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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wollte.
    Ihn nun allein gehen zu lassen, wäre ein Weg in die Verlorenheit gewesen – gerade jetzt, wo sich neue Entwicklungen anbahnten dank der vom Kulturattache der Sowjetbotschaft angekündigten Einladung nach Rußland.
    Allerdings war Landgerichtsdirektor Dr. Roemer skeptisch gewesen. »Warten wir erst mal den Brief aus Bonn ab«, hatte er am Abend gesagt. »So ein Telefonanruf ist immer mit Vorbehalt zu betrachten. Ich frage: Warum ruft die sowjetische Botschaft vorher hier an, wenn ein Brief unterwegs ist? Der Brief allein genügt doch. Das ist alles sehr merkwürdig. Nach dem, was wir hier schon alles erlebt haben, kann sich auch jemand einen Scherz mit euch erlaubt haben. Eine Einladung nach Rußland – das paßt genau! Habt ihr nicht erzählt, daß sich die Hellenbrander nie an Ljudmila, die Russin, gewöhnt haben? Was liegt also näher, als jetzt einen russischen Anruf loszulassen?«
    »Es war wirklich die Botschaft!« sagte Doerinck. »Kein fingierter Anruf.«
    »Wie will man das feststellen?«
    »Der Attache sprach das typische Deutsch eines Russen.«
    »Das kann ein geschickter Sprecher auch imitieren.«
    »Ich habe mit ihm russisch gesprochen.« Ljudmila schüttelte den Kopf. »So einwandfrei kann nur ein Landsmann sprechen. ›Hören Sie‹, habe ich ihn gefragt, ›das klingt alles sehr unwahrscheinlich. Wieso kennt man mein Töchterchen in Moskau?‹ Und er hat geantwortet: ›Da fragen Sie noch, Ljudmila Davidowna? Die Zeitungsberichte, das Fernsehen – unsere Wissenschaftler schlafen doch nicht! Im Gegenteil: Von Interesse ist alles, was die Wissenschaft weiterbringt!‹« Sie sah Dr. Roemer groß an. »Das ist kein Gespräch mit einem, der sich nur einen Scherz erlaubt. Sagen Sie selbst, Erasmus …«
    »Ich bin gespannt.« Roemer wandte sich an Dr. Hambach. »Was sagst du dazu?«
    »Abwarten …« Hambach hob die Schultern. »Ich glaube das alles erst, wenn Cora die Flugkarten in der Hand hält.«
    »Es wird da noch Schwierigkeiten geben.« Doerinck legte den Arm um Ljudmilas Schulter. »Nach Moskau geht Corinna nur, wenn wir – Ljudmila und ich – mitfliegen können. Das habe ich dem Attache sofort gesagt.«
    »Und seine Antwort?« fragte Corinna.
    »Ausweichend. ›Ich werde den Wunsch weitergeben‹, erklärte er. Die haben sich natürlich vorher erkundigt. Die wissen genau, wer Ljudmila ist. Ohne daß sie ihren Namen nannte, redete der Attache sie mit Ljudmila Davidowna an. Das war ein Fehler, der eigentlich nicht hätte vorkommen dürfen. Aber jetzt ist sicher, daß man auch das Leben von Dr. David Assanurian aufrollen wird.«
    »Und hat das nachteilige Folgen?« fragte Dr. Roemer.
    »Im Gegenteil. Man wird endlich auch höheren Orts entdecken, daß Ljudmilas Vater, Coras Großvater, ein großer Arzt, darüber hinaus ein noch größerer rätselvoller Wunderheiler war, eine Art Schamane. Und man wird entdecken, daß ich damals, vor sechsunddreißig Jahren, seine Tochter entführt habe und in den abenteuerlichsten Verkleidungen nach Deutschland bringen konnte.«
    »Was Sie in Moskau sehr sympathisch werden läßt«, sagte Roemer sarkastisch. »Trotzdem wollen Sie hin?«
    »Wenn man uns offiziell einlädt, ist das bewältigte Vergangenheit. Was sagst du dazu, Ljudmilaschka?«
    »Sie interessieren sich für Corinna, nicht für uns«, antwortete Ljudmila in ihrer stillen Art. »Ihr kennt die Russen nicht. Man wird uns danken, daß wir solch einem Kind das Leben gegeben haben.«
    Mindestens ebenso erregt wie über die geplante Reise nach Moskau hatte man über den Tod von Molly gesprochen. Mit gerunzelter Stirn hörte Dr. Roemer dem Bericht zu, den Corinna und Herbert gaben; Marius mit leiser, stockender, immer wieder von Tränen erstickter Stimme, Corinna voll Zorn über die Grausamkeit der Menschen.
    »Da stimmt was nicht!« rief der Landgerichtsdirektor am Schluß und trank schnell einen Schluck Wein. »Ganz klar, ihr bringt den Hund morgen früh zu Dr. Mayer. Mir gefällt es absolut nicht, daß der Hund munter herumspringt, kerngesund ist und plötzlich, von einer Sekunde zur anderen, umfällt und ruckzuck an Gift stirbt. So was ist fast unmöglich! Jedes Gift braucht seine Zeit, bis es Wirkung zeigt. Ich habe da einiges gelernt. Als Richter hatte ich zwei Giftmorde abzuurteilen mit einem Aufmarsch an Experten, die uns über Gifte wahre Wunderdinge erzählten. Man sollte es nicht für möglich halten, was es da alles gibt. Geschmack- und geruchlos – das ist schon fast eine

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