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Die Straße

Die Straße

Titel: Die Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
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kraxelte die Uferböschung hinauf und in den Wald hinein, die Hände vor sich gestreckt. Überall war Holz, tote Äste und Zweige, auf dem Boden verstreut. Mit den Füßen schob er sie zu einem Haufen zusammen, und als er einen Armvoll beieinander hatte, bückte er sich, hob sie auf und rief den Jungen, der Antwort gab und ihn durch Zurufe zur Brücke zurückdirigierte. Sie saßen im Dunkeln, während er mit seinem Messer Späne von Stöcken schälte und die kleinen Zweige mit den Händen zerbrach. Er zog das Feuerzeug aus seiner Tasche und betätigte mit dem Daumen das Rädchen. Es war ein Benzinfeuerzeug, das mit schwacher blauer Flamme brannte, und er beugte sich vor, setzte den Zunder in Brand und sah zu, wie das Feuer an dem Flechtwerk von Zweigen emporkletterte. Er häufte mehr Holz darauf, blies die kleine Lohe vorsichtig von unten an und schichtete das Holz so, dass das Feuer eine gewisse Form bekam.
     
    Er unternahm noch zwei Gänge in den Wald, bei denen er mehrere Armvoll Buschwerk und Äste zur Brücke schleppte und sie über das Geländer wuchtete. Er konnte den Schein des Feuers aus einiger Entfernung sehen, glaubte jedoch nicht, dass er von der anderen Straße aus zu sehen war. Unter der Brücke konnte er zwischen den Steinen einen dunklen Tümpel stehenden Wassers ausmachen. Einen Rand aus sanft abfallendem Eis. Er stand auf der Brücke und stieß den letzten Haufen Holz über das Geländer, sein Atem weiß im Schimmer des Feuerlichts.
     
     
    Er saß im Sand und machte eine Bestandsaufnahme des Rucksackinhalts. Das Fernglas. Eine fast volle Halbliterflasche Benzin. Die Wasserflasche. Eine Flachzange. Zwei Löffel. Er legte alles vor sich aus. Es gab noch fünf kleine Konservendosen, und er entschied sich für eine Dose Würstchen und eine Dose Mais, öffnete sie mit dem kleinen Armeedosenöffher, stellte sie in die Glut am Rand des Feuers, und dann sahen sie zu, wie die Etiketten sich wellten und verkohlten. Als der Mais zu dampfen begann, nahm er die Dosen mit der Zange vom Feuer, und sie beugten sich mit ihren Löffeln darüber und aßen langsam. Der Junge nickte immer wieder kurz ein.
     
    Als sie gegessen hatten, ging er mit dem Jungen auf den Kiesstreifen unter der Brücke, stocherte mit einem Stock das dünne Eis am Ufer weg, und dann knieten sie sich hin, und er wusch dem Jungen Gesicht und Haare. Das Wasser war so kalt, dass der Junge weinte. Sie bewegten sich den Kiesstreifen entlang, um frisches Wasser zu finden, und er wusch ihm das Haar noch einmal, so gut es ging, und hörte schließlich auf, weil der Junge vor Kälte stöhnte. Er trocknete ihn mit der Decke ab, kniete dabei im Schimmer des Lichts, das den Schatten des Brückenunterbaus wie zerbrochen auf die Baumstümpfe jenseits des Flüsschens warf. Das ist mein Kind, sagte er. Ich wasche ihm das Gehirn eines Toten aus dem Haar. Das ist meine Aufgabe. Dann wickelte er ihn in die Decke und trug ihn zum Feuer.
     
     
    Der Junge schwankte im Sitzen. Der Mann gab acht, dass er nicht in die Flammen fiel. Mit dem Fuß scharrte er Vertiefungen für Hüften und Schultern des Jungen in den Sand, um ihm eine Schlafstelle zu schaffen, dann setzte er sich mit ihm ans Feuer, hielt ihn in den Armen und zauste ihm das Haar, um es zu trocknen. Dies alles glich einem uralten Ritual der Salbung. So sei es. Beschwöre die Formen herauf. Wenn du nichts anderes hast, ersinne aus dem Nichts Zeremonien und hauche ihnen Leben ein.
     
    Nachts erwachte er von der Kälte, stand auf und machte mehr Holz für das Feuer klein. Die Formen der kleinen Äste brannten leuchtend orange in der Glut. Er blies die Flammen an, häufte das Holz darauf und setzte sich, an den steinernen Brückenpfeiler gelehnt, im Schneidersitz davor. Schwere Kalksteinblöcke, ohne Mörtel verlegt. Darüber die von Rost braune Eisenkonstruktion, die eingeschlagenen Nieten, die Schwellen und Planken. Der Sand, in dem er saß, fühlte sich warm an, doch jenseits des Feuers war die Nacht schneidend kalt. Er stand auf, schleppte frisches Holz unter die Brücke. Er stand da und lauschte. Der Junge rührte sich nicht. Er setzte sich neben ihn und strich ihm über das fahle, wirre Haar. Goldener Kelch, gut, um einen Gott zu beherbergen. Bitte sag mir nicht, wie die Geschichte endet. Als er wieder in die Dunkelheit jenseits der Brücke schaute, schneite es.
     
    Alles, was sie zum Verbrennen harten, war Kleinholz, und das Feuer hielt nur etwas über eine Stunde vor. Er schleppte den Rest des

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