Die Strafe - The Memory Collector
Gang. Wenn er den Motor drosselte, dann hieß das, dass er ihretwegen seine natürlichen Instinkte im Zaum hielt.
Andererseits war sie sich nicht sicher. Er hatte auch etwas Rätselhaftes an sich, und sie wusste nicht, was wirklich in seinem tiefsten Inneren vorging. Irgendwie konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, dass ihn etwas bedrückte. Sie fragte sich, was er ihr verschwieg und warum.
Seine Hand war kühl. Oben führte sie ihn durchs Schlafzimmer ins Bad und holte den Verbandskasten aus dem Schränkchen.
»Das könnte ich auch allein machen«, bemerkte sie.
Er nahm ihr den Kasten ab. »Aber du befolgst natürlich den Rat deines Arztes.«
»Ja. Guten Tag, Doc. Sie können mit mir machen, was Sie wollen.«
Sie standen nebeneinander beim Waschbecken. Er säuberte die Wunden und verband ihr sorgfältig die Hand. Er war gründlich und sparsam in den Bewegungen.
Schließlich legte er das Pflaster weg. »Das hält ein paar Tage.«
Sie schlang ihm die Arme um die Schultern. »Danke.«
Seine Hände glitten auf ihre Hüften. Dann beugte er sich vor und küsste sie.
Und küsste sie noch einmal. Er zog sie an sich und hielt
sie mit einer Sicherheit und Selbstverständlichkeit, die mehr ausdrückten als Hoffnung; es war wie ein Nachhausekommen. Sie verharrte und blickte ihm tief in die Augen. Danach nahm sie ihn an der Hand und geleitete ihn ins Schlafzimmer.
Draußen schlitterten die Sonnenstrahlen über die Dächer. Sie legte ihm die Hand auf die Brust und spürte seinen Herzschlag, stark, regelmäßig, schnell.
Es war neu und zugleich nicht. Das erste Mal und zugleich nicht. Vertraut und zugleich fremd. Ein Mann, den sie begehrte, aber nicht der, mit dem sie in dieses Haus gezogen, mit dem sie dieses Bett geteilt hatte.
Einfach atmen.
Sie schob die Finger unter sein aufgeknöpftes Hemd und ließ es langsam von seinen Schultern gleiten. Er löste sich kurz von ihr und warf es ab. Dann zog er ihr den Pullover über den Kopf. Sie drückte sich an ihn, strich ihm durchs Haar, küsste ihn fest, legte ihm die Arme um den Hals und spürte, wie er ihr vorsichtig das T-Shirt aus der Jeans zupfte.
Atemlos, die Lippen an seinen, hauchte sie: »Schuhe, warte.«
Als sie versuchte, mit dem rechten Fuß auf den Absatz des linken zu steigen, verlor sie das Gleichgewicht. Gabe streifte ihr das T-Shirt hinauf bis zu den Schultern. Mit einer Kreiselbewegung beugte sie sich nach unten und fummelte an den Schnürsenkeln herum. Ihr Arm hing im Ärmel fest. Gabe riss sie von den Füßen und schwenkte sie in Richtung Bett. Sie schlang ihm die Beine um die Hüften, und sie kippten ineinander verhakt auf die dicke rote Tagesdecke.
Er rollte sich auf sie und küsste sie auf den Mund, die Wange, den Hals und den Hohlraum unter der Kehle, wo ihr Puls schlug. Sie tastete nach seinem Shirt, aber er lag zu fest an sie gepresst. Sie spürte die Ebenen seines Rückens und seiner Schultern, fest und stark und glatt. Seine Hände waren warm. Ihre eigene Haut fühlte sich heißer an.
In ihr dröhnte es, als wäre sie ein vibrierender Gong. Sie klammerte sich an ihn, zwang sich aber zur Ruhe. Sie hatte Angst, sich völlig gehenzulassen, Angst, hochzuschnellen wie eine Peitsche und zu schreien, zu singen oder zu beißen.
Es war schon viel zu lange her. Tränen brannten ihr in den Augen. Sie drückte sie zu, um nichts mehr zu sehen. Sie wollte nicht mehr denken, erinnern, schauen. Sie wollte nur noch spüren.
Schalt endlich ab, Kopf.
Sie schob die Hände nach unten zu seiner Taille und kämpfte mit seinem Hosenknopf. Er kniete sich hin und zog sich das Shirt über den Kopf. Dann zerrte er auch ihr das T-Shirt herunter und stürzte sich wieder auf sie. Haut an Haut lagen sie auf dem Bett und rangen miteinander. Jeder Zentimeter ihres Körpers schien elektrisiert, so aufgeladen, dass sie an einen Kurzschluss dachte.
Alle seine Muskeln wirkten angespannt, seine Ausstrahlung war unglaublich intensiv, extrem konzentriert. Sie hörte nur sein Atmen und ihr Herz, das in ihren Ohren donnerte.
Sie fummelten nach Knöpfen. An seiner Jeans, ihrer Jeans. Die Finger bewegten sich hastig und ungeschickt, und hätten sie damit nach einem Felsvorsprung tasten oder einem Schwerverletzten beistehen müssen, hätten sie echte Probleme bekommen.
Apropos Probleme … »Gabe, hast du …«
Er zog seinen Geldbeutel aus der Hintertasche. Er wühlte darin herum, bis ein Zwanziger und eine Supermarktquittung herausfielen, doch dann förderte er ein
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