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Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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verschieben.
    „Mein Himmel!“ murrte einer der Astronomen. „Wie im Mittelalter! Karton! Papier! Hätten Sie denn nicht wenigstens eine ordentliche plastische Projizierung für Ihre Demonstration vor bereiten können?“
    „Ich liebe nun einmal das Gemütliche und Alte!“ Ich lächelte den Mann freundlich an. Im übrigen war es mir wirklich egal, ob er sich nun ärgerte oder nicht. „Passen Sie auf.“ Ich begann meine schwarzen Kartonpunkte langsam zu verschieben. Es waren eigentlich nur zwei, die es zu bewegen galt. Einmal die oberste, das Ende des Pfeilschaftes markierende Pappscheibe. Ich führte sie um etwa fünfundzwanzig Bogengrade nach links. Der Abstand zur Pfeilspitze blieb dabei etwa gleich.
    „Ach“, meldete sich der Astrophysiker wieder, der etwas ge gen meine Demonstrationsmethodik hatte, „ich sehe schon. Das ist...“
    „Warten Sie’s doch ab“, fiel ich ihm ins Wort, und ich war nun nicht mehr so freundlich. „Ihre Einwände kenne ich schon.“ Doch der Wissenschaftler schien zu der Sorte zu gehören, die sich freut, wenn andere Leute beginnen, sich zu ärgern, denn nun war er es, der lächelte. Immerhin schwieg er jetzt.
    Ich griff nicht mehr ganz so munter zu dem anderen, den linken Pfeilflügel darstellenden Kartonstück und bewegte es nach unten und nach außen, fast in eine Ebene mit der Pfeilspitze.
    „Ja“, sagte der zweite der Astronomen, „daran haben wir schon vor zehn Jahren gedacht. Sternbild Jungfrau, nicht wahr?“
    Und der dritte sagte: „Aber das klappt nicht. Theta Virginis ist ein Doppelstern. Die da oben auf Parzival jedoch, wenn sie überhaupt einen Stern gemeint haben, versuchten einen Ver änderlichen darzustellen.“
    Man mußte mir wohl meine Verärgerung anmerken, denn Alpak versuchte mich zu trösten. „Nehmen Sie’s nicht so schwer, Stenström“, sagte er. „Unsere Experten sind doch nicht von ge stern. Es hätte Ihnen doch klar sein müssen, daß man auch so schon jeder Möglichkeit nachgegangen ist.“
    „Genau das hat man eben nicht getan“, entgegnete ich ver drossen. „Denn auf der Stele ist kein Veränderlicher dargestellt, sondern tatsächlich ein Doppelstern. Vielleicht bot das System vor zweieinhalb Jahrtausenden einen anderen Anblick für die Beobachtungen von hier, vielleicht auch haben die Tantaliden Genaueres als wir gewußt über die wirklichen Bahnelemente der beiden Komponenten. Aber es ist eben auch bei ihnen ein Doppelstern.“ Ich entfernte die Abdeckung von meinem Kar ton, und da war dann das gesamte Sternbild Jungfrau mit allen seinen vierzehn Sternen aufgetragen. Doch ich hatte keinen gro ßen Spaß mehr daran.
    „Und welcher von all diesen Sternen ist nun Ihrer Meinung nach wirklich gemeint?“ wollte der erste der Astronomen vor sichtig wissen.
    „Natürlich Alpha!“ brummte ich. „Spica! Sie steht eindeutig im Mittelpunkt der Darstellung auf der Stele, und außerdem ist sie von den physikalischen Parametern her überhaupt die einzige Sonne dort, die in Frage kommt.“
    Die Herren kamen dann doch noch auf ihre Kosten, insoweit es ihr Bedürfnis nach modernen Demonstrationsmethoden an ging. Ich hatte nicht umsonst wochenlang mit Hilmar Keslund gearbeitet. Daß Spica ein Planetensystem besaß, war immerhin bekannt, dennoch war es ein reiner Zufall gewesen, daß Keslund mir einige spekulationsergänzte sphärische Optogramme des Systems zur Verfügung hatte stellen können, die gelegent lich der letzten Expedition zur Gemma im vergangenen Jahr hundert von Bord der ARCTUR aus – ebenfalls ein Raum kreuzer der A-Klasse, wie unsere ALGOL, wenn auch die da maligen technischen Einrichtungen nicht mehr mit den gegen wärtigen verglichen werden konnten – aufgenommen worden waren.
    So sahen wir denn, zum Greifen plastisch, Spica in traum stiller Entrücktheit vor nachtblauem Hintergrund ihre geheimnisvollen Kreise ziehen. Die Sonne strahlte wie eine kleine, flammende Orange, und ihre dreizehn Begleiter stiegen und fielen um sie her in warm-goldenem bis kalt-weißem Licht.
    „Ja“, seufzte Semjon Alpak schließlich, „schön wär’s, wenn’s so wär’!“
    „Es ist so!“ sagte ich fest.
    Was die Herren dann schließlich wirklich überzeugte, war dann aber doch wohl nur der Umstand, daß sie sich meiner Auffassung, daß auf der Parzival-Stele Theta Virginis als Doppelstern dargestellt war, anschließen mußten. Ich hatte mir auch hierfür das nötige Archivmaterial besorgt, und in der ent sprechenden Vergrößerung war der

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