Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
Vom Netzwerk:
Bleiben Sie ruhig liegen.«
    »Was?«
    »Sind Sie Epileptiker?«
    Er runzelte Stirn. »Was für eine blöde Frage.«
    Jo hatte ihr Examen in Psychiatrie und Neurologie abgelegt, doch bei ihrer Arbeit als forensische Psychiaterin hatte
sie sich fast ausschließlich mit vergangenen Ereignissen zu befassen. Wenn die Polizei oder die Gerichtsmedizin bei einer Leiche keine klare Todesursache feststellen konnte, wurde sie hinzugezogen, um eine psychologische Autopsie vorzunehmen. Die meiste Zeit war sie damit beschäftigt, die zahllosen Möglichkeiten zu enträtseln, mit denen das Elend der Welt dem Leben eines Menschen ein Ende bereiten konnte.
    Hier war es anders. Sie hatte einen Mann vor sich, der noch atmete, einen Mann mit einem großen, nicht identifizierten Problem.
    Jo hatte das ungute Gefühl, dass er jederzeit auf sie losgehen könnte. »Erinnern Sie sich vielleicht, dass Sie sich den Kopf angeschlagen haben?«
    »Nein.« Seine Hände tasteten nach den Hosentaschen. »Wo ist mein Telefon?«
    »Das habe ich.«
    »Ich muss anrufen.« Er fixierte Jo aus schmalen Augen. »Sind Sie Amerikanerin? Von der Botschaft?« Sein Blick schwirrte durch das Wageninnere, und ein angespannter Ausdruck trat in sein Gesicht. »Wo bin ich?«
    »Auf dem Weg zum San Francisco General Hospital. Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?«
    »Nein. San Francisco?« Er versuchte sich aufzusetzen. »Wer sind Sie?«
    »Dr. Beckett.« Sie drückte ihm die Hand auf die Brust. »Sie waren in Südafrika. Haben Sie Mittel gegen Malaria geschluckt?«
    »Chinin? Klar, Gin Tonic.«
    »Lariam?«

    Lariam konnte ernste Nebenwirkungen auslösen, unter anderem Krampfanfälle und Psychosen.
    »Nein.«
    »Was haben Sie in Südafrika gemacht?«
    Ein unheimlicher Glanz lag in seinen blassen Augen. Sie wusste nicht, weshalb er zögerte. Ob aus Verwirrung oder Berechnung, er brauchte volle zehn Sekunden, bis er eine Antwort fand. »Geschäftsreise.«
    Jo erzählte Kanan nicht, weshalb sie ausgerechnet ins San Francisco General Hospital fuhren. Es gab zwei Gründe dafür. Erstens war es das einzige Krankenhaus mit umfassender Versorgung für Schwerstverletzte und zweitens die für die Einweisung von Psychiatriepatienten zuständige Stelle. Wieder glitt Kanans Blick durch den Wagen, bis er an Officer Paterson hängenblieb.
    Mit mahlendem Kiefer stemmte er sich gegen die Gurte. »Meine Familie. Ist ihnen was …«
    »Hey.« Mit zwei Schritten war der Polizist neben der Trage. Die Sanitäterin drückte Kanan zurück aufs Kissen.
    Jo legte ihm die Hand auf den Arm. »Was ist mit Ihrer Familie, Mr. Kanan?«
    Eine Sekunde lang schien er komplett verwirrt zu sein. Dann blinzelte er und zwang sich offenbar, langsamer zu atmen. »Was ist mit mir passiert?« Er sah den Officer an. »Bin ich verhaftet?«
    »Noch nicht«, antwortete Paterson. »Aber nach der Landung hatten Sie es so eilig, dass Sie rausspringen wollten, obwohl die Maschine noch gerollt ist.«
    »Was, sind wir abgestürzt?« Seine Augen zuckten gehetzt hin und her. »Ist der Flieger runtergekommen?«

    Beunruhigt musterte ihn Jo. Innerhalb von nur zwei Minuten war Kanan bewusstlos und hellwach gewesen, hatte sich vernünftig und willensstark, dann wieder verwirrt gezeigt.
    »Mr. Kanan …«
    »Ian.«
    »Ian, ich bin Psychiaterin. Die Polizei hat mich zum Flughafen gerufen, um Ihren Zustand zu beurteilen, weil …«
    »Sie halten mich für verrückt?«
    »Ich glaube, Sie haben eine Kopfverletzung.«
    Er starrte sie lange an. In seinen Augen blitzte etwas auf, ein Schmerz, ein Begreifen. Sein Atem ging abgehackt. »Sie werden sagen, dass ich es selbst getan habe.«
    Erneut lief Jo ein kalter Schauer über den Rücken. »Ihre Verletzung?«
    »Es ist vorbei, oder? Ich habe versagt.«
    »Inwiefern versagt?«
    Er drückte die Augen zu. Kurz hatte Jo den Eindruck, dass er gegen die Tränen ankämpfte. Aus Patersons Funkgerät kam ein Knistern. Als das Geräusch an Kanans Ohr drang, schlug er die Augen auf und sah den jungen Cop an. Dann entspannte sich sein Gesicht.
    Er atmete tief durch und wandte sich mit leuchtenden, unbesorgten Augen an sie. »Hey, was ist hier los?«
    »Wir bringen Sie ins Krankenhaus.«
    Verblüffung. »Warum?«
    Die nächsten Worte sprach Jo betont langsam. »Wissen Sie noch, was ich Ihnen vor einer Minute gesagt habe?«
    »Nein. Wer sind Sie?«

    Die Sanitäterin wickelte sich das Stethoskop um den Hals. »O Mann.«
    Paterson hielt sich mit der Hand an der Wagenwand fest. »Was

Weitere Kostenlose Bücher