Die stumme Bruderschaft
Schutzfolie hervorschaute.
»Es ist eine Figur aus dem 2. Jahrhundert vor Christus. Eine so schöne und hinreißende Dame wie du.«
»Sie ist wunderschön. Ich bin überwältigt. James … James …«
James ging auf seine Frau und Umberto D’Alaqua zu. Die beiden Männer drückten sich herzlich die Hand.
»Womit hast du Mary diesmal überrascht? Wie bezaubernd! Neben deinem Geschenk ist meins ganz unbedeutend.«
»James, sag so was nicht, du weißt, dass es mir sehr gefallen hat! – Er hat mir diese Ohrringe und diesen Ring geschenkt. Das sind die schönsten Perlen, die ich je gesehen habe.«
»Es sind wirklich die schönsten Perlen, da kannst du sicher sein. Nun, dann bring mal diese bezaubernde Dame in Sicherheit, und ich hole einen Drink für Umberto.«
Zehn Minuten später hatte James Stuart Umberto D’Alaqua beim Präsidenten und anderen Gästen zurückgelassen und ging weiter von einem Grüppchen zum nächsten und kümmerte sich um seine Gäste.
Mit seinen zweiundsechzig Jahren fühlte sich Stuart im Zenit. Er hatte alles, was man sich im Leben wünschen konnte: eine tolle Familie, Gesundheit und Erfolg im Beruf. Stahlfabriken, pharmazeutische Laboratorien, Recycling- und unzählige andere Unternehmen machten ihn zu einem der wohlhabendsten und einflussreichsten Männer der Welt.
Er hatte von seinem Vater ein kleines Firmenimperium geerbt, aber er hatte es um ein Vielfaches vergrößert. Schade, dass seine Kinder kein Händchen fürs Geschäft hatten. Gina, die Kleine, hatte Archäologie studiert und gab das Geld für Ausgrabungen an den absurdesten Orten der Welt aus. Sie war wie seine Schwägerin Lisa, aber hoffentlich doch etwas vernünftiger. Tom hatte Medizin studiert und die Stahlfabriken bedeuteten ihm herzlich wenig. Zum Glück hatte Tom geheiratet und zwei Kinder, die James innig liebte und von denen er hoffte, dass sie genug Talent und Interesse haben würden, um eines Tages sein Imperium zu übernehmen.
Niemandem fiel auf, dass die sieben Männer schon eine ganze Weile miteinander sprachen; sie hingegen achteten sehr wohl darauf, was um sie herum geschah. Sie wechselten das Thema, wenn jemand in ihre Nähe kam, und taten so, als sprächen sie über die Irak-Krise oder den letzten Gipfel in Davos oder über irgendein Thema, das sie angesichts ihrer Position beschäftigen könnte.
Der Älteste, groß und schlank, schien das Gespräch anzuführen.
»Es war eine gute Idee, uns hier zu treffen.«
»Ja«, antwortete einer seiner Gesprächspartner mit französischem Akzent. »Hier fallen wir nicht auf. Niemand beachtet uns.«
»Marco Valoni hat den Kulturminister gebeten, den Stummen aus dem Turiner Gefängnis zu entlassen«, sagte ein anderer Mann in tadellosem Englisch, obwohl seine Muttersprache Italienisch war, »und der Innenminister ist der Bitte seines Kollegen nachgekommen. Die Idee kommt von einer seiner Mitarbeiterinnen, Dottoressa Galloni. Eine intelligente Frau, die zu dem nahe liegenden Schluss gekommen ist, dass nur der Stumme sie auf eine Spur führen kann. Dottoressa Galloni hat Valoni auch davon überzeugt, dass sie die COCSA auf Herz und Nieren prüfen.«
»Gibt es eine Möglichkeit, diese Dottoressa aus dem Verkehr zu ziehen?«
»Ja, wir können behaupten, die Frau sei etwas zu neugierig. COCSA könnte protestieren, ihre Beziehungen im Vatikan spielen lassen, die Regierung unter Druck setzen, damit sie die Firma in Ruhe lassen. Man könnte auch den Wirtschaftsminister aktivieren, dem wird es garantiert auch nicht gefallen, dass eine der Hauptfirmen des Landes wegen eines Brandes belästigt wird, der glücklicherweise ohne Folgen geblieben ist. Aber wir sollten erstmal abwarten, bevor wir etwas gegen Sofia Galloni unternehmen.«
Der Alte sah den, der gerade gesprochen hatte, forschend an. Er wusste nicht, warum, aber etwas in der Stimme seines Freundes hatte ihn beunruhigt, allerdings verrieten weder sein Gesichtsausdruck noch der Blick irgendeine Erregung. Trotzdem beschloss er, ihn aus der Reserve zu locken.
»Wir könnten sie auch verschwinden lassen. Wir können uns nicht den Luxus erlauben, dass irgendeine Schnüfflerin ihre Nase in unsere Angelegenheiten steckt. Seid ihr einverstanden?«
Der Mann mit dem französischen Akzent antwortete als Erster.
»Nein, ich nicht, das erscheint mir unnötig. Es wäre ein fataler Fehler. Wir sollten im Moment gar nichts unternehmen. Soll sie ihren Faden spinnen, es ist immer noch genug Zeit, ihn abzuschneiden und sie
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