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Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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Sie packte Jos Hand und presste sie auf die Verletzung.
    »Einfach fest drücken. Bin gleich wieder da.«
    »Nein.« Jo hielt sie am Arm fest. »Warten Sie.«
    Misty riss sich los. »Ian ist verletzt.«
    »Und kontaminiert. Sie dürfen ihn nicht berühren, sonst könnten Sie und Seth auch kontaminiert werden. Warten Sie auf die Rettungskräfte.«
    Die riesigen gelben Fahrzeuge, aus denen Dieselabgase aufstiegen, brausten heran. Feuerwehrleute sprangen heraus. Mit beiden Armen winkend, lief ihnen Jo entgegen.
    »Ich bin Ärztin und Kontaktfrau des San Francisco Police Department. Wir brauchen sofort eine Dekontamination. Es handelt sich um einen Erreger, der durch Blut übertragen wird. Universelle Schutzvorkehrungen gegen Infektion sind zu beachten.«

    Kanan zog sich mühsam hoch. Er warf die Pistole, die er in Rivas Handtasche gefunden hatte, zu der HK und dem Gewehr auf dem Asphalt und hinkte auf seine Familie zu. Er konnte sich nur mit Mühe auf den Beinen halten, doch aus seinem Gesicht strahlte reine Freude, die jeden Schmerz verdrängte.
    Jo lief auf ihn zu und hob auf halber Strecke die Hände hoch. »Warten Sie, Ian. Sie wurden mit Slick kontaminiert. Sie dürfen niemanden berühren, solange sie nicht medizinisch versorgt worden sind.«
    Schwankend blieb er stehen und streckte eine Hand nach seiner Frau aus. »Misty.«
    Misty trat neben Jo. In ihrem Gesicht zuckte es heftig. »Ian.«
    »Hat Riva eine Waffe?«, fragte Jo.
    Er schüttelte den Kopf. »Negativ.«
    Jo spürte, wie sich die Spannung in ihr löste und in den Himmel entwich. Durch die Fenster des Terminals starrten und deuteten Menschen auf sie. Auf dem Rollweg näherten sich Bodenpersonal und Gepäckleute. In der vollbesetzten 757 drängten sich die Passagiere, um zu sehen, was passiert war. Der Kapitän joggte über die Fluggastbrücke nach unten. Kameras blitzten auf.
    Die Szenerie war ein einziges Chaos. Kanan und Seth waren verletzt, und durch den Triebwerklärm drangen bereits die ersten Polizeisirenen. Sie rechnete damit, heute noch im Gefängnis zu landen.
    In vollen Zügen atmete sie die herrliche Nachtluft ein.
    Es war vorbei. Pure Überlebensfreude durchströmte sie. Sie hatte gekämpft und war noch einmal davongekommen.

    Die Feuerwehrleute zogen Plastikhandschuhe und Schutzbrillen über. Jo folgte ihrem Beispiel und borgte sich noch einen Kittel und ein Stethoskop dazu. In diesem Aufzug konnte sie sich die Polizei vielleicht noch eine Zeit lang vom Hals halten.
    Nun streckte Kanan die Hand nach Seth aus. »O Gott, du bist ja verletzt.« Verzweifelt rief er nach den Bergungskräften. »Mein Sohn wurde getroffen. Helfen Sie ihm. Die Schweine haben auf meinen Sohn geschossen.«
    Zwei Rettungskräfte liefen mit einem Verbandskasten zu Seth. Ein anderer Feuerwehrwagen stoppte neben dem demolierten Pick-up und fing an, ihn mit weißem Löschschaum zu besprühen.
    Plötzlich verlor Kanan das Gleichgewicht und stürzte auf die Knie. Jo kauerte sich mit einem Sanitäter neben ihn.
    »Ganz ruhig.« Der Sanitäter machte sich daran, Kanan zu untersuchen. »Was ist das denn?«
    Unter seiner Stiftlampe betrachtete Jo die Worte auf Kanans Arm. Am Samstag starben sie.
    Kanan starrte auf die Nachricht, dann wanderte sein Blick zu Seth, der flach auf dem Boden lag, und zu Misty, die die Hand an den Mund gepresst hielt.
    Voller Entsetzen las er die Worte noch einmal. »Was ist denn passiert?«
    »Sie haben dafür gesorgt, dass Ihre Familie überlebt hat«, antwortete Jo. Sie rubbelte die Buchstaben von seiner Haut.
    Obwohl die Worte verschwanden, starrte er weiter auf den Arm. Dann blickte er zu ihr auf. »Es wird nie wieder weggehen.«

    Sie verstand, was er meinte, und es brach ihr schier das Herz. »Nein.«
    Er würde nie länger als fünf Minuten wissen, dass seine Familie in Sicherheit war. In ihrer Gegenwart würde er Euphorie und grenzenlose Erleichterung empfinden. Doch wenn er sie nur für kurze Zeit aus den Augen verlor, würde er alles vergessen und wieder in tiefe Verzweiflung versinken.
    »Alle paar Minuten werden Sie zu dem letzten Ereignis vor ihrer Verletzung zurückschalten, an das Sie sich noch erinnern.«
    »Ich werde immer meinen, dass sie verschwunden sind und dass ich nicht rechtzeitig komme, um sie zu retten.«
    Jeden Morgen würde er voller Angst und Leid aufwachen. Es würde nie nachlassen.
    »Habe ich die Schweine gekriegt, die sie entführt haben?«, fragte er.
    »Ja.«
    Er nickte, aber seine Zufriedenheit war kurzlebig. »In

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