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Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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Wirklichkeit nicht mehr voneinander zu unterscheiden vermochte. Einmal suchte ich am Ufer eines Flusses nach etwas, das ich verloren hatte, jedoch nicht benennen konnte, dann wieder stand ich mitten in einem Feuer und blickte zu einem dunklen Himmel empor. Ich fertigte eine Decke aus Schneequadraten, die ich mit einem goldenen Faden und einer aus einem feinen Eiszapfen bestehenden Nadel zusammennähte, und bedeckte Alexanders leblosen Körper damit. Einen Moment später stand ich neben einem in einen Glaswürfel eingeschlossenem Klavier und hämmerte schluchzend gegen die glatten, unzerbrechlichen Seiten, wohl wissend, dass all meine Mühe nichts fruchten würde. Einmal war ich sicher, eine dunkelhaarige Frau, die mir den Rücken zukehrte, am Fenster stehen zu sehen, doch als ich genauer hinsah, war es nur Mary, die mich mit sorgenvoller Miene beobachtete. Ich konnte Tascha draußen spielen hören, sie sang sich selbst oder einem geduldig lauschenden Erwachsenen ein russisches Lied vor. Mehrmals meinte ich, eine andere Hand hielte die meine umschlossen, und ich wusste nicht, ob ich die Berührung als tröstlich oder bedrohlich empfinden sollte.
    Gegen Abend begann die Wirkung der Medikamente allmählich nachzulassen. Als ich aufstehen konnte, ohne dass feurige Funken vor meinen Augen tanzten, ging ich zu der Glastür und trat auf die Galerie hinaus. Sie ging auf eine geschützte, von Eichen gesäumte Ecke auf der linken Seite
des Hauses hinaus. Wildblumen und hohes Gras wiegten sich im Abendwind, die Baumkronen schimmerten im Licht der untergehenden Sonne wie mit Goldstaub überzogen. Einen Moment lang erfüllte mich ein tiefer Friede, fast konnte ich mir einreden, die letzten Tage lediglich in einem Fiebertraum durchlebt zu haben. Dann öffnete Mary meine Schlafzimmertür, und die Schale Suppe in ihren Händen sowie der verhärmte, bekümmerte Ausdruck auf ihrem Gesicht katapultierten mich schlagartig in die Realität zurück.
    »Eleanor!« Unüberhörbare Erleichterung schwang in ihrer Stimme mit. »Ich dachte schon, du wachst überhaupt nicht mehr auf.«
    Ich brachte ein schwaches Lächeln zu Stande. »Das habe ich auch schon befürchtet.«
    »Ach, Eleanor«, flüsterte sie. Überrascht registrierte ich, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. »Es tut mir ja so leid. Ich wusste nicht, dass du schon so viel Medizin bekommen hattest, sonst hätte ich doch nie…«
    »Ich weiß, ich weiß«, beruhigte ich sie.
    Einen Moment lang erhaschte ich einen Blick auf die alte Mary. Sie öffnete den Mund, als wollte sie noch etwas sagen, dann schien sie sich zu besinnen, und ihre mitfühlende Teilnahme wich jener nervösen Furcht, die sie neuerdings zu beherrschen schien. Sie stellte die Suppenschale auf meinen Nachttisch.
    »Du hast mehr als einen Tag lang keinen Bissen gegessen«, sagte sie. »Du musst ja halb verhungert sein.«
    Beim Gedanken an Essen stieg Übelkeit in mir auf, aber ich wusste, dass es jetzt galt, alles daran zu setzen, sie davon zu überzeugen, dass es mir schon viel besser ging. Also holte ich tief Atem. »Ich bin immer noch ziemlich müde«, sagte ich in der Hoffnung, sie würde den Wink mit dem Zaunpfahl verstehen und mich allein lassen.

    Doch stattdessen ließ sie sich auf den Stuhl neben meinem Bett sinken. »Ich bleibe ein Weilchen bei dir sitzen, während du isst, danach kannst du dich noch eine Weile ausruhen.«
    Ich rang mir ein weiteres Lächeln ab, ehe ich wieder unter die Decke kroch, und würgte die Suppe Löffel für Löffel hinunter, während Mary unverbindlich über die Dienerschaft, den Garten und das Wetter plauderte. Die Sorgfalt, mit der sie darauf achtete, weder Dorian und den Ball noch unser unseliges Zusammentreffen bei dem Wandbild am Abend zuvor noch den Besuch des Arztes zu erwähnen, lastete so schwer auf mir, dass ich meinte, es nicht mehr viel länger ertragen zu können. Doch dann sagte sie etwas, was mein Interesse schlagartig weckte. Sie ließ es fast beiläufig in die Unterhaltung einfließen, doch ich sah ihr an, dass sie mich gespannt beobachtete und auf eine Reaktion wartete.
    »Oh, und wir haben heute Nachmittag übrigens den Rest der Wandgemälde freigelegt.«
    Ich zwang mich, einen weiteren Löffel Suppe zu schlucken, ehe ich antwortete: »So?« und mich dabei fragte, wen dieses ›wir‹ einschloss.
    »Vielleicht würdest du sie dir gerne ansehen, wenn du dich etwas besser fühlst.«
    Ich rührte mit dem Löffel in der Suppenschale herum, dabei musterte ich sie

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