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Die Strasse der Oelsardinen

Titel: Die Strasse der Oelsardinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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»Auf meinem Land kann ich kein Lagerfeuer dulden«, erklärte er nicht eben unfreundlich.
»Wir gehen sogleich, Captain«, versprach Mack, »wissen Sie, wir arbeiten für einen Naturforscher, der dringend Frösche braucht. Er hat zum Wohl der leidenden Menschheit ein Mittel gegen Krebs erfunden.«
»Wozu braucht er da Frösche?«
»Ja, Sir, das ist's ja! Er überträgt den Krebs auf die Frösche, beobachtet sie und behandelt sie dann mit dem neuen Mittel. Wenn wir nun keine Frösche abliefern, ist es nichts mit dem Mittel. Aber wenn Sie nicht wollen, Captain, gehen wir auf der Stelle. Wenn wir es gewußt hätten, wären wir erst gar nicht gekommen. Mein Gott -«, er tat, als sähe er jetzt erst den Vorstehhund, »das ist ja ein Prachtexemplar von einem Pointerweibchen!« rief er begeistert. »Die sieht aufs Haar aus wie Nola, Sie wissen doch: Nola, die letztes Jahr auf der Hundeausstellung in Virginia den ersten Preis bekam? Ihre ist gewiß auch virginische Zucht, Captain?«
Der Captain zögerte etwas und log dann: »Ja. Sie ist nur lahm. Das war eine Zecke, sehen Sie: die hat sie in die Schulter gebissen!«
Mack zeigte sich sehr besorgt. »Darf ich mal nachsehen, Cap? Komm, Mädchen, komm, mein Schatz!« lockte er. Die Hündin warf einen Blick auf ihren Herrn und hinkte hinüber zu Mack.
»Hazel«, gebot dieser, »wirf Reisig ins Feuer; ich seh' ja sonst nichts!«
Der Captain beugte sich über Mack, der die Hündin streichelte und untersuchte. »Es sitzt zu weit oben; da kann sie sich nicht lecken«, erklärte er.
Mack drückte etwas Eiter aus der Wunde, die böse aussah: »Ich habe einen Hund gehabt, der hatte genau die gleiche Geschichte; das gab eine Knochenentzündung, und das arme Tier ist daran eingegangen. Sie hat wohl grade erst geworfen?« erkundigte er sich.
»Sechs Junge«, bestätigte der Mann. »Ich habe die Schulter mit Jod gepinselt -«
»Falsch!« belehrte ihn Mack, »in solchen Fällen durchaus unangebracht. Haben Sie zu Hause Epsomsalz?«
»Eine ganze Flasche voll.«
»Ausgezeichnet! Machen Sie ihr damit heiße Umschläge! Sie ist noch sehr schwach von ihrem Wurf. Es wäre ein Jammer, wenn Ihnen das Tier einginge; dann gingen wahrscheinlich auch die Jungen drauf.«
Die Vorstehhündin sah Mack tief in die Augen; dann leckte sie ihm die Hand.
»Ich werde Ihnen sagen, Cap, was wir jetzt machen. Ich übernehme die Behandlung. Mit Epsomsalz bring' ich sie Ihnen durch.«
Der Captain streichelte zärtlich den Kopf seines Pointers.
»Hören Sie, Herr«, sagte er, »ich habe bei meinem Haus einen Pfuhl, da wimmelt es derart von Fröschen, ich kann in der Nacht kaum ein Auge zutun. Die quaken nicht, die bellen. Ich wollte, Sie würden alle wegfangen, dann wär' ich sie los. Kommen Sie doch mit!«
»Sehr liebenswürdig von Ihnen.« Mack verneigte sich. »Die Wissenschaft wird Ihnen für die Frösche Dank wissen. Ihr Hund bekommt von mir seinen Umschlag.« Er wandte sich zu den anderen. »Löscht das Feuer! Laßt den Platz in gutem Zustand zurück. Ich und der Captain gehen voraus, um Nola zu pflegen. Sobald ihr fertig seid, könnt ihr nachkommen.« Mit diesen Worten entfernte er sich mit dem Captain.
Hazel warf Sand ins Feuer. »Der Mack!« staunte er. »Der Mack, wenn der wollte, er könnte Präsident der USA werden!«
»Was hat er davon?« fragte Jones. »Da hat er doch keinen Spaß dran.«

14. Kapitel
    Frühmorgens in Cannery Row - das ist die Stunde ihrer Verzauberung. Die Straße schwebt zeitlos in silbrigem Licht. Keine Finsternis, keine Nacht, keine Sonne, kein Tag, keine Autos, kein Fortschritt, kein Rückschritt, keine Straßenbeleuchtung, kein Business. Grün schimmert das Unkraut. Wie stille Perlen glänzen die Wellblechdächer. Die Ölsardinenfabriken stehen wie altes Zinngerät da. Es ist die Stunde des Friedens. Rings ruht alles, was ist. Katzen schlüpfen zwischen Lattenzäunen hindurch, gleiten wie Sirup am Boden und halten nach Fischköpfen Ausschau.
Die ersten Hunde schreiten erhaben dahin und wählen weise, kennerisch schnuppernd die Stellen, wohin sie pissen. Möwen flattern heran, lassen sich Schulter an Schulter auf platinlichten Dächern nieder, den Abfall des Tages erwartend. Von den Felsen bei der Hopkins Marinestation schallt das Bellen der Seelöwen; es dringt wie Hundegekläff durch die Kühle. In Hintergärten wühlen Erdhörnchen ihre Morgenhügel auf, die feuchte Erde dampft; sie kriechen hervor und schleppen Blumen in ihren Bau.
Selten ein Mensch, und wenn einer erscheint,

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