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Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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dann kann man ihm zuschauen, wie er hinauf in den Himmel segelt. Jeder Zentimeter an dem Mann bestand aus Sehnen und Muskeln. Er war die Ruhe selbst, ein perfekter Scharfschütze. Zwei volle Sekunden lang musterte er Kanan wortlos, ohne sich zu rühren. Dann schloss er die Registrierkasse, steckte den Schlüssel ein und schlenderte zur Tür.
    Als er öffnete, war sein Gesicht teilnahmslos, doch in seinen Augen lag ein Funkeln. Ein Leuchten.
    »Sergeant, was führt dich hierher?«
    »Ich brauch deine Hilfe«, antwortete Kanan.
    Das Leuchten wurde heller. Diaz zog die Tür auf. »Hinten können wir reden.«
     
    »Zwei Tote«, berichtete Tang. »Hätte aber viel schlimmer kommen können. Immerhin waren zweihundertdreiundachtzig Leute an Bord.«
    Jo stand unten im Flur, das Telefon ans Ohr gedrückt, und versuchte, mit einer Hand den Jeansreißverschluss hochzuziehen. Einen Arm hatte sie im Ärmel einer Bluse. Der BH-Träger hing ihr über die Schulter. Gabe trabte barfuß
die Treppe herunter. Sein Gürtel blinkte, als er ihn zuschnallte. Hinter ihm im Wohnzimmer lief bereits der Fernseher. Der Bildschirm wurde hell. Sondermeldung.
    Jo sah eine 747 auf dem Flughafen von San Francisco, umgeben von Feuerwehrfahrzeugen. Der vordere und hintere Eingang klafften auf. Ebenso eine Tür in der Mitte des Maschinenrumpfs. Notrutschen, riesige gelbe Zungen, kamen zum Einsatz. Gabe holte die Fernbedienung und schaltete den Ton ein.
    Jo schob den BH-Träger hoch. »Keine Chance, dass es ein Unfall war?«
    »Nein. Eine andere Stewardess hat genau beobachtet, wie Stef Nivesen aufgestanden ist und in drei Kilometern Höhe die Tür aufgerissen hat. Und dann wusch! ist sie einfach ohne Fallschirm in den Äther abgezischt.«
    Jo wurde flau im Magen. Hektisch strich sie sich das Haar hinters Ohr. »Hat die Polizei schon mit den Passagieren und der Besatzung gesprochen?«
    »Die Kollegen von der Flughafenabteilung vernehmen die Leute. Die Flugsicherheitsbehörde hat ein Einsatzteam losgeschickt.«
    »Hat Nivesen was gesagt, bevor sie die Tür geöffnet hat?«
    »Keine Ahnung.«
    »Was hast du über sie erfahren? Drogen oder Alkoholprobleme? Irgendwelche psychischen Störungen in der Vergangenheit?«
    »Du wirst noch ein bisschen warten müssen mit der psychologischen Autopsie. Wir wissen nichts - außer, dass sie es absichtlich getan hat.«
    Jo spürte ein eiskaltes Rieseln, das über ihre Wirbelsäule
lief. »Nach diesem tödlichen Stromstoß im Pool schon wieder …«
    »Ja. Erst frittierte Spieledesigner, jetzt Stewardessen, die vom Himmel regnen.«
    »Du musst alle Leute kontaktieren, die mit Kanan in der Maschine aus London waren.«
    »Wir arbeiten dran. Ich bin in zehn Minuten bei dir.«
    Nachdenklich stand Jo im Flur, ihre nackten Füße waren kalt geworden.
    »Fährst du zum Flughafen?«, fragte Gabe.
    »Amy ist gleich hier.« Sie legte ihm die Hand auf die Brust. »Drei Tage Regenwetter?«
    »Ich hol dich dann um acht zum Essen ab. Laut Wetterbericht soll es heute Abend schön werden.« Sein Ton war leicht, aber sein Blick ernst. »Schaffst du das, dich jetzt auch noch mit diesem Flugzeugunglück rumzuschlagen?«
    »Klar, kein Problem.«
    »Das ist die richtige Einstellung.«
    Seine Sorge ging ihr nahe. Sein Glaube an ihre Stärke berührte sie noch mehr. Doch am meisten beschäftigte sie, was unausgesprochen und begraben blieb.

KAPITEL 22
    Im verblassenden Märzlicht schlüpften Jo und Tang leise in ein Hinterzimmer auf dem Flughafen von San Francisco und gesellten sich unauffällig zu Vertretern der Airline und Polizeibeamten an der rückwärtigen Wand. Das Einsatzteam der Flugsicherheitsbehörde setzte sich aus drei Ermittlern in Polohemden und Khakihosen zusammen. Sie saßen an einem Tisch und redeten mit der Flugbegleiterin Charlotte Thorne.
    Das Haar der Stewardess war struppig und zerzaust. Ihre Uniformjacke war zerrissen, und sie hatte eine Prellung an der Wange.
    Sie wirkte mitgenommen. »Stef war irgendwie desorientiert, ja.«
    »Inwiefern? Können Sie das genauer beschreiben?«, fragte ein Ermittler.
    »Zweimal wollte sie aufstehen, um Getränke zu servieren. Beim ersten Mal sind wir eben erst auf die Startbahn gerollt, beim zweiten Mal waren wir gerade seit zehn Sekunden in der Luft. Und beide Male schien sie verblüfft, als ich sie aufgefordert habe, sich wieder hinzusetzen.«

    Jos Blick wanderte hinüber zur Bucht. Die 747 war zu einem Hangar auf der anderen Seite des Rollfelds geschleppt worden und wartete jetzt

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