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Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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leer im Schein des Sonnenuntergangs. Der elegante, mächtige Jet strahlte etwas seltsam Eisiges aus.
    Tang beugte sich zu ihr. »Keine Panik, er wird dich schon nicht fressen.«
    Jo runzelte die Stirn.
    Tang glaubte, dass sie an Flugangst litt. Aber das stimmte nicht. Sie hasste das Fliegen einfach. Sie konnte sich nicht einmal Filme wie Top Gun ansehen.
    Kein Problem, Beckett. Gabe kannte den Ursprung ihres Hasses. Er war als Rettungsspringer dabei gewesen, als Daniel nach einem Hubschrauberabsturz gestorben war.
    Thorne tupfte sich mit einem Taschentuch die Augen ab. »Dann hat Stef auf einmal gesagt, dass ihr heiß ist und dass sie Luft braucht. Sie hat sich den Gurt runtergerissen und ist zur anderen Seite des Gangs gestürzt. Es war, als könnte sie nicht mehr atmen. Als würde sie sich eingesperrt fühlen.« Thornes Stimme brach. »Und als die Tür aufging, ist sie verschwunden, einfach so. Und der Passagier von 12 B, Mr. Pankhurst, ist ihr direkt nachgeflogen.«
    Mehrere Minuten hörten Jo und Tang zu, wie die Ermittler die Stewardess vernahmen. Jo war klar, dass das noch Stunden so weitergehen konnte. Schließlich hob sie die Hand und stellte sich kurz vor. »Nur zwei Fragen.«
    Charlotte Thorne blickte in ihre Richtung. »Dr. Beckett, ja, ich erinnere mich.«
    »Sie haben gesagt, Stef war irgendwie desorientiert. Meinen Sie damit, dass sie verwirrt war und ihre Gedanken
nicht zusammenhalten konnte? Oder kam sie Ihnen eher vergesslich vor?«
    Die Flugbegleiterin atmete aus. »Vergesslich. Sie konnte sich … irgendwie nicht daran erinnern, wo wir waren. Sie ist auch zu spät zum Flug erschienen. Ich hab sie mehrmals angerufen, und jedes Mal klang sie überrascht und hat behauptet, ich hätte nicht mit ihr gesprochen.«
    »Zweite Frage.« Jo spähte hinüber zur 747. »Auf dem Flug von London gestern - hatte Ms. Nivesen da körperlichen Kontakt zu Ian Kanan?«
    Sämtliche Polizisten, die Leute von der Fluggesellschaft und die Ermittler drehten sich nach ihr um.
    Thornes Stimme zitterte. »Ja. Stef hat mitgeholfen, ihn festzuhalten, und danach hatte sie Kratzer und Blut an den Händen.«
    »Vielen Dank«, sagte Jo.
    Zusammen mit Tang verließ sie den Raum und strebte zum Ausgang. »Verständige sofort die Gesundheitsbehörde. Jeder, der gestern auf dem Flug körperlichen Kontakt zu Ian Kanan hatte, muss schnellstens untersucht werden.«
    »Du hattest doch auch Kontakt.«
    »Keine aufgerissene Haut, keine Berührung mit Körperflüssigkeiten.«
    Sie bemerkte Tangs betroffene Miene und atmete ein. Die Luft saß ihr wie ein Klumpen in der Kehle. »Ich weiß, wir haben null Informationen darüber, was die Leute kontaminiert und wie es übertragen wird.«
    »Wir zitieren Alec Shepard und die ganze Belegschaft von Chira-Sayf zum Verhör. Wenn es sein muss, machen wir eine Razzia.«

    Durch ein Fenster warf sie einen letzten Blick auf die 747, die rot im Licht des Sonnenuntergangs schimmerte. »Ja, macht das. Aber ich glaube, dieser Zug ist schon abgefahren. Irgendwas ist da aus dem Labor von Chira-Sayf entwischt und steht kurz davor, außer Kontrolle zu geraten.«
     
    Im Hinterzimmer seines Sportartikelladens lehnte sich Nico Diaz mit verschränkten Armen an ein Regal. Sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen Zorn und Zweifel. »Du bewegst dich doch ganz normal, redest vernünftig. Bist du sicher, dass das mit dieser Gedächtnisgeschichte stimmt?«
    »Frag mich in fünf Minuten, ob ich mich noch an unsere Unterhaltung erinnere.«
    »Wann wird es wieder besser?«
    »Ich rechne nicht damit.«
    Durch das Milchglasfenster des Lagerraums sickerten rötliche Sonnenstrahlen. Diaz kochte. Kanan hatte diesen Ausdruck auf dem Gesicht des Mannes schon öfter gesehen, wenn ein Einsatz plötzlich in einen tödlichen Hinterhalt geführt hatte.
    Diaz machte nur wenige Worte und schwieg ansonsten lieber. Und er war alles andere als ein Angeber. Kein Hauch von Machogehabe in seiner Kleidung oder seinem Benehmen. Er hatte es nicht nötig, seine Kraft zur Schau zu stellen. Er bewegte sich mit minimalem Aufwand, emotionslos, nüchtern. Nach außen wirkte er mit seinen Dreadlocks wie ein sanfter Typ, und manchmal hielten ihn die Leute für schläfrig oder sogar träge. Doch Kanan wusste, dass in Diaz ein feuriges Temperament schlummerte, das unter bestimmten Umständen zum Ausbruch kam. Leute, die Nico
Diaz unterschätzten, begingen damit einen verhängnisvollen Fehler.
    Kanan legte sein Telefon, seine Brieftasche und einen Stapel

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