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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Heilungsuchenden hierher gekommen ist.«
    »Sie sagen es, Herr Landgerichtsdirektor.« Fernich war froh, diesen verrückten Fall vorerst als Aktenleiche schlummern lassen zu können. »Falls sich nicht zufällig ein Zeuge meldet, stehen wir auf dem Schlauch. Das Umfeld von Corinna Doerinck ist nicht mehr überblickbar.«
    In all diesen Tagen, in denen sich wieder Kolonnen von Autos nach Hellenbrand schoben und aus allen Gegenden Deutschlands Omnibusse voller Kranker anrollten, in letzter Zeit auch aus Holland, Belgien und sogar Frankreich, wo clevere Omnibusunternehmer in Zeitungsanzeigen Wochenendausflüge zu den ›Strahlenden Händen‹ anboten, was den Gastwirten der weiteren Umgebung von Hellenbrand ein dickes Zusatzgeschäft brachte, denn die meisten Kranken kehrten bei solchen Fahrten aus dem Münsterland vollgefressen und stockbetrunken von Korn und Pils, singend und schunkelnd in ihre Heimat zurück – in diesen arbeitsreichen und zermürbenden Tagen entschied sich auch endgültig die Moskaureise von Corinna.
    Die sowjetische Botschaft teilte noch mal mit, daß der Antrag genehmigt sei. Man habe zugestimmt, daß Stefan Doerinck, Ljudmila Doerinck, Marius Herbert und Dr. Hambach sie begleiten könnten. Die Kosten übernehme die Akademie der Wissenschaften in Moskau. Dem Schreiben lagen die Formulare zur Erteilung der Visa bei.
    »Den Russen muß viel an deinem Besuch in Moskau liegen«, sagte Doerinck. Er blickte hinüber zu Ljudmila; sie hatte die Visumformulare auf dem Schoß liegen, ihre Lippen bewegten sich lautlos, sie las die Fragen auf russisch. Ein glückliches Leuchten war in ihren Augen und lag über ihrem Gesicht. Nun ist sie fast sechsunddreißig Jahre meine Frau, dachte er. Deutschland ist ihr Zuhause geworden, aber es wurde ihr nie Heimat. Immer wird Rußland ihre Heimat bleiben, wie das Leben auch laufen mag. Es gibt keinen Russen, der außerhalb Rußlands ohne sein Heimweh auskommt … »Jetzt wollen wir mal sehen, wie lange die für ein Visum brauchen.«
    Es ging sehr schnell. Fast postwendend kamen die Pässe zurück. Mit schönen Stempeln – eine der stillen Wonnen der Russen. Ein Papier mit vielen Stempeln kann bei ihnen wahres Entzücken auslösen. Wenn wir Deutschen glauben, einsame Spitze in der Bürokratie zu sein, so irren wir uns genauso wie die Italiener, die in dem Wahn leben, das beste Eis der Welt zu fabrizieren. Für die sowjetische Bürokratie muß ein Superlativ erst noch erfunden werden, und das beste Eis der Welt gibt es nun einmal in Rußland. Diese Säulen der Wahrheit hätte nicht einmal ein Samson brechen können.
    »In sechs Tagen geht es los!« sagte Doerinck und schwenkte die Flugkarten, die man mitgeschickt hatte. »Ab Frankfurt mit der Aeroflot! Nun komme ich doch noch nach Moskau. 1942 blieben wir kurz vor der Stadt im Schnee stecken, in viel zu dünnen Mänteln, und der Eissturm warf uns um …«
    »Das würde ich in Moskau tunlichst nicht laut verkünden«, sagte Dr. Roemer sarkastisch. »Die russische Seele ist sehr empfindsam.«
    »Die wissen an der Botschaft längst, daß ich Oberleutnant war und wer Ljudmila ist. Sie wissen, daß ihr Vater Dr. Assanurian in der Verbannung von einem eifersüchtigen Ehemann ermordet wurde, daß auch er magische Kräfte einsetzte, die jetzt in Corinna wiederkehren. Genau das wollen sie bestätigt sehen, und deshalb die Einladung. Man will die Vererbung bio-plasmatischer Feldenergie beweisen und damit das Unsterbliche im Menschen.« Er atmete tief durch, griff nach einem Glas Weinbrand und stürzte es hinunter. »Du lieber Himmel, in was werden wir da hineinkommen!«
    Um Urlaub vom Schuldienst brauchte Doerinck nicht nachzusuchen, denn er war bereits beurlaubt. Der Boykott eines Teils der Eltern seiner Schüler hatte bei den vorsichtigen Schulbehörden, die jeden Skandal vermeiden wollten, Erfolg gehabt. Schulrat Franziskus Hollenbock hatte nach Absicherung durch die Regierung schweren Herzens – wie er betonte – die Beurlaubung ausgesprochen, und Rektor Ferdinand Hupp hatte drei Tage lang mit wehem Herzen und noch mehr Schiß in der Hose zugesehen, wie Doerinck trotzdem jeden Morgen in die Schule kam und seinen Platz in der Klasse einnahm. »Deine Sturheit bringt dich noch um!« hatte er gestöhnt. »Stefan, sei doch froh! Volles Gehalt für nichts! Davon träumen andere …«
    »Ich bin weder ein Schnorrer noch ein Almosenempfänger!« hatte Doerinck finster entgegnet. »Mein Geld verdiene ich ehrlich!«
    Aber am vierten

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