Die strahlenden Hände
ich liege da nackt unter einer dünnen Decke, und neben mir sitzt die schönste Frau, die ich jemals gesehen habe, und erzählt mir von ihren Eltern und von Rußland, von einer großen Liebe und einem geheimnisvollen Erbe eines noch geheimnisvolleren Großvaters, der David Assanurian hieß und ein berühmter Arzt im Kaukasus war. Ein Arzt, der alles konnte, der operierte und Krankheiten mit den Händen wegstreichelte, der Medikamente injizierte, aber auch ebensooft chemische Medikamente in den Abfalleimer warf und sagte: »Vertrauen wir den Geschenken der Natur!« Alles zu seiner Zeit, alles immer am richtigen Patienten, bei der richtigen Krankheit. Und die hohen Parteifunktionäre, die niemand sehen sollte, weil sie offiziell nie krank sein durften, schlichen nachts durch den Garten in sein Haus und ließen sich behandeln nach alter Schamanenart.
Ist das nicht verrückt, hier zu liegen, nackt neben einer solchen Frau, und sich das anzuhören? Man brauchte bloß die Hände auszustrecken, um sie an sich zu ziehen, könnte ihr die Bluse über den Kopf streifen, den Rock herunterzerren, sich auf diesen wundervollen Körper legen und einmal, einmal wieder sinnlos glücklich sein und total vergessen, wie krank man ist, wie hoffnungslos. Wie nahe dem Unendlichen, von dem niemand weiß, was es ist, wie es ist und ob es überhaupt eine unendliche Existenz seelischer Energie gibt. Nur die Hand brauchte man auszustrecken …
Er versuchte es, zog seinen Arm unter dem Nacken weg und umfaßte ihre Hüfte. Langsam tastete sich seine Hand höher, über ihren Bauch hinweg, zur Wölbung ihrer Brust.
»Nein!« sagte sie leise, mit einer merkwürdig hohlen Stimme. »Nein … nicht!«
»Erzähl weiter.« Er drehte sich auf die Seite, bewegte jetzt auch den zweiten Arm und legte seine andere Hand in ihren Schoß. Er spürte, wie sie zusammenzuckte und krampfhaft erstarrte. Auch sein Körper war fast schmerzhaft gespannt, und er wunderte sich selbst über diese nie mehr erwartete, kraftvolle Erektion.
»Nicht so …«, sagte sie heiser. »Marius, bitte …«
»Du … du kannst dich jetzt nicht verweigern«, sagte er rauh. »Cora, das kannst du doch nicht …« Er packte plötzlich ihre schlaffe Hand, riß sie an sich und zog sie mit einem Ruck über seine Erektion. Ihre Finger spreizten sich wie im Entsetzen, aber er drückte ihre Hand herunter, und sie mußte fühlen, wie angespannt er war. Mit sprachlosem Staunen, durchzogen von einem unfaßbaren Glücksgefühl, spürte er, wie sich ihre gespreizten Finger aus der Erstarrung lösten und ihn schließlich umschlossen. Er sah sie an … sie hatte den Kopf zurückgeworfen, die Augen geschlossen, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengezogen. Die hohen Wangenknochen bohrten sich scharf durch die Haut, und über ihre Stirn hing eine breite schwarze Haarsträhne. Es war ein wilder, unsagbarer, den Puls fast lähmender Anblick.
»Ich … ich liebe dich …«, stammelte er. »Und wenn ich hinterher krepiere …«
Er zog sie mit beiden Händen zu sich herab, zog sie auf das Bett und riß ihre Bluse auf. Wie er es geahnt hatte: Sie trug nichts darunter, frei lag ihr Körper unter ihm. Er drückte sein Gesicht zwischen ihre Brüste, atmete wie ein Erstickender den Duft ihrer glatten, warmen Haut, tastete sich mit seinen Lippen küssend und saugend über diese Brüste und verlor im Rausch dieser Schönheit und Lust das Bewußtsein von Raum, Zeit und Vernunft. Ein himmelweites Gefühl ergriff ihn vom Zauber dieses weichen, warmen, atmenden, pulsierenden Körpers, von diesen Lippen, die sich öffneten, nein aufbrachen, als spalte man dieses herrliche Gesicht; von diesen Brustwarzen, die sich unter seinen Küssen steil aufrichteten; von diesem Leib, der unter ihm zitterte, und den fest zusammengepreßten Schenkeln, zwischen die er seinen Kopf bohrte, die er auseinandersprengte – es war ein glückseliger Taumel, für den es keine Worte gab, nur ein maßloses Hingeben und Aufnehmen.
Er spürte nicht, wie ihre Fäuste auf seinen Rücken trommelten, als er mit dem Kopf ihre Schenkel auseinanderdrückte. Er spürte nicht ihr Kratzen, ihre katzenhaft gekrümmten Nägel, die sie in seine Schultern hieb, als er sich auf sie wälzte und mit den Knien ihre Schenkel gespreizt hielt. Und er empfand nichts, als sie ihm beim Versuch, in sie einzudringen, in den Hals biß, so tief und raubtierhaft, daß ihm sofort Blut über die Brust floß und beide Körper rötete. Er hörte kaum, wie sie schrie –
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