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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hupp nun schon seit neunzehn Jahren; er war als Konrektor gekommen und war Rektor geworden, obwohl eigentlich Doerinck als der Ältere an der Reihe gewesen wäre. Er hatte nie gefragt, warum der Schulrat in Münster Hupp und nicht ihn für die Leitung der Schule vorgeschlagen hatte, aber hintenherum – da erhält man die besten Informationen – wurde ihm gesteckt, daß das irgendwie mit seiner russischen Frau zusammenhinge. Der Bruder des Schulrats, sein Onkel, eine Tante und ein Vetter waren in Rußland gefallen. Die Tante hatten die Russen beim Einmarsch in Ostpreußen erst mehrmals mißbraucht und dann mit dem Bajonett erstochen. Doerinck sah ein, daß es gar keinen Sinn hatte, sich mit dem Schulrat darüber zu unterhalten, wieso eine russische Ehefrau einer Beförderung im Wege stehe.
    Im Lehrerzimmer faltete Hupp eine Zeitung auseinander und hielt sie Doerinck hin. Er machte dabei ein sehr ernstes Gesicht. »Hast du das schon gelesen?« fragte er.
    »Nein.« Doerinck warf einen Blick auf den Zeitungsnamen. »Die abonnieren wir nicht. Was steht denn da drin? Wieder was gegen die Lehrer?«
    »Schlimmer! Über deine Tochter.«
    »Über Corinna?« Doerinck nahm das Blatt und las den Artikel langsam und gründlich. Nun ist das gekommen, was ich befürchtet habe, dachte er dabei. Es mußte ja mal geschehen. Wie oft habe ich Corinna gewarnt, wie oft auf sie eingeredet. Mehr kann man doch nicht tun. Jetzt heißt es stark sein. Nicht die Nerven verlieren! Ein Kanonenschuß ist noch kein Krieg.
    »Ein dämlicher Artikel«, sagte er gelassen und gab die Zeitung an Hupp zurück. »Da brauchte einer dringend ein gutes Zeilenhonorar.«
    »Aber Tausende lesen es!« Hupp warf die Zeitung auf den langen Konferenztisch. An ihm wurden die Zensuren besprochen und die Charaktereigenschaften der Schüler begutachtet. »Stimmt das denn überhaupt, was da steht?«
    »Im Prinzip – ja.«
    »Sind wir bei Radio Eriwan?« fragte Hupp sarkastisch. »Was soll das heißen, Stefan? Hat Corinna wirklich mit Streicheln versucht, gutgläubige Kranke zu heilen?«
    »Nein.« Doerinck holte tief Luft. »Sie hat nicht versucht – sie hat geheilt. Bis jetzt ungefähr vierzig Kranke.«
    »Das kann doch nicht wahr sein!« Ferdinand Hupp verspürte eine heftige innere Unruhe. Ihm wurde plötzlich bewußt, welche Lawine dieser Artikel auslösen konnte. In Hellenbrand gab es eine Wunderheilerin. Und ihr Vater war Lehrer und Konrektor an der Schule. Du meine Güte! Was kam da noch alles auf sie zu … Er ging zum Fenster, blickte auf den Schulhof, wo die Kinder herumtobten, und kam sich schrecklich hilflos vor. »Du … du hast das geduldet, Stefan?«
    »Corinna ist dreißig, Ferdinand.«
    »Du hättest auf sie einwirken müssen.«
    »Das hättest du auch nicht getan.«
    »Aber wie, sag ich dir!«
    »Nein. Nicht, wenn du siehst, daß deine Frau – hier war es Ljudmila – durch ihre Hände vom Krebs geheilt wird.«
    Hupp fuhr herum, als habe man ihn getreten. »Was sagst du da?« rief er, unkontrolliert laut. »Ljudmila hatte Krebs? Davon weiß ich ja gar nichts.«
    »Soll man auch das in die Zeitung setzen? Frau Lehrer Doerinck leidet seit dem 16.4. an Darmkrebs? – Corinna hat sie mit ihren Händen behandelt, und die neuen Röntgenbilder beweisen es: Der Krebs ist verschwunden.«
    »Das gibt es doch nicht, Stefan!«
    »Ich zeige dir die ersten und die letzten Röntgenaufnahmen. Du kannst auch Dr. Hambach fragen; ich entbinde ihn der ärztlichen Schweigepflicht dir gegenüber.«
    »Du lieber Himmel!« Hupp strich sich nervös durch die etwas schütteren Haare. »Das ändert aber nichts daran, daß es nun in der Zeitung steht, und daß alle wissen: In Hellenbrand ist die Tochter des Lehrers Doerinck eine Wunderheilerin. Kannst du dir ausdenken, wie die Menschen hier reagieren? Die Eltern der Kinder, die du unterrichtest?«
    »Nicht ich habe die Hände, sondern meine Tochter.«
    »Das ist für die Leute doch derselbe Hut. Ich wette, noch heute ruft der Schulrat an. Falls er nicht morgen sogar selbst kommt.« Hupp war so aufgeregt, daß er mit seinen Händen die Zeitung zerknüllte, ohne es zu merken. »Solange das alles noch unter der Decke, im geheimen geschah, na gut … Aber jetzt hat die Presse Wind bekommen. Jetzt wird das zu einer Sensation hochgejubelt.«
    »Vielleicht. Ich kann es nicht aufhalten.« Doerinck nahm die Zeitung aus Hupps Händen und strich sie auf der Tischplatte wieder glatt. »Warum regt man sich eigentlich auf, wenn ein Mensch

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