Die Strasse des Horus
Mann schlossen und sich sein Pektoral in ihre Wange drückte.
Er fuhr etwas zurück. Dann lachte er erfreut, umschlang sie mit seinen Armen, starken männlichen Armen, drückte sie an sich, umgab sie mit Sicherheit, Schutz und machte, dass sie sich winzig und geliebt und völlig eins mit ihm vorkam. »Majestät, Zweiter Prophet, meine allerliebste Aahmes-nofretari«, sagte er und lächelte sie an. »Was tust du hier draußen ohne Gefolge, abgesehen von zwei Soldaten?« Sie erwiderte sein Lächeln und freute sich an seiner Wärme, seinen dunklen Augen, den teuren, vertrauten Zügen, die mittlerweile schmaler und kantiger geworden waren.
»Ahmose«, hauchte sie, während ihr die Männer neben ihm huldigten. »Das Gleiche könnte ich dich fragen. Meine Leibwache säumt schon den Gartenweg und will dich begrüßen, wenn du von Bord gehst. Woher kommst du? Wo sind deine Schiffe?«
»Ach, ich wollte Amun rasch für meinen Sieg im Norden danken, ehe ich ins Haus gehe«, erläuterte er. »Später opfere ich natürlich noch richtig und feierlich, aber meine ersten Worte sollten dem Gott gelten.« Aahmes-nofretari tat einen Schritt zurück und musste ein Gefühl der Enttäuschung und Kränkung unterdrücken. Bin ich dir nicht teurer als der Hohe Priester?, wollte sie schreien. Weißt du nicht, wie sehr ich mich danach gesehnt habe, dich zu begrüßen, wie viele Stunden ich seit Eintreffen deines Briefes mit Tagträumereien verbracht habe, wie du mir entgegenlaufen würdest und nur mich sehen wolltest?
»Der ganze Haushalt fiebert dir entgegen«, sagte sie bemüht munter. »Tetischeri hat schon vor Stunden gleich hinter dem Tor oben an der Bootstreppe Stellung bezogen. Mutter ist in aller Frühe mit Yuf zum Tempel gegangen, damit sie bei deiner Ankunft wieder daheim ist. Du hättest sie dort treffen müssen.« Sie merkte, dass sie dummes Zeug redete und nicht mehr aufhören konnte. Ihr Mund öffnete und schloss sich, und sie vernahm ihre Worte kaum, während ihre Enttäuschung allmählich wuchs. »Hor-Aha«, redete sie das nackte Rückgrat des Generals an, der unvermittelt vor ihr ging. »Wo ist dein Haar? Hat dir ein Setiu-Schwert die Zöpfe abgeschnitten?« Er warf ihr über die Schulter ein verkniffenes Lächeln zu.
»Nein, Majestät«, sagte er tonlos. »Die habe ich selbst abgeschnitten.« Das war keine Erklärung, und Aahmes-nofretari kam sich auf einmal albern vor. Sie biss die Zähne zusammen.
Das Gedränge der Bürger ließ nach, als sie sich der Bootstreppe näherten. Aahmes-nofretari sah, wie der Blick ihres Mannes erstaunt zur Krone der neuen Mauer wanderte, als die dort verbliebenen Wachposten strammstanden und salutierten. »Hoffentlich ist sie wunschgemäß ausgefallen, Ahmose«, sagte sie. »Ich habe sie um unsere ganzen Aruren erhöhen und das Tor anbringen lassen.« Sie zeigte in die Ferne, doch Ahmose war stehen geblieben und starrte durch die Öffnung, wo eines Tages die Palasttore eingehängt werden würden.
»Ihr Götter!«, hauchte er. »Sieh dir das an, Hor-Aha! Die Zeit ist hier schneller vergangen als im Norden, oder hat mich ein Zauberbann gefangen gehalten, aus dem ich gerade eben erwacht bin? Die innere Mauer zum alten Palast ist nicht mehr da. Ich kann meinen Garten sehen. Die Baugerüste … die Ziegelhaufen…« Er wirkte bestürzt, und die Hand, mit der er den Oberarm seiner Frau umklammerte, schien ein wenig zu zittern.
»Ahmose, du hast Sobek-nacht hergeschickt, dass er diese Arbeiten in Angriff nimmt«, sagte sie. »Gefällt es dir nicht? Haben wir etwas falsch gemacht?« Er schüttelte den Kopf.
»Nein, nein!«, sagte er laut. »Es ist wunderbar. Ich bin nur die ganze Zeit mit meinen Gedanken woanders gewesen, und selbst jetzt lassen sie sich nur mühsam von Auaris lösen.« Er lächelte ihr zu, und sein Gesicht strahlte. »Ich kann es kaum erwarten, das alles mit dem Fürsten durchzusprechen. Welche anderen Wunder vollbringt er noch?«
»Er baut das neue Dorf für die Divisionen, die du dort auf Dauer einquartieren willst«, erinnerte ihn Aahmes-nofretari, doch er hatte sie tief getroffen. Und ich?, dachte sie gedemütigt. Habe ich nicht Tag für Tag bei Sobek-nacht gestanden, während er die Pläne für deinen Palast entworfen hat, o König? Allmählich mag und achte ich ihn, und er wiederum hat oftmals meine Ideen in seine Pläne eingearbeitet. Für mich ist kein Platz mehr.
Emchu hatte ihren Befehl befolgt. Die Hauswachen standen jetzt zu beiden Seiten des Weges, der durch die
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