Die stummen Götter
Baskow?“
„Sie haben mir vorhin vorgeworfen, daß ich Ihre Arbeit nicht ernst nähme“, sagte der Navigator nach langem Schweigen. „Ich nehme sie ernst, und gerade darum auch frage ich Sie. Ein Wissenschaftler nützt mir hier nichts. Ich habe es vorhin schon in der Krisenbesprechung angedeutet. Diese Leute sind oftmals zu sehr befangen von ihrem exakten Fachwissen. So nützlich das ist in überschaubaren Situationen, so sehr kann es zum Hemmschuh werden, wenn man sich unversehens dem Unvorstellbaren gegenübersieht. Ich könnte mir denken, daß sich ein Journalist, ein Mann mit Phantasie eben, in solcher Lage unter Umständen als nützlicher erweist, weil für ihn das Unvorstellbare nicht gleichzeitig auch das Unmögliche sein muß.“
Ich verstand ihn, doch was sollte ich ihm darauf entgegnen? „Es gibt Kräfte“, fing ich dennoch behutsam an, „Kräfte gibt es, die unsere Wissenschaft immer noch nicht voll zur Kennt nis genommen hat. Telepathie zum Beispiel. Telekinese. Die einfache Gedankenübertragung etwa ist doch bereits nachgewie sen. Aber niemand nimmt sie ernst, und nur, weil die Herren Professoren sich auch heute noch nicht zu erklären wissen, auf welcher materiellen Grundlage das vor sich geht.“
„Die Gedankenübertragung erfolgt momentan“, bestätigte Ca- stor nachdenklich. „Wenn sie erfolgt. Schneller als das Licht also. Schon für die Nachrichtentechnik wäre das ein ungeheurer Fortschritt. Und Sie meinen also…?“
„Ja“, sagte ich. „Was brauchen sie denn Photosonden und Radarstationen, wenn vielleicht unsere eigenen Bioströme ein ständiges Feld erzeugen, daß etwa noch tausend Kilometer un ter der Planetenoberfläche registriert und ausgewertet werden kann, wenn dort nur die entsprechenden Empfangsanlagen in stalliert sind?“
„Bioströme sind zu messen“, wandte Castor ein. „Und sie sind gemessen worden. Ihre Stärke ist so gering – ach, was!“ Er machte eine ärgerliche Handbewegung.
„Wollten Sie nun etwas Phantastisches hören oder nicht?“ fragte ich. „Und Gedankenübertragung gibt es wirklich. Über Zehntausende von Kilometern hinweg. Nur Sender und Emp fänger müssen stimmen, das ist alles.“
Castor drückte einen Knopf, und er sagte unwirsch: „Rauchen Sie schon, Mann. Ich sehe doch, wie Ihnen die Zunge heraus hängt.“
Ich war ziemlich perplex. Man konnte also den Automaten wirklich sagen, daß es sich nur um eine simple Zigarette han delte und nicht um eine Feuersbrunst. Und daß der Navigator es ihnen sagte, und jetzt!
Ich fingerte nach meinem Etui und bot auch ihm eine an. „Danke!“ knurrte Castor.
Wir rauchten nachher ziemlich grüblerisch vor uns hin. Ein Maat von der Wache schaute einmal herein und wollte die Maulsperre kriegen, als er sah, welchen Sakrilegs sich der Com- modore und dieser obskure Reporter hier schuldig machten. Doch dann war auch das vorbei. „Das ist nur“, fing Castor noch einmal an, „daß ich mir Sorgen mache. Nicht, daß irgend jemand nun auf einmal mit dem großen Hammer auf diesem Planeten herumklopfen will, aber ich bin für die Sicherheit aller und auch des Schiffes verantwortlich. Falls man etwas unternehmen muß, und der Fall ist ja wohl schon eingetreten, wo soll ich anfangen, wenn ich nicht einmal in der Lage bin, auf die Nachrichtenverbindungen der Gegenseite einzuwirken? Und dann diese Geschichte mit dem Wall da unten. Wie haben Sie das genannt, was mit den vieren passiert sein könnte? Tele- transport?“
Ich blickte Castor nur schweigend an.
„Und was ist“, fuhr er fort, „wenn da gar nichts transportiert worden ist? Wenn die Männer sich ebenfalls nur in Stickstoff aufgelöst haben?“
„Sie wissen wie ich, daß dies nicht sein kann und nicht sein darf“, entgegnete ich. „So würden nur Bestien oder Narren han deln. Beides sind die Tantaliden nicht. Sie haben sich, ebenso wie wir, mit der Natur auseinandersetzen müssen, und wenn man dabei so weit kommt, wie wir gekommen sind oder gar sie selbst, dann handelt man vernünftig. Eine Zivilisation, die sich nicht so verhalten würde, wäre längst schon an sich selber zugrunde gegangen. Das ist meine felsenfeste Überzeugung.“
„Meine eigentlich auch“, sagte Castor und stand plötzlich auf. Er wollte mir irgendwie müde vorkommen in diesem Augen blick. „Doch wenn Sie sich nun geirrt haben?“ fragte er leise und wandte mir dabei den Rücken zu. „Wenn das nun eine völlig falsche Fährte war, die Sie da auf Parzival aufgestöbert
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