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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Holland scheint die Sonne!« sagte Doerinck mit Nachdruck.
    »Bitte, lassen Sie uns keine dummen Sprüche klopfen, Herr Doerinck.« Willbreit öffnete seine Aktentasche und holte ein großes Kuvert heraus. »Die Situation ist ernster als Sie denken. Weder Sie noch Ihre Tochter haben die Röntgenbilder gesehen, die Isotopenaufnahmen, die Laborbefunde. Wenn etwas eindeutig ist, dann …«
    »Ich habe alles gesehen.« Corinnas Stimme riß Willbreit wieder herum. Ihr Lächeln empfand er als eine fast unerträgliche Impertinenz. »Ich weiß, wo das Karzinom sitzt, ich weiß, wo man ansetzen muß, ich kenne die Ausdehnung.«
    »Kann ich die Röntgenaufnahmen einmal sehen?« fragte der Arzt.
    »Nein«, antwortete Corinna knapp.
    »Warum nicht?« Willbreit fühlte kalte Wut in sich aufsteigen. Was man ihm hier vorführte, war ein Verbrechen an einem Kranken.
    »Es gibt keine Aufnahmen, Herr Professor. Ich habe es mit meinen Händen gesehen.«
    Wer Willbreit kannte, der hätte jeden Schwur geleistet, daß es unmöglich sei, ihn sprachlos zu machen. In diesem Augenblick war er es. Mehr noch: Er war wie gelähmt.
    »Wem … wem wollen Sie diese Ungeheuerlichkeit andrehen?« sagte er endlich heiser. »Mir? Mein Gott, Sie sind ja gefährlicher als ich annahm.«
    »Haben wir uns schon einmal gesehen?« Corinna lehnte sich auf der Couch zurück. In ihren engen Jeans und dem knappen Pullover sah sie sehr sexy aus. Willbreit blickte an ihr vorbei auf ein Bild an der Wand. Ein Farbfoto. Die Windmühlen auf der Mole von Rhodos. Er kannte sie. Vor drei Jahren hatte er auf Rhodos seinen Urlaub verlebt.
    »Natürlich nicht!« sagte er. »Wieso?«
    »Bestätigen Sie, daß ich Sie nie nackt gesehen habe?«
    »Aber mit Nachdruck.«
    »Auch kein Nacktfoto von Ihnen?«
    »Was soll das?« Willbreit kniff die Lippen zusammen. »Ich verstehe Ihre Frage wirklich nicht …«
    »Aber ich sehe Sie nackt.« Corinna faltete die Hände und blickte über sie hinweg auf Willbreit. Er zog das Kinn an und versuchte verlegen zu grinsen. »Am linken Oberschenkel haben Sie eine elf Zentimeter lange Narbe. Ein Unfall? Und unter dem rechten Arm ist auch eine Vernarbung. Hatten Sie mal einen Achseldrüsenabszeß?«
    Willbreit saß erstarrt in seinem Sessel und spürte überdeutlich den Schlag seines Herzens. Vor neun Jahren … in Italien. Auf der Straße nach Sorent rammte ihn ein anderes Auto. Die Oberschenkelwunde wurde dann im dortigen Hospital genäht. Und ein Achseldrüsengeschwür hatte er gehabt, als er achtzehn war. Es wurde gespalten, und tatsächlich blieb eine Vernarbung zurück. Aber nicht mal Lydia, seine Frau, hatte sie bisher wahrgenommen.
    »Jetzt sollten wir noch einen Kognak trinken«, sagte Doerinck gepreßt. »Bevor Sie etwas sagen, Herr Professor: Ich gebe Ihnen recht. Das ist unfaßbar! Ich habe dafür auch keine Erklärung. Aber es ist so. – Stimmt alles, was Corinna sagt?«
    »Ja.« Willbreits Erstarrung löste sich. Er kippte jetzt sein Glas Kognak in einem Schluck hinunter und kam sich wie ein Tier vor, das man in eine Ecke getrieben hatte, aus der es keine Flucht mehr gab. »Doch glauben Sie nicht, damit könnten Sie mich beeindrucken. Das ist eine reine Kirmesnummer. Es ist verantwortungslos, was Sie da treiben.«
    »Was treibe ich?« Corinnas große schwarze Augen ließen Willbreit nicht mehr los. »Noch drei Wochen, und ich lasse meine Mutter erneut röntgen und schicke Ihnen die Bilder. Sie werden kein Ca mehr sehen.«
    »Das kann ich nicht mehr mit Fassung ertragen!« Willbreit sprang auf und holte sein gesamtes Untersuchungsmaterial aus dem Kuvert. »Hier ist der Beweis!« rief er erregt und hielt die Röntgenbilder hoch. »Hier in aller Klarheit! Und wo ist Ihr Beweis? Was können Sie überhaupt beweisen, außer daß hier etwas geschieht, was man schon verbrecherisch nennen kann.« Er wedelte mit den Röntgenbildern durch die Luft, nahm eine große Aufnahme in die andere Hand und hielt sie gegen das Sonnenlicht, das durch das Fenster kam. »Was können Sie beweisen? Verdammt, ich sage es jetzt in voller Verantwortung, auch wenn Sie mich danach hinauswerfen: Sie bringen Ihre Mutter um!«
    »Das war deutlich«, sagte Doerinck schwer atmend und legte den Arm um Ljudmila. Sie bebte am ganzen Körper und lehnte sich hilfesuchend an ihn. »Das war barbarisch.«
    »Aber es ist die Wahrheit!« rief Willbreit unbeherrscht. »Die volle Wahrheit. Hier wird ein Mensch getötet.«
    »Sie aber könnten ihn retten?« brüllte Doerinck

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