer wütend gegen den Polizisten. Dann kam von den Bergungskräften die Aufforderung, Mrs. Kanan zum Unfallwagen zu bringen.
Der Cop schleppte Misty einfach hinüber. Sie wand sich in seinem Griff.
»Was ist los?«, fauchte sie. Ihr Blick sprang von Jo zu ihrem Mann. »Was habt ihr vor?«
Der Polizist und ein Feuerwehrmann hievten sie in den Krankenwagen und drückten die Tür zu.
Jo wandte sich wieder Kanan zu. »Folgen Sie mir.«
Sie führte ihn von dem Unfallwagen weg. »Schließen Sie die Augen.«
Er folgte ihrer Anweisung. Und öffnete sie wieder. »Warten Sie.«
»Wir haben keine Zeit mehr.«
Er nahm ihre latexgeschützte Hand und legte Mistys Ehering hinein. »Geben Sie ihr das.«
Jo nickte beklommen. »Schließen Sie die Augen und zählen Sie bis zehn.«
Er zählte. Mit eingeschnürter Brust atmete sie mit.
»Zehn.«
»Öffnen Sie die Augen.«
Er blickte sie an, ohne sie zu erkennen.
»Ian, wir sind am Flughafen San José, und Sie müssen Ihren Computerakku mit der Slick-Probe holen. Es ist eine Bombe, sie geht gleich hoch. Stellen Sie keine Fragen, tun Sie es einfach. Das Leben von Seth und Misty hängt davon ab. Sie haben zehn Sekunden, um die Probe mit Ihrem Tahoe zu dem Erdfleck am Ende der Startbahn zu fahren.«
Kanan musterte sie unsicher.
»Tun Sie es. Riva hat die beiden entführt. Nehmen Sie ihr den Akku ab und fahren Sie ihn weg. Sonst sterben sie.«
Einen unendlichen Augenblick lang starrte er sie weiter an. Dann wirbelte er herum. Mit Löschschaum bedeckt, hockte Calder auf dem Asphalt und umklammerte den Akku. Kanan hinkte zu ihr, packte sie grob am Arm und entriss ihn ihr. An der Nahtstelle waren Blasen zu erkennen.
Riva schrie auf und umklammerte sein Bein. »Ian, bleib bei mir.«
Er machte sich los und humpelte hastig zum Tahoe. Vor Schmerzen ächzend stieg er ein und ließ den Motor an.
Anscheinend hatte ihn Misty durch das Heckfenster des Krankenwagens erspäht. Irgendwie drängte sie sich an den Sanitätern vorbei und sprang hinaus. »Ian, nicht!«
Der Weg zur Startbahn war inzwischen völlig frei. Kanan legte den Gang ein.
Wie von der Tarantel gestochen, stürmte Misty los. Gedankenschnell ging Jo dazwischen und sprang. Mit vollem Körpereinsatz brachte sie Misty zu Fall. Beide prallten schwer auf den Asphalt.
»Misty, nein.«
»Er wird sterben. Ian!«
Jo drückte Misty die Hand auf den Mund und hielt sie fest. Der Tahoe heulte auf. Kanan umkurvte das Heck des Flugzeugs und die Feuerwehrwagen und raste auf die Startbahn zu.
Eineinhalb Kilometer vor dem Flughafen San José geriet Gabe in einen Stau. Ein einziger Fluss von leuchtend roten Rücklichtern, der sich auf dem Highway erstreckte, so weit das Auge reichte. Alle bremsten ab, um hinüber auf das Flugfeld zu gaffen.
Sein Handy hatte immer noch Verbindung zu Jo, aber er hörte nur Rauschen und Stimmengewirr. Jo, sprich mit mir. Lass dich hören.
Hinter dem Flughafenzaun zuckten die blauen und roten Lichter der Unfallfahrzeuge über Gebäude und Verkehrsmaschinen.
Plötzlich eine heftige, helle Explosion.
Ein weiß blitzender Feuerball. Die Wucht der Detonation ließ den 4Runner erbeben. Gelb und orange schlugen die Flammen empor und versanken hinter einem schwarzen Schleier aus Rauch.
» Jo! «
Er riss das Steuer herum, brach auf den Seitenstreifen aus und jagte auf den Zaun zu.
Am äußersten Ende der Startbahn wurde das Innere des Chevy Tahoe von rotgelben Flammen verschlungen. Der Geländewagen rollte vom Asphalt auf den Erdstreifen und blieb stehen. Niemand stieg aus.
Mit dem Gesicht zum Boden hielt Jo Misty Kanan fest. Misty schwebte noch
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