Die Strafe - The Memory Collector
in die Tasche.
Leise sagte Jo: »So, jetzt können Sie mir erzählen, was Sie der Polizei nicht verraten haben. Was wollen die Entführer? Und warum wollen Sie es von Ian?«
Mit leerem Blick fixierte Shepard das Armaturenbrett. Schließlich schloss er die Augen und ließ den Kopf sinken. »Slick.«
»Das ist der Name des Nanotechnologieprojekts von Chira-Sayf?«
»Ja. Und sie können es nicht kriegen.«
»Warum nicht?«
»Ich hab es zerstören lassen.«
KAPITEL 26
In Alec Shepards überheiztem Mercedes versuchte Jo, einen kühlen Kopf zu bewahren. »Sie haben es vernichten lassen, weil es sich als gefährlich erwiesen hat, habe ich Recht? So gefährlich, dass Sie das Projekt nicht nur auf Eis gelegt, sondern das Labor in Johannesburg gleich ganz dichtgemacht haben.«
Er riss die Augen weit auf. »Wer hat Ihnen das erzählt?«
»Niemand. Diese Informationen habe ich aus öffentlich zugänglichen Quellen. Schauen Sie mich bitte nicht an wie eine Industriespionin.« Sie wandte sich ihm jetzt voll zu. »Hat sich Ihr Bruder mit Slick vergiftet?«
Er blickte an ihr vorbei, als wollte er sich eine ausweichende Antwort überlegen.
»Ich habe seine Kernspinaufnahmen gesehen, Alec. Und die von einem anderen Passagier, der Kontakt mit ihm hatte. Das heißt, es greift auf andere Leute über, die mit Ian im Flugzeug saßen.«
Seine Miene wurde düster.
»Sayf. S-a-y-f. Eine Transliteration des arabischen Ausdrucks für Schwert. Entweder Ihr Unternehmen benutzt
ein sehr großes Messer, um Schawarma zu schneiden, oder Sie wollen mit einem Wortspiel darauf hinweisen, dass Sie eine uralte Technologie weiterentwickelt haben. Damaszener Stahl. Kohlenstoffnanoröhren.«
Er seufzte. »Ich werfe Ihnen keine Industriespionage vor. Aber jemand will unser Produkt stehlen. Diese Leute wollen nicht die Formel oder irgendwelche Labordaten. Sie wollen die Sache selbst. Verdammt, was für ein Schlamassel.«
»Dann reden Sie endlich. Ihr Bruder sitzt in der Klemme, und er ist nicht der Einzige.«
Shepard wirkte niedergeschlagen. Er zückte sein Telefon. »Wir brauchen Verstärkung.«
»Wen rufen Sie an?«
»Meine rechte Hand.« Er lächelte nicht, aber in seinen Augen blitzte etwas Hartes auf. Er drückte das Handy ans Ohr. »Ich möchte unsere Sicherheitsvorkehrungen für die Labors noch mal überprüfen. Und Ians Reise- und Kostenaufzeichnungen unter die Lupe nehmen.«
»Die Geldspur.«
»Genau.« Er schien erstaunt, dass sie daran gedacht hatte.
»Überprüfen Sie auch das Flugticket«, sagte sie. »Vielleicht hat Ian es mit einer Kreditkarte von Chira-Sayf bezahlt. Oder jemand anders hat es ihm spendiert. Finden Sie raus, wer.«
Er nickte.
»Wer hat Ihren Bruder nach Johannesburg geschickt?«
»Das ist auch ein Punkt, dem ich nachgehen will.« Er lauschte. »Mailbox.« Sein Tonfall wurde geschäftsmäßig. »Wir haben eine Krise. Bitte komm zum …« Er blickte sich
um. »Golden Gate Park, gleich vor dem Japanese Tea Garden. Beeil dich. Ich bin mit der Polizeiberaterin Dr. Beckett hier und werd dir alles erklären, sobald du da bist.«
Er ließ das Telefon zuschnappen. »Bald wissen wir mehr.«
»Vertrauen Sie Ihrer rechten Hand?«
»Absolut.« Er legte den Gang ein und fuhr los.
»Also, erzählen Sie mir, warum jemand Slick stehlen will.«
»Es ist wertvoll. Außerdem habe ich es zerstören lassen, damit es keine Verwendung findet.«
»Würde Ian es stehlen? Es verkaufen? Ihnen Schaden zufügen?«
»Niemals. Er kennt das Potenzial von Slick und will ganz bestimmt nicht, dass es in der Realität benutzt wird. Immerhin war er Soldat.« Alec schüttelte den Kopf. »Nein, wenn überhaupt, würde er sich höchstens bereiterklären, es zu beschaffen, um Seth und Misty zu retten. Und er weiß auch, dass ich es ihm nie geben würde. Das heißt, er ist am Rand der Verzweiflung.«
Der Mercedes folgte der gewundenen Straße durch den Park. Shepard wirkte zunehmend verschlossen und angespannt. Sein Blick huschte zwischen dem Rückspiegel und den Seitenspiegeln hin und her. Mit jedem Meter, den sie sich von der Fulton Street entfernten, verblasste der Chrysanthemenschein der Straßenlaternen und Wohnungsfenster. Die Bäume schluckten das wenige Licht, das durch den Nebel drang. Sie bewegten sich wie in einer Blase durch die Dunkelheit. Weder vor noch hinter ihnen war etwas zu erkennen.
»Slick war ein experimentelles Nanotechnologieprojekt«,
fuhr Shepard fort. »Es trägt die offizielle Bezeichnung C-S
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