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Die Strasse der Oelsardinen

Titel: Die Strasse der Oelsardinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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Fluß, schöpfte mit der hohlen Hand Wasser, wusch sich das Gesicht, trocknete es ab, spülte den Mund aus, gurgelte, räusperte sich, zog den Gurt fest, kratzte sich an den Beinen, kämmte das nasse Haar mit den Fingern, trank aus dem Sammelkrug, rülpste und ließ sich beim Feuer nieder.
»Donnerwetter, das riecht gut!«
Wenn Männer aufwachen, tun sie alle ungefähr das gleiche, und so wiederholte sich der eben geschilderte Vorgang mit unwesentlichen Abweichungen viermal. Bald saßen alle beim Feuer, lobten Hazel, und dieser stieß mit dem Messer in einen der Hahnenschenkel. »Was man so richtig zart nennt«, erklärte er, »wird das Biest nicht. Dazu müßte man es zwei Wochen lang kochen. Wie alt schätzt du ihn, Mack?«
»Ich bin achtundvierzig«, erwiderte dieser, »und bin lange nicht so zäh wie der. Das hängt nicht vom Alter ab.«
»Wie alt kann ein Huhn ungefähr werden?« fragte Eddie. »Ich meine, wenn ihm niemand den Hals umdreht und es auch nicht den Pips kriegt.«
»Das weiß kein Mensch«, antwortete Jones.
Mit diesen und ähnlichen Reden vertrieben die fünf sich prächtig die Zeit. Der Krug machte die Runde und erwärmte sie angenehm. Jones sagte: »Eddie... ich will mich gewiß nicht beklagen, es ist nur ein Vorschlag. Wie wäre es, du stellst in Zukunft drei Krüge unter den Bartisch und gießt in einen den ganzen Whisky, in den zweiten den Wein und in den dritten das Bier?«
Seiner Anregung folgte ein peinliches Schweigen.
»Also ich für mein Teil«, wehrte Jones ab, »ich sage, mir ist es gleich.« Er stockte, er hätte sich da nicht einmischen sollen und sprudelte daher hervor: »Es gefällt mir grad, daß man auf die Art jedesmal überrascht wird. Wenn du Whisky säufst, weißt du genau, was nachher kommt: entweder das heulende Elend oder Krakeel, wie einer eben veranlagt ist, aber hier bei dem Krug kannst du nie voraussagen: wirst du nachher auf einen Tannenbaum klettern oder ins Wasser springen und nach Santa Cruz schwimmen wollen? So etwas macht doch mehr Spaß!«
»Apropos Schwimmen«, steuerte Mack die Debatte diplomatisch in ungefährliches Wasser, »weiß einer von euch, wo eigentlich McKinley Moran steckt, wißt ihr: der Tiefseetaucher?«
»McKinley Moran?« fiel Hughie ein. »Mit dem hab' ich ja oft zusammengesessen. Der hat immer abwechselnd getaucht und gesoffen. Kurz getaucht, lang gesoffen. Zum Schluß hat er noch seinen Taucherhelm, den Taucheranzug und die Pumpe versoffen und ist aus Monterey weg, ich weiß nicht, wohin. Seit er damals dem Italiener nachgesprungen ist, der vom Anker der Twelve Brothers mitgerissen wurde, dabei ist McKinley das Trommelfell geplatzt, seitdem hat er nicht mehr zum Tauchen getaugt. Aber den Wop hat er doch noch 'rausgefischt, dem ist weiter nichts passiert.«
Mack führte wieder den Krug zum Munde. »Während der Prohibition hat McKinley saumäßig verdient. Von der Regierung hat er pro Tag fünfundzwanzig Dollar bekommen, daß er im Hafen nach versteckten Fässern mit Alkohol taucht, und von Louie drei Dollar pro Faß, damit er nichts findet. Aber er hat es so eingerichtet, daß er immerhin jeden Tag ein Fäßchen entdeckt und heraufgebracht hat; er wollte die Regierung doch nicht verärgern. Damit war Louie einverstanden, denn so lange wurden keine neuen Taucher herangeholt. Ja, damals hat er noch Geld wie Heu gehabt!«
»Er war aber ein Esel«, erklärte Hughie, »jedesmal, wenn er Geld gehabt hat, mußt' er unbedingt heiraten - dreimal hintereinander -, bis die Moneten futsch waren. Ich hab's immer schon vorher gewußt: Jedesmal, wenn er einen Weißfuchspelz gekauft hat, hab' ich gewußt: jetzt wird wieder mal geheiratet. Bums! Und so war's.«
»Wenn ich nur wüßte, was mit Gay los ist!« begann Eddie. Es war das erstemal, daß einer ihn wieder erwähnte.
»Das gleiche wie mit McKinley«, erklärte Mack. »Traut nie einem Ehekrüppel! Wenn ihm die Alte noch so zum Kotzen ist - er geht wieder zu ihr. An Gay habt ihr wieder den schönsten Beweis. Seine Alte verdrischt ihn, aber wenn er sie drei Tage nicht sieht, wird er schwermütig, fängt an zu grübeln, bildet sich ein, es ist seine Schuld, geht zu ihr hin und versöhnt sich.«
Sie aßen lange und mit Genuß, spießten sich jeder ein Stück Hahn aus dem Blechtopf, ließen es abtropfen, bliesen drüber hin, bissen hinein und nagten das flechsige Fleisch von den Knochen. Hierauf stocherten sie mit gespitzten Weidenzweiglein die Karotten aus der Suppe und reichten endlich den Topf herum und

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