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Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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Ihres.«
    Er kramte es aus der Tasche und reichte es ihr. Sie wählte Amy Tangs Handynummer. Shepard bremste an der Ecke, blinkte und bog in die Fulton Street. Nervös blickte Jo über die Schulter, um zu überprüfen, ob die Unbekannte die Verfolgung aufgenommen hatte, aber die Nacht war ein undurchdringlicher weißer Wall.
    »Wo waren Sie seit der Verfolgungsjagd mit Ian?«, fragte sie.
    »Hab mich unsichtbar gemacht.« Er warf ihr einen knappen Seitenblick zu. »Ich war mir nicht sicher, ob Ian mich nur deshalb gefunden hat, weil er Ihnen zum Restaurant gefolgt ist.«
    »Ich auch nicht.«
    Amy meldete sich eilig. »Tang.«
    »Ich bin’s, Jo. Schick eine Streife zu Ian Kanans Haus.«

    »Was ist los?«
    »Die Frau, die wir für Misty Kanan gehalten haben, ist eine Betrügerin. Und gerade hat sie versucht, mich umzubringen.«
    »Wie bitte?«
    »Ich schalt dich auf Lautsprecher.«
    Jo platzierte das Telefon auf der Mittelkonsole und versuchte sich zu sammeln, um Tang und Shepard in knapper Form berichten zu können. Der Mercedes rollte Richtung Osten. Rechts zog der Golden Gate Park vorbei. Die Bäume bildeten eine Wand ohne Tiefe, die sogar den Nebel verschluckte.
    »Hast du was abgekriegt?«, fragte Amy.
    »Nein, aber erzähl mir bitte nie, ich soll an einem Wettbewerb im Extrembügeln teilnehmen.«
    »Werd’s mir merken.« Tangs Stimme klang hart wie ein Diamant. »Warum gibt sich jemand als Kanans Frau aus?«
    Shepards Gesicht hinter dem Salz-und-Pfeffer-Bart war angespannt.
    »Arbeitet die Schwindlerin mit Kanan zusammen?«, fügte Amy hinzu.
    »Vielleicht. Möglicherweise arbeitet sie aber auch gegen ihn - für die Leute, auf die er Jagd macht. Und …« Plötzlich stieg eine Einsicht in ihr hoch wie eine Luftblase. »Kanan kennt sie.«
    Neben ihr wurde Shepard unruhig. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ihr Bruder muss sie kennen. In der Notaufnahme im San Francisco General Hospital ist sie direkt auf ihn zumarschiert.«

    Jo erinnerte sich klar und deutlich: die Haltung der Frau, die Vertrautheit mit ihm, die nahe Bekanntschaft. »Sie hat ihn an der Brust berührt, und er hat ihre Hand genommen.«
    »Also steckt sie mit ihm unter einer Decke«, folgerte Tang.
    Was genau war in der Notaufnahme zwischen Kanan und der Frau vorgefallen?
    Jo wandte sich an Shepard. »Wo ist Misty?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Wann haben Sie sie zum letzten Mal getroffen?«
    Er hob die Schultern. »Vielleicht vor sechs Wochen.«
    »Wie würden Sie die Ehe von Ian und Misty beschreiben?«
    »Glücklich, ohne Einschränkung.«
    »Trägt Misty ein weißes Jackett und einen Karorock mit Plateaustiefeln?«
    »Ja.«
    »Und sie fährt einen Chevy Tahoe?«
    Auf seinem Gesicht erschienen Sorgenfalten. »Ja.«
    »Die Frau hat also ihr Auto, ihre Kleider, ihre Schlüssel, ihr Haus. Aber wo ist Misty?« Jo hob die Stimme, damit Amy nichts verpasste. »Das Haus war dicht. Seit Tagen war niemand mehr dort. Wo ist der Hund? Wo ist Seth?«
    Brummend zog der Wagen durch den bleichen Nebel.
    »Jo?«
    »O Gott.« Plötzlich fiel ihr wieder ein, wie Kanan sie gegen die Aufzugwand gedrückt und sie aufgefordert hatte, ihm zuzuhören. Sie erinnerte sich an jedes Wort, jede Drohung. Nur dass es keine Drohungen gewesen waren.
    »Amy, Kanans Frau und Sohn ist was zugestoßen. Sie sind verschwunden.«

KAPITEL 25
    »Die Kanans sind verschwunden? Wohin?« Amys Stimme bekam einen schrillen Unterton.
    Shepard starrte durch die Windschutzscheibe in den Dunst. Die frostig blaue Armaturenbeleuchtung ließ die Umrisse seines Gesichts scharf hervortreten.
    »Irgendwas ist mit ihnen passiert.« Die Erkenntnis traf Jo wie ein Peitschenhieb. »Verdammt, wir waren die ganze Zeit auf dem Holzweg.«
    »Jetzt bin ich aber gespannt«, warf Tang ein.
    »Als Kanan aus dem Krankenhaus geflohen ist und mich im Aufzug festgehalten hat, hat er mir Fragen gestellt. ›Für wen arbeiten Sie?‹ ›Haben Sie es?‹«
    Shepards Blick huschte kurz zu ihr.
    »Was ihn dann aufgeregt hat, war der Anblick von Mistys Schal. Er hat mich gegen die Wand gedrückt und wollte wissen, woher ich ihn hatte. Ich habe ihm erklärt, dass sie in der Notaufnahme war. Er wurde wütend und hat geantwortet: ›Blödsinn.‹«
    »Er konnte sich doch gar nicht erinnern. Was ist daran so seltsam?«, wandte Tang ein.

    »Jeder andere glücklich verheiratete Ehemann, der auf der Unfallstation landet und hört, dass seine Frau in der Nähe ist, hätte in dieser Situation wissen wollen, wohin sie verschwunden

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