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Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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Tantalus, mit der ALGOL und ebenso mit Castor.
    Unendlich langsam und schwerfällig vermochte ich den Kopf zu wenden, dorthin, woher das leise Ticken kam. Es war mein Dosimeter, das mir vom Hals gerissen worden sein mußte, und ich sah den Glutpunkt auf dem kleinen Gerät mitten im Bereich der Gefahrenzone liegen. Die genaue Röntgenzahl wurde zwar nicht ausgewiesen, doch der Sachverhalt war auch so eindeutig genug. Wenn ich schon wesentlich länger als anderthalb Stun den hier lag, dann konnte ich beruhigt auch weiterhin liegenbleiben. Es würde mir nichts mehr ausmachen. Irgendwer hatte mir einmal gesagt, daß es wohl ein langsamer, aber kein sehr schmerzhafter Tod wäre, an der Strahlenkrankheit zu sterben.
    Ich schloß die Augen und öffnete sie und dachte abermals: Wo sind die Sterne? Will es denn wirklich schon Nacht werden? Oder ein neuer Tag?
    Das erstickte Atmen da seitlich von mir war es dann, was mich endgültig aufriß. Ich wälzte mich auf den Bauch, versuchte mich hochzustemmen, und beschwerlich und nur im Zeitlupentempo kam ich auch tatsächlich auf die Knie. In meinem Schädel dröhnte ein hämmernder Schmerz, und das eine Bein fühlte sich wie taub an.
    Dann erkannte ich, wodurch das Dämmerlicht verursacht wurde. Eine große Felsplatte lag über mir, war beim Absturz auf der einen Seite von jener Felszunge, die den Problemator und mich zum Talkessel hin abgeschirmt hatte, aufgefangen worden und hatte sich mit ihrem anderen Ende tief in das Ge stein hinter mir hineingerammt. Wie ein steil abfallendes Dach lag sie also über mir und mochte wohl den hellen Tag in ein gestaltloses Zwielicht verwandeln.
    Baskow! Der Problemator!
    Das half mir vollends auf die Fuße. Es ging mit mir, wie es den Menschen zu gehen pflegt, wenn über sie ein unfaßbares, sie in ihrem tiefsten Innern treffendes und doch nicht gänzlich zerstörendes Unglück hinweggegangen ist: Ich tat das Nächst liegende, mechanisch, ohne nachzudenken, beinahe stumpf.
    Der Problemator also!
    Ich tastete mich unter der Platte hervor, zögernd, vor Schmer zen mit den Zähnen knirschend, aber unaufhaltsam. Und da sah ich ihn dann liegen. Was heißt liegen – es war ein Wunder, daß er sich überhaupt noch hier oben befand, auf dem schmalen Band, das uns als Beobachtungsstandort gedient hatte. Sein Kopf hing bergabwärts. Dick und massig traten die Adern an den Schläfen und am Halse hervor. Seine Kombination war versengt und zerfetzt. Mit der einen Hand hielt er sich krampf haft und starr an einer Knolle im Felsen fest. Die andere Hand aber – ja, die gab es nicht mehr. Fort war sie, und das Blut strömte aus dem Armstumpf hervor. Es rann ihm über den Oberschenkel und fiel von dort auf das bloße Gestein.
    Zweierlei begriff ich blitzartig: Er lebte noch, und wenn er bei dieser Wunde noch lebte, dann konnte ich nicht lange be wußtlos gelegen haben – eine, zwei Minuten höchstens. Wenn das aber so war, dann war auch noch nichts verloren für mich. Vielleicht auch nicht für ihn.
    Ich achtete nicht mehr auf die Geräusche und Gesprächsfet zen, die aus dem Kommunikator drangen. Ich dachte auch nicht darüber nach, was da geschehen war mit uns. Ich sah nur Baskow dort liegen und wußte, daß ich ihm helfen mußte. Ich riß mein Erste-Hilfe-Gerät aus der Ärmeltasche und schäumte die gräßliche Verletzung des Problemators zu. Wohl selten zu vor empfand ich ein Glücksgefühl, das diesem glich, als ich sah, wie die Blutung mit einem Ruck zum Stehen kam.
    Also ging mich Verschiedenes doch noch an! Der Mensch ist schon ein wundersames Geschöpf.
    Dann versuchte ich Baskow zurück auf sicheren Boden zu ziehen, ihm eine stabile und vielleicht auch bequemere Lage zu geben, und das alles nahm mich schließlich voll in Anspruch und ließ mich die eigenen Beschwerden gänzlich vergessen. Der Problemator atmete nachher leichter, doch ein Zittern lief im mer wieder über seinen Körper hin, und die Finger seiner Lin ken, die ich nur mit großer Anstrengung von der Felsknolle, um die sie sich instinktiv bei seinem Sturz geklammert hatten, zu lösen vermocht hatte, schlossen und öffneten sich in einem fort: auf, zu, auf.
    Wir müssen hier weg! dachte ich. Wir müssen unbedingt und ganz schnell hier weg!
    Als ich unter der Felsplatte hervorgekrochen war, hatte sich das Ticken meines Dosimeters, das ich wieder an mich genom men, beschleunigt, und der Anzeigepunkt war um einige weitere Gradstriche nach oben geklettert.
    Langsam begriff ich, daß mich die

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