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Die Strasse der Oelsardinen

Titel: Die Strasse der Oelsardinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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zurückkehrte.

15. Kapitel
    Als die Jungens im Farmhaus anlangten, kniete Mack in der Küche neben dem Pointerweibchen. Sie lag auf der Seite, und Mack drückte einen mit Epsomsalz getränkten Lappen auf die entzündete Stelle. Zwischen den Beinen der Hündin zuzzelten und drängten sich ihre sechs rundlichen Jungen; ihre Augen aber blickten geduldig auf Mack, als wolle sie sagen: Du siehst, was mir fehlt. Ich habe es ihm sagen wollen, er versteht mich nicht.
Der Mann hielt die Lampe, sah Mack zu und atmete auf: »Ich bin froh, daß ich jetzt wenigstens Bescheid weiß.«
»Ich will Ihnen ja nichts dreinreden«, erklärte Mack, »aber man müßte die Kleinen so rasch wie möglich entwöhnen. Genügend Milch finden sie doch nicht mehr und kauen vor lauter Hunger ihre Mutter in Fetzen.«
»Ich weiß«, seufzte der Tierhalter, »ich hätte alle bis auf eines ersäufen sollen. Das Geschäft geht ja doch nicht. Ich habe mir die größte Mühe damit gegeben, aber heut' werden nur Pudel, Boxer und Dobermanns verlangt.«
»Dabei gibt es«, sagte Mack, »für einen Mann keinen schöneren Hund als einen Pointer. Ich verstehe die Leute nicht! Aber die Kerlchen deshalb ertränken - nein, das sollten Sie nicht!«
»Am liebsten mich mit«, nahm das Geseufze seinen Fortgang, »seit meine Frau sich auf Politik verlegt hat, ist mit ihr nichts mehr los. Sie wurde in die Bezirksversammlung gewählt, und nun hat sie entweder ihre Sitzungen, oder sie hält Ansprachen, und wenn sie glücklich einmal daheim ist, entwirft sie Gesetzesvorlagen.«
»Viel Vergnügen! - Ich meine, viel Vergnügen haben Sie dabei nicht, Cap.« Mack nahm ein zappelndes putziges Pointerjunges auf den Arm. »Aus so einem Püppchen könnte ich Ihnen in drei Jahren einen erstklassigen Vorstehhund machen.«
»Möchten Sie gern eines?« fragte der Eigentümer.
Mack blickte auf und staunte: »Im Ernst?« und griff zu: »Ja, mein Gott, gern!«
»Suchen Sie sich eins aus! Bitte! Für Hühnerhunde hat ja sonst kein Mensch mehr Verständnis.«
Macks Gefährten standen in der Küche herum und sammelten Eindrücke. Geöffnete Konservenbüchsen, der Küchentisch voller Krümel, die Bratpfanne, an der noch der Rest von Spiegeleiern haftete, auf der Brotbüchse eine offene Schachtel mit Patronen - all das deutete auf die Abwesenheit der Hausfrau. Doch das über die Küchenbretter gebreitete Spitzenpapier und die für Männerhände zu kleinen Handtücher am Halter sagten ihnen: Hier ist sonst eine Frau! Und sie begrüßten es unbewußt, daß sie zur Zeit nicht da war. Eine Frau, die zum Schutz ihrer Geschirrbretter Spitzenpapier ausbreitet, hegt eine instinktive Abneigung gegen Leute vom Schlage der Palace-Clique, denn solche Geschöpfe bilden die ärgste Gefahr für ein Heim; sie bieten an Stelle von Häuslichkeit, Ordnung und Reinlichkeit ihrem Gatten Sorglosigkeit, leichten Sinn und Kameradschaft. Wirklich ein Glück, daß die Frau nicht da war, fanden die Jungens.
Der Mann hingegen schien den Besuch als wahre Ehre und Gewinn zu betrachten. Er wollte ihn gar nicht weglassen. »Ehe ihr Frösche fangt«, sagte er beinahe schüchtern, »solltet ihr euch etwas stärken...«
Die Gefährten blickten auf Mack, dessen Gesicht sich in nachdenkliche Falten legte. »Auf wissenschaftlichen Expeditionen«, erklärte er, »ist es für uns Gesetz, keine Einladung anzunehmen, aber«, setzte er mit bezwingender Liebenswürdigkeit hinzu, »da Sie so ein netter Mensch sind, bin ich persönlich nicht abgeneigt, eine Ausnahme zu machen. Ich weiß allerdings nicht, wie sich meine Mitarbeiter dazu stellen.«
Die Mitarbeiter erklärten sich mit ihrem Chef solidarisch. Der Gastgeber nahm eine Taschenlampe, stieg in den Keller, rumpelte dort herum und tauchte nach einer Weile mit einem Eichenfäßchen im Arm wieder auf. Das stellte er auf den Küchentisch und erklärte: »Während der Prohibition habe ich etwas Whisky auf die Seite getan. Hätte schon längst einmal nachsehen müssen, wie er sich inzwischen gemacht hat; hab' ihn aber ganz vergessen. Wissen Sie, meine Frau -« Mehr brauchte er nicht zu sagen. Er fühlte, daß man ihn verstand, zapfte daher das Fäßchen an, holte sechs Wassergläser vom spitzengezierten Wandbrett, und da es eine schwierige Aufgabe ist, aus einem vollen Fäßchen kleine Rationen zu gießen, wurden die Gläser fast bis zum Rand voll. Keiner setzte sein Glas an die Lippen, bis nicht der klarbraune Trank für einen jeden eingeschenkt war. Dann prosteten sie dem gütigen

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