Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Straße des Bösen

Die Straße des Bösen

Titel: Die Straße des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
Straße zu verlassen, sobald sich eine Gefahr zeigte, wollte er auf ihr bleiben. Alles, was er und die Freunde hier an Absonderlichem herausfanden, konnte sich später als nützlich erweisen.
    Lamir redete im Fieber. Gapolo hielt ihn mit einer Hand fest, mit der anderen die Zügel.
    Etwa eine Stunde ritten sie, ohne dass etwas geschah. Gapolo erklärte, dass er hier die Schwarze Magie der Straße nur schwach spürte, schwächer als an deren Rand.
    Dann war der Weg abermals versperrt.
    Die Pflanzen überwucherten die Yarl-Straße. Sie bildeten eine undurchdringlich erscheinende Mauer, und doch ließen abgetötete Pflanzenteile vermuten, dass die Caer diesen grünen und roten Vorhang passiert hatten.
    »Ich hatte es erwartet«, sagte Gapolo, als er sein Pferd zum Stehen brachte. »So weit sind sie also schon gekommen.«
    »Die Pflanzen?« fragte Mythor. Sie erinnerten ihn an etwas.
    Was die Gefährten nun vor sich hatten, waren keine Bäume und Sträucher im eigentlichen Sinne mehr. Es waren zwei, drei Mannslängen in die Höhe ragende Ruten und unbelaubte und astlose, nur armdicke Stämme, die biegsam wie Schlangen waren. Im leichten Wind wogten die an ihrer Spitze befindlichen fleischigen Blätter und etwas, das wie rote Speerspitzen aussah, hin und her. Eine eigentümliche Melodie erfüllte die Luft, wenn die Stämme sich bogen. Einmal klang es wie fernes Weinen, dann wieder lag eine Verlockung in dieser Melodie. Für einen Augenblick hatte Mythor die Vision von sich in den Himmel reckenden Schlangen, die langsam ausholten, um dann blitzschnell vorzuschnellen.
    »Ja«, antwortete Gapolo, und Mythor glaubte, abergläubische Furcht aus den Worten des Mannes herauszuhören. »Weiter im Süden haben diese Pflanzen schon vor Jahren zu wuchern begonnen, und wer sich zu nahe an sie heranwagte, bezahlte seinen Leichtsinn mit dem Tod. Halte dich aus der Reichweite der Ruten, Mythor!«
    »Du sagst, sie tauchten plötzlich auf?«
    Gapolo nickte, ohne den Blick von der lebenden Wand zu nehmen. Er ließ sein Pferd einige Schritte zurück machen, und Mythor und Buruna taten es ihm gleich.
    »Die Yarl-Straße ist im Süden auf weite Strecken von ihnen überwuchert, und man sagte, dass sie zuerst auf ihr wuchsen, wo sonst kein Leben möglich ist. Ich weiß, dass der Yarl-Pass an der Grenze zu Salamos noch passierbar ist. Zumindest war das so, bevor ich mein Land verließ. Möglicherweise ist auch er jetzt bereits überwuchert, wie die ganze Straße bis tief in den Süden.«
    Plötzlich wusste Mythor, woran diese Pflanzen ihn erinnerten. Zwischen den »tanzenden Schlangen«, wie er sie bei sich nannte, befanden sich, nur auf den zweiten Blick sichtbar, jene roten Ranken, die Althars Wolkenhort umgaben und das Eindringen für ihn, Nottr, Sadagar und Kalathee fast unmöglich gemacht hatten.
    Und er sah das schimmernde, unglaublich feine Geflecht wieder vor sich, das dort den Boden in einer Tiefe von nur ein, zwei Fuß durchzogen hatte. Bereits damals hatte er vermutet, dass diese Gewächse Pflanzen des Bösen seien, die sich breitgemacht hatten, um den Wolkenhort förmlich zu ersticken.
    Bedeutete dies, dass ein weiterer Fixpunkt des Lichtboten sich schon ganz in der Nähe befand? Dass die Kräfte der Finsternis diese mörderische, schreckliche Armee deshalb hier aus dem Boden schießen ließen?
    »Woran denkst du, Mythor?« fragte Buruna drängend. »Lass uns diese Straße verlassen.«
    »Die Yarls«, sagte Mythor, mehr zu sich selbst. »Sie kamen von tief im Süden und pflügten dieses Band in den Boden. Sie waren wahrscheinlich Schattenkreaturen.«
    »Du meinst, dass sie die Saat dieser Gewächse mit sich geschleppt haben?« fragte Buruna ungläubig. »Immer weiter nach Norden und. direkt aus der Düsterzone?«
    Mythor gab keine Antwort.
    »Die Caer sind hindurchgeritten«, sagte Buruna. »Siehst du einen toten Caer? Es sind Dämonenpflanzen, und der Priester hatte Macht über sie.«
    Vielleicht hatte sie recht. Vielleicht aber hatten die Caer auch einen Umweg genommen. Es würde zu viel Zeit kosten, weit genug zurückzureiten, um nach ihren Spuren zu suchen, irgendwo am Rand der Yarl-Straße.
    Und Lamirs Stöhnen erinnerte Mythor nachhaltig daran, dass er seinen Wissensdurst vorerst hintanstellen musste. Lamirs Leben ging vor. »Wir reiten nach Westen«, entschied er. Buruna stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und war nahe daran, ihm um den Hals zu fallen.
    Die Gefährten ritten ein Stück des Weges zurück, bis sie eine

Weitere Kostenlose Bücher