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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bewegte er sich schneller als das Licht, würde sich die Zeit zurückdrehen. Es wäre der sechsdimensionale Raum! Der Mensch als körperliches Wesen wird das nie können – aber sein Geist! Sein Kraftfeld! Wir stehen vor der Erkenntnis und dem Beweis der Unsterblichkeit! Und dazu brauchen wir auch Sie, Corinna … als kleines Mosaiksteinchen im neuen Weltbild.«
    »Das hört sich ungeheuerlich an!« sagte Doerinck gefesselt. »Verzeihen Sie mir, wenn ich daran nicht glaube. Das ist zu phantastisch.«
    »Wie sollte man Ihnen das übelnehmen?« Dr. Boganorow lächelte breit. »Es ist unsere normale menschliche Dimension der Wirklichkeit. Nur wenige Persönlichkeiten gibt es, die andere Dimensionen entdeckt und begriffen haben. Einer von ihnen ist Professor Neroschenko.«
    Nach knapp zwanzig Minuten waren alle Formalitäten erledigt. Die Pässe kamen zurück, ein Milizionär brachte sie in den Gästeraum. Die Koffer, so meldete man, stünden bereits draußen am Auto der Genossen, selbstverständlich bewacht von einem Aeroflot-Angestellten. Auch in Rußland kann man einen Koffer nicht einfach herumstehen lassen, vor allem dann nicht, wenn es schöne, aufreizende Lederkoffer aus dem Westen sind.
    »Sie wohnen im Hotel Metropol«, sagte Dr. Latischew und half Ljudmila aus dem Sessel, obwohl sie sich mit jugendlichem Schwung erhob. »Auf dem Prospekt Marksa, im Herzen von Moskau, gegenüber vom Bolschoi-Theater, mit Blick auf den Kreml, und –«, Dr. Latischew blinzelte Dr. Hambach und Doerinck an, »– mit dem berühmten Restaurant Metropol im Haus. Sie werden sehr zufrieden sein.«
    Die Fahrt von Scheremetjewo nach Moskau, über die breite Straße – zuerst Wald, dann auseinandergezogene Siedlungen, in Baumgruppen versteckte Datschas; vorbei an dem Denkmal, das den äußersten Punkt markiert, an dem deutsche Truppen vor Moskau standen – verlief erstaunlich schnell in den bequemen Wolga-Limousinen mit den speziellen Nummernschildern, an denen jeder Milizionär erkennen konnte, daß hier Privilegierte fuhren.
    Dr. Boganorow und Dr. Latischew erklärten die Route. Man hielt an dem Denkmal des deutschen Überfalls kurz an. Doerinck hütete sich zu erklären, daß er etwas südlicher von dieser Stelle in einem Erdloch gelegen hatte, ohne die Hoffnung, diesen mörderischen Winter jemals zu überleben. Hier hatte er gesehen, wie seinen Kameraden die erfrorenen Gliedmaßen abbrachen, als seien sie aus Glas. Und hier war ihm auch zum erstenmal der Gedanke gekommen, daß Rußland nie zu besiegen sei.
    Im Sonnenglanz tauchten die Türme Moskaus auf. Die Wagen überquerten das riesige Autobahnkreuz bei Aloskino und fuhren über die breite Leningrader Chaussee, den Leningradskij-Prospekt und die Gorkij-Straße in die Stadt. Es war ein überwältigender Anblick. Ljudmila, die neben Stefan saß, tastete wieder nach seiner Hand und hielt sie fest.
    Moskau, das Herz von Mütterchen Heimat. Daß die alten Augen noch so etwas sehen durften!
    In der Halle des Hotels Metropol, des berühmten, von Fedor A. Sechtel in den Jahren 1899 bis 1903 errichteten Palastbaues, erwartete sie schon ein junges, hübsches Mädchen in einem durchaus modischen und westlich-eleganten hellblauen Lederkostüm. Sie hatte lockige, rotblonde Haare, einen bemerkenswerten Busen und lange, schlanke Beine. Die braunen Augen glänzten wie poliert. Das Make-up war einwandfrei und diskret.
    »Das ist Soja Igorowna Glebowa«, sagte Dr. Boganorow und legte den Arm um das hübsche Mädchen. »Ihre Dolmetscherin für die Dauer Ihres Aufenthaltes bei uns. Was Sie auch wünschen – sie wird Ihr guter Engel sein.«
    »Und unsere Aufpasserin«, flüsterte Dr. Hambach hinter Doerinck. »Nur auf dem Lokus werden wir ohne Beobachtung sein. Trotzdem: Wäre ich dreißig Jahre jünger – Junge, Junge, sie hätte keine ruhige Minute vor mir!«
    »Willkommen in Moskau!« sagte Soja Igorowna. Sie hatte eine warme, samtige Stimme, die jedem Mann die Nerven vibrieren ließ. »Darf ich um Ihre Pässe bitten. Ich muß sie abgeben …«
    »Womit wir im Land der Freiheit wären«, sagte Doerinck leise und griff in seine Rocktasche. Dennoch – von Moskau war er vom ersten Augenblick an fasziniert.
    *
    Professor Dr. Maxim Victorowitsch Neroschenko sah nach allem möglichen aus, nur nicht nach einem international berühmten Wissenschaftler.
    Er war klein, schob einen dicken Bauch vor sich her, pflegte eine Glatze, über die er immer wieder mit der Hand strich, als müsse er sie polieren,

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