Die Straße
Menschen, Männer und Frauen, die sich allesamt zu verstecken versuchten und mit den Händen die Gesichter beschirmten. Auf der Matratze lag ein Mann, dem beide Beine fehlten, und die Stümpfe waren geschwärzt und verbrannt. Der Geruch war entsetzlich.
Mein Gott, flüsterte er.
Dann drehte sich einer nach dem anderen um und blinzelte in das erbärmliche Licht. Hilf uns, flüsterten sie. Bitte, hilf uns.
Mein Gott, sagte er. 0 mein Gott.
Er drehte sich um und packte den Jungen. Beeil dich, sagte er. Beeil dich.
Er hatte das Feuerzeug fallen lassen. Keine Zeit, es zu suchen. Er schob den Jungen die Treppe hinauf. Hilf uns, riefen sie.
Beeil dich.
Ein bärtiges Gesicht erschien blinzelnd am Fuß der Treppe. Bitte, rief der Mann. Bitte.
Beeil dich. Um Gottes willen, beeil dich.
Er stieß den Jungen durch die Lukenöffhung, sodass er lang hinschlug. Er packte die Luke, klappte sie herum, ließ sie herunterkrachen, drehte sich um und wollte den Jungen packen, doch der hatte sich aufgerappelt und vollführte seinen Schreckenstanz. Herr des Himmels, kommst du jetzt endlich. Doch der Junge zeigte aus dem Fenster, und als er hinsah, wurde ihm am ganzen Leib kalt. Vier bärtige Männer und zwei Frauen kamen über die Wiese auf das Haus zu. Er packte den Jungen bei der Hand. Mein Gott, sagte er. Lauf. Lauf.
Sie stürzten durch das Haus zur Vordertür und die Eingangstreppe hinunter. Ein Stück weit die Zufahrt hinab zog er den Jungen auf die Wiese. Er blickte zurück. Sie wurden durch die Überreste der Ligusterhecke teilweise verdeckt, aber er wusste, dass ihnen allenfalls Minuten und vielleicht nicht einmal das blieben. Am Ende der Wiese brachen sie durch ein totes Rohrdickicht hinaus auf die Straße und weiter in den Wald auf der anderen Seite. Er verstärkte seinen Griff um das Handgelenk des Jungen. Lauf, flüsterte er. Wir müssen laufen. Er blickte zum Haus hinüber, konnte aber nichts erkennen. Wenn sie die Zufahrt herunterkamen, würden sie ihn mit dem Jungen zwischen den Bäumen hindurchlaufen sehen. Jetzt ist es so weit. Jetzt ist es so weit. Er stürzte zu Boden und zog den Jungen an sich. Pst, sagte er. Pst.
Werden sie uns umbringen? Papa?
Pst.
Mit hämmerndem Herzen lagen sie im Laub und in der Asche. Er verspürte einen Hustenreiz. Er hätte sich die Hand vor den Mund gehalten, aber die hielt der Junge fest, der sie um keinen Preis loslassen wollte, und in der anderen Hand hielt er den Revolver. Um das Husten zu unterdrücken, musste er sich konzentrieren, und zugleich versuchte er zu lauschen. Er schob das Kinn durch das Laub, versuchte, etwas zu erkennen. Halt den Kopf unten, flüsterte er.
Kommen sie?
Nein.
Langsam robbten sie durch das Laub auf vermeintlich tiefer gelegenes Gelände zu. Er lag da und lauschte, hielt den Jungen an sich gedrückt. Er konnte sie auf der Straße reden hören. Die Stimme einer Frau. Dann hörte er sie im trockenen Laub. Er nahm die Hand des Jungen und legte den Revolver hinein. Nimm ihn, flüsterte er. Nimm ihn. Der Junge hatte schreckliche Angst. Er legte einen Arm um ihn und hielt ihn fest. Sein Körper ganz dünn. Hab keine Angst, sagte er. Wenn sie dich finden, musst du es tun. Verstehst du? Pst. Nicht weinen. Ver-stehst du mich? Du weißt, wie es geht. Du steckst ihn in den Mund und richtest ihn nach oben. Mach es schnell und energisch. Verstehst du? Hör auf zu weinen. Verstehst du?
Ich glaube schon.
Nein. Verstehst du?
Ja.
Sag ja, ich verstehe es, Papa.
Ja, ich verstehe es, Papa.
Er blickte auf ihn hinab. Alles, was er sah, war Entsetzen. Er nahm ihm den Revolver ab. Nein, du verstehst es nicht, sagte er.
Ich weiß nicht, was ich machen soll, Papa. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Wo wirst du denn dann sein?
Schon gut.
Ich weiß nicht, was ich machen soll.
Pst. Ich bin ja da. Ich lasse dich nicht allein.
Versprich es.
Ja. Ich verspreche es. Ich wollte loslaufen. Versuchen, sie von hier wegzulocken. Aber ich kann dich nicht allein lassen.
Papa?
Pst. Bleib unten.
Ich habe solche Angst.
Pst.
Sie lagen da und lauschten. Bringst du es fertig? Wenn es so weit ist. Wenn es so weit ist, wird keine Zeit sein. Jetzt ist Zeit. Verfluche Gott und stirb. Und wenn der Revolver nicht funktioniert? Er muss funktionieren. Wenn er aber nicht funktioniert? Könntest du diesem geliebten Menschen mit einem Stein den Schädel einschlagen? Steckt in dir ein solches Wesen, von dem du nichts weißt? Kann das sein? Halte ihn in den Armen.
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