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Die Strasse der Oelsardinen

Titel: Die Strasse der Oelsardinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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läßt er die Einsamkeit noch einsamer erscheinen. Eine von Doras Mädchen kommt von einem Besuch bei einem Gönner, der zu fein oder zu hinfällig ist, um sich persönlich in die Flotte Flagge zu bemühen.
Ihr Make-up klebt, ihr Gang ist müde. Lee Chong stellt den Abfallkübel ans Trottoir. Der alte Chinese kommt auf schlappender Sohle vom Strand über die Gasse, den Hühnersteig hinauf und am Palace vorüber. Ein Fabrikwächter macht seine Runde und blinzelt ins Morgenlicht. Der Nachtwächter der Flotten Flagge tritt hemdsärmelig auf die Veranda, dehnt sich, gähnt und kratzt sich den Bauch. Aus den Wohnröhren tönt das unterirdische Schnarchen von Malloys Untermietern. Perlenstunde. Schwebendes Zwischenspiel zwischen Nacht und Tag. Die Zeit hält inne und prüft sich selbst.
An einem solchen Morgen, in solchem Licht schlenderten zwei Soldaten mit zwei Mädchen leichten Herzens die Straße entlang.
Sie kamen aus dem La Ida und waren sehr müde und sehr glücklich. Die Mädchen waren stämmig, hochbrüstig und blond, ihre Frisuren ein wenig in Unordnung, die Feiertagskleider aus gestreiftem Kattun hingen reichlich verdrückt um die weiblichen Wölbungen. Beide trugen die Mützen ihrer Soldaten, die eine hinten im Genick, die andere fast auf der Nase. Die Nasen aber waren bei beiden breit, breiter und voller noch ihre Lippen und am breitesten ihre Hüften.
Die Soldaten hatten die Röcke aufgeknöpft und die Gürtel durch ihre Schulterklappen gezogen. Ihre Schlipse waren nach unten verschoben, die Hemden am Halse offen. Auf dem Kopf trugen sie die Hüte ihrer Freundinnen, der eine ein gelbes Strohschiffchen voller Gänseblumen, der andere ein weißes gehäkeltes Häubchen mit blauen Cellophanplättchen. Hand in Hand kamen sie so in einer Reihe des Wegs; in gleichem Takt schwangen ihre Arme. Der Soldat am linken Flügel trug eine Papiertüte mit Dosenbier.
Friedlich wandelten sie durch das perlende Frühlicht. Hinter ihnen lag eine wonnige Nacht, und sie fühlten sich wohl. Sie lächelten freundlich wie Kinder, die sich einer Party erinnern.
Sie kamen an der Flotten Flagge vorbei und riefen dem Nachtwächter, der sich den Bauch kratzte, ein heiteres »Holla!« zu. Sie hörten das Geschnarche aus den Wohnröhren und lachten. Vor Lee Chongs Laden blieben sie stehen, betrachteten die kunterbunte Schaufensterauslage: Anzüge, Werkzeuge und Lebensmittel, die stumm und beharrlich nach Käufern riefen, und gingen weiter zum Ende der Gasse und betraten die Eisenbahnanlagen. Die Mädchen balancierten auf den Schienen, und die Soldaten hielten sie um die Taille, damit sie nicht herunterfielen.
So gelangten sie zu den Bootswerften, von wo sie in die Parkanlagen der Hopkins Marinestation einbogen und unten den kleinen Badestrand aufsuchten, der der Station gegenüberlag. Es war ein leicht geschwungener Miniaturstrand zwischen kleinen Riffen und Untiefen. Sanft leckten die Wellen am Uferrand, flüsterten zärtlich, und von den Meeresklippen wehte ein zarter Seepflanzenduft. Als die vier den Strand betraten, kam über Tom Works Grundstück ein Stückchen Sonne aus einem Wolkenspalt, und das Wasser in der Bucht wurde zu Gold. Die Mädchen setzten sich sittsam in den Sand und zogen die Röcke über die Knie. Einer der Soldaten bohrte Löcher in vier Bierdosen, und jeder bekam eine. Als sie getrunken hatten, legten die Burschen den Kopf in den Schoß ihrer Mädchen, blickten zu ihren Gesichtern auf, und sie lächelten sich ein müdes schönes Geheimnis zu.
Von der Station her kläffte ein Hund. Der Wächter, ein finster verdrossener Tropf, hatte die Pärchen gesehen; sein grämlicher Cockerspaniel hatte sie gewittert. Er schrie herunter. Sie rührten sich nicht. Er kam zum Strand; der Köter bellte ununterbrochen. »Wißt ihr nicht, daß man hier nicht herumliegen darf? Verschwindet! Das ist Privateigentum!«
Die zwei Soldaten schienen ihn nicht zu hören. Sie lächelten weiter; die Mädchen streichelten ihnen das Haar über den Schläfen. Bis schließlich der eine Soldat sachte seinen Kopf wendete, daß er zwischen den kräftigen Mädchenbeinen wie in einer Wiege lag. Wohlwollend lächelte er den Aufseher an und fragte artig: »Weshalb fliegen Sie nicht auf einem Besenstiel zum Mond?«
Worauf er den Kopf wieder zurückwandte und in die Augen der Freundin sah, deren blondes Haar von der Sonne hell strahlte.
Sie kitzelte ihn verträumt hinterm Ohr...
Die zwei Paare sahen es nicht einmal, daß der Aufseher in das Haus

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