Die Strasse des Horus
nicht stundenlang in einem Streitwagen stehen.«
»Aber ich könnte in einem sitzen«, unterbrach sie ihn eifrig, denn sie spürte, dass sie siegte. »Ich könnte mich zu deinen Füßen zusammenrollen, hinter deinem Wagenlenker! Heere rennen nicht, Ahmose. Nimmst du mich mit?«
»Ich habe vor, ihn zu töten, und seine Söhne auch«, sagte Ahmose mit Nachdruck. »Seine Linie muss ausgelöscht werden, damit sie Ägypten nicht länger bedrohen kann. Und, Tani, du kannst noch so viel bitten und betteln, ich werde nicht anderen Sinnes, wenn ich ihn vor mir habe. Es steht zu viel auf dem Spiel, da kann ich nicht auf deine fehlgeleitete Treue Rücksicht nehmen.«
»Ich weiß. Daran will ich jetzt noch nicht denken. Du nimmst mich doch mit, Ahmose? Im Andenken an die Liebe, die wir einmal füreinander empfunden haben?«
»Tani, wir lieben uns immer noch«, sagte er, aber er log, und sie wusste es. »Ja, ich nehme dich mit nach Scharuhen. Und ich wünsche dir eine vergnügliche Reise.«
Sie wurden von Ipi und Chabechnet unterbrochen, und dankbar wandte sich Ahmose erfreulicheren Überlegungen zu. Wenn sie doch nur gegangen wäre, solange er seine Anweisungen erteilte, aber er konnte nicht gut erwarten, dass sie in der Zeit vor dem Zelt herumlungerte. »Ipi, schreibe die Befehle auf, die Chabechnet dann weitergibt«, sagte er. »Die Späher folgender Divisionen sollen sofort nach Scharuhen aufbrechen. Amun, Re, Ptah, Thot und Osiris. Sie sollen auf der Horusstraße entlangziehen und unterwegs mit den Generälen Iymeri und Nofreseschemptah Kontakt aufnehmen. Die beiden Divisionen hier, Chonsu und Anubis, werden fürs Erste im Delta bleiben. Danach dürfen die Späher zur Fürstenmauer und damit nach Rethennu hinein. Ich folge ihnen unverweilt und erwarte so bald wie möglich ihre Berichte. Mache sechs Abschriften, eine für jeden Späher und eine für deine Akten. Und, Chabechnet, wenn du die abgeliefert hast, bestelle Herolde, die die Nachricht vom Fall von Auaris durchs ganze Land tragen. Lass sie das in jedem Dorf ausrufen, aber bestimme einen, der unverzüglich mit einer Rolle für die Königin nach Waset fährt. Habt ihr mich verstanden?« Chabechnet nickte. »Und sagt General Hor-Aha und Fürst Abana, dass wir zehn Schiffe mit Medjai brauchen, sie sollen vom Nebenarm ins Große Grün fahren und jegliche Unterstützung für Scharuhen vom Wasser her unterbinden. Diese Aufgabe dürfte eine Herausforderung für meinen voreiligen Admiral sein. Das ist alles.« Sie machten ihren Fußfall und gingen. Tani bewegte sich.
»Fünf Divisionen«, sagte sie. »Fünfundzwanzigtausend Mann. Ahmose, glaubst du etwa, dass du Scharuhen mit diesen paar Soldaten einnehmen kannst?«
»Unterwegs erwarte ich keinen Widerstand. Rethennu ist erschöpft«, entgegnete er unwirsch. »Falls es Ärger geben sollte, kann ich die zwei Divisionen im östlichen Delta sehr schnell heranholen. Ich…« Er verstummte, denn jählings war ihm aufgegangen, dass er seine Strategie mit dem Feind besprechen wollte. Was war, wenn Tani ihm irgendwo in der Nähe von Scharuhen entwischte und ihren Mann vor dem herannahenden ägyptischen Heer warnte? Würde sie so etwas tun? Würde sie aus ihrem Verrat wirklich Hochverrat machen? Sie wartete aufmerksam und gesammelt, dass er fortfuhr, doch Hinterlist las er nicht auf ihrer Miene. »Weiter als bis dahin kann ich nicht planen«, schloss er lahm. »Die Späher werden uns Scharuhen beschreiben.«
»Das ist eine mächtige Festung«, sagte sie unverhofft. »Eine ummauerte Stadt wie Auaris, aber mit dem Vorteil, dass ihre Westflanke vom Meer geschützt ist. Das hat mir Pezedchu erzählt. Die Eroberung wird nicht leicht werden, Ahmose.« Auf einmal schämte er sich für seine Unterstellungen.
»Dennoch werde ich sie erobern«, sagte er betont, weil er sein Unbehagen verbergen wollte.
Vor dem Zelt hörte man einen Wortwechsel, und gleich darauf wurde die Zeltklappe hochgehoben. Ahmose hatte Anchmahor erwartet, doch es war Ramose, der eintrat. Er verneigte sich ehrerbietig vor beiden, etwas, was er oft vergaß, was Ahmose ihm jedoch verzieh. »Majestät, ich hätte dich gern unter vier Augen gesprochen«, sagte er und sah dabei Tani nicht an. Die stand sofort auf und zog sich den schweren Umhang um die Schultern.
»Ich sehe nach, ob mein Zelt bereitsteht«, sagte sie. Beim Hinausgehen blieb sie kurz vor Ramose stehen, doch der blickte ihren Bruder an, und mit einem kaum hörbaren Seufzer ging sie hinaus.
»Setz
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