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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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mit laut hallender Stimme. »Aahotep, meine Mutter, komm her und stelle dich vor mich.« Aahotep verließ ihren Schemel. Sie war um Haupteslänge kleiner als Ahmose, und so konnte man bei seinen nächsten Worten seinen hennaroten Mund über ihrer schlichten, ungeflochtenen Perücke sehen. »Ein König hat drei Belohnungen, die er verdienstvollen Untertanen geben kann«, sagte er. »Die eine, das Gnadengold, kann Bürgern für außerordentliche Treue zum König, für hingebungsvolle Arbeit für den König oder für herausragende Verwaltungstätigkeiten verliehen werden. Die anderen beiden, das Tapferkeitsgold und das Fliegengold, erhalten nur Soldaten, ganz gleich ob gemeine oder höhere, die in der Schlacht beispielhaften Mut bewiesen haben. Noch nie hat eine Frau das Tapferkeitsgold oder das Fliegengold bekommen. Und von beiden ist das Fliegengold am seltensten. In der ganzen Geschichte Ägyptens ist es nur viermal verliehen worden, und heute ist es das fünfte Mal.«
    Er streckte die Hand aus, und Amunmose legte einen dünnen Goldreif hinein, an dem drei goldene Fliegen hingen. »Ich habe hier, auf heiligem Grund, eine Stele aufstellen lassen«, fuhr Ahmose fort. »Ich erzähle euch, was darauf steht. ›Aahotep ist ein Mensch, der die Riten befolgt und sich um Ägypten gekümmert hat. Sie hat für Ägyptens Soldaten gesorgt und sie beaufsichtigt. Sie hat die Flüchtenden zurückgeholt und die Deserteure zusammengetrieben. Sie hat Oberägypten befriedet und die Rebellen vertrieben.‹ Das habe ich dem diktiert, der die Worte gemeißelt hat. Mehr muss auf Stein nicht gesagt werden, aber ihr alle wisst, dass sie mir nicht nur das Leben gerettet, sondern sich auch an der Unterdrückung der Meuterei unter den Soldaten beteiligt hat. Kein Mann verdient es mehr als diese Frau, dass man ihr eine so hohe Belohnung umhängt, die nun auf den blutigen Zeichen ihrer Tapferkeit ruhen kann. Aahotep, hebe den Kopf. Ich belohne dich mit dem Fliegengold und verleihe dir einen neuen Titel, Nebet-ta, Herrin des Landes.«
    Ahmose legte seiner Mutter die Kette um und trat zurück. Aahotep drehte sich um. Sie wirkte benommen. Und wieder brauste Jubel auf, während ihr die Tränen über die Wangen liefen. Amunmose ergriff ihren Arm und geleitete sie zu ihrem Schemel.
    »Ich freue mich, dass dir meine Überraschung gefällt«, sagte Ahmose. »Machen wir weiter. Ahmose-onch, komm her.« Der Junge ließ die Hand seiner Kinderfrau los, näherte sich neugierig und kletterte auf die Knie seines Vaters.
    Was für ein sonderbare Mischung aus Formalität und Spontaneität, dachte Aahmes-nofretari, und so ganz und gar Ahmose. Kamose hätte das ganz anders gemacht. Er wollte uns die Vergangenheit wiedergeben, aber langsam erkenne ich, dass mein Mann Ägypten nicht nur erneuern, sondern auch wieder beleben will. Ihm gelingt es, Tradition mit Impulsivität zu vereinen, ohne dass er dabei an Würde verliert. Das ist, als ob man mit einem faszinierenden Fremden verheiratet ist.
    Der Lärm ebbte ab. Ahmose winkte. »Hor-Aha, bring die Armbänder«, befahl er, und sein General schob sich mit einem Kasten durch die Priesterschar. Aahmes-nofretari verlagerte das Gewicht und sah, dass er bis zum Rand mit breiten Silberarmbändern gefüllt war. »Ihr werdet jetzt allesamt mir, der Gemahlin des Gottes und dem Falken-im-Nest Ahmose-onch Treue schwören.« Ahmose erhob die Stimme. »Jeder Fürst und Edelmann, jeder Nomarch und Verwalter. Und das nicht nur hier, sondern überall auf dem Weg nach Norden, und dieses Ritual ist keine reine Formsache. Euer Eid bindet euch völlig. Ich habe beschlossen, hier in Waset fünf stehende Divisionen einzuquartieren. Alle elf Divisionen haben neue Hauptleute, aber zunächst sind ihre Befehlshaber an der Reihe.« Er nickte Chabechnet zu.
    »Die Amun-Division. General Turi, der Befehlshaber der Angriffstruppe Fürst Anchmahor, der Standartenträger Idu.« Die drei Männer traten vor, geführt von Ahmoses Kindheitsfreund. Sie warfen sich bäuchlings zu Boden, küssten Ahmose die Füße und beide Hände, richteten sich etwas auf und huldigten Ahmose-onch auf die gleiche Weise, und der lachte entzückt. Darauf huldigten sie Aahmes-nofretari ebenso ehrerbietig. Ahmose hieß sie aufstehen und überreichte jedem ein Armband.
    »Das Zeichen eurer Verantwortung«, sagte er. »Benutzt es nicht als Keule, mit der ihr eure Untergebenen schlagt, und auch nicht als Baum, hinter dem ihr euch versteckt. Geht mit dem Segen eures

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