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Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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mit Ihnen eine Frequenz abstimmen, über Ihren persönlichen Kommunikator.“ Ich mußte ihm wohl ziemlich ruckhaft den Kopf zugewandt haben, denn er fuhr sofort in besänftigendem und zugleich er klärendem Ton fort: „Keine Verschwörung, Stenström! Wo denken Sie hin! Ich möchte bloß nicht dastehen wie der Dumme, wenn’s losgeht. Sie haben doch da drinnen Dauerschaltung zu Castor. Mich ruft er bloß, wenn’s losgeht. Aber dann kann es vielleicht schon zu spät sein. Schon allein die Schrecksekunde! Ich will einfach vorbereitet sein, das ist alles.“ Und als ich immer noch nichts entgegnete, fast mürrisch: „Ich will kein Versager sein, hören Sie. Ich kann mir das einfach nicht leisten. Und meinen Männern will ich’s auch nicht zumuten. Die wollen wissen, wofür sie draufgehen und warum, wenn’s einmal soweit ist.“
    „Haben Sie kein Vertrauen zum Commodore?“
    „Das ist es nicht“, sagte der Leutnant. „Aber er irrt sich.“
    „Wieso?“
    „Ich rieche das einfach. Das stinkt hier unten. Wie die Hölle stinkt das, und er will es nicht wahrhaben. Ich fürchte, wir haben nur eine Chance: wenn wir als erste reagieren. Nur dann.“
    Er hatte leise gesprochen zuletzt, und sein Gesicht sah mit einemmal seltsam angestrengt, beinahe sogar erschöpft aus.
    „Sie sind so schrecklich jung, Leutnant“, sagte ich nachher und ebenso leise wie er. „Ende zwanzig, schätze ich?“
    „Ja“, sagte er.
    „Warum sind Sie auf diese Reise mitgegangen? Haben Sie denn niemanden zu Hause, für den es lohnen würde, mit ihm gemeinsam alt zu werden? Was um Himmels willen hat Sie hierher verschlagen?“
    „Es ist mein Beruf“, sagte Kraneis. „Ein Mädchen ist da. Na türlich ist ein Mädchen da. Sie ist in den Desintegrator gegan gen.“ Und fast wild: „Ich will zurückkommen zu ihr, verstehen Sie? Das ist es auch! Auch das!“
    Der Desintegrator! Ich hatte davon gehört. Es war die neueste Errungenschaft und bei weitem weniger unheimlich, als es das Wort vermuten ließ. Da wurde nichts zerschmettert, vernichtet oder ausgestoßen aus der Welt des Seienden. Es war nichts weiter als eine Einrichtung, die das überholte Hibernationsverfahren ersetzen sollte. Wer sich dem Desintegrator anvertraute, wurde in einen künstlichen Verzögerungsschlaf versetzt, der im End ergebnis die gleiche Wirkung zeitigte wie die tatsächliche Teil nahme an einem relativistischen Flug. Ich hatte gelesen, daß die Einrichtungen dafür genau auf jener Linie installiert worden waren, auf der die Gravitationskräfte von Erde und Mond ein ander die Waage hielten. Feldfreiheit oder doch annähernde Feldfreiheit war die Voraussetzung dafür, um jene Kräfte wirk sam werden zu lassen, die es vermochten, an den ihnen anver trauten Menschen eine Reisegeschwindigkeit von rund neun undneunzig Prozent der des Lichtes zu simulieren. Mit dem Umlauf des Mondes schwang der Desintegrator nun um die Erde, und wer dort einging, ging also zwar nicht in zerstö rerischer oder unwiderruflicher Weise aus der Welt hinaus, wohl aber doch auf eine Art, die den Abschied für immer be deutete von Vater und Mutter, von Freunden, Geschwistern und Kindern, und die nur eines versprach, nämlich dermaleinst jenen wiederzusehen, der sich im Ablauf einer analogen Zeit verzögerung hinaus in den Raum begeben hatte und vielleicht nach Jahrhunderten irdischen Zeitmaßes – vielleicht! – zurück kehrte.
    Das also war des Leutnants Problem! Das! Jene mehr als vierhundert Jahre, die vergangen sein würden zwischen un serer schon lange in der Vergangenheit liegenden Abreise und unserer ebensolange noch in der Zukunft ruhenden Rückkunft. Das war aber auch unser aller Problem, nur, daß eben kaum jemand darüber sprach. Und da war nun also, hinter uns, in weiter Ferne, ein Mädchen, das nicht leben mochte ohne ihn, den einen hier, und es wußte nicht einmal, genausowenig wie ich oder Kraneis selbst es wußten, ob es nicht dennoch, wenn alle ihr und uns gegebene Zeit abgelaufen war, würde ohne ihn leben müssen.
    Ich kann heute noch nicht sagen, welcher Teufel mich dann ritt. Wahrscheinlich aber war ich nur angerührt auf eine zu tiefst menschliche Weise. Was der Leutnant da von mir ver langte, verstieß eigentlich nicht nur gegen alle Instruktionen, irgendwie verstieß es auch gegen die Moral. Und trotzdem!
    Der persönliche Kommunikator, von dem er gesprochen hatte, gehörte wie das Dosimeter und der Feldindikator zur Alarm ausstattung. Er wies vier Frequenzmöglichkeiten

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