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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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ging, per se kein ernstes gewesen, hätte Varro in die gleiche, nämlich ironische Kerbe gehauen. So aber hielt er sich zurück, und sei es nur, um sich an der Verblüffung zu weiden, die Impudicus ergriff. »Mord? Was soll das heißen?«
    Â»Das soll heißen«, begann Probus und winkte den korruptesten Stadtrat, welchen Treveris je erlebt hatte, mit einladender Gebärde heran, »das soll heißen, man hat der bemitleidenswerten Kreatur das Genick gebrochen.«
    Â»Bemitleidenswert?«, echote Impudicus und förderte ein Seidentuch zutage, mit dem er sich die schweißglänzende Stirn betupfte. »Ist das dein Ernst?«
    Â»Natürlich. Oder findet du das Ganze zum Lachen?«
    Â»Auf die Gefahr, dir jegliche Illusion zu rauben, Probus: Hier handelt es sich nicht etwa um einen unbescholtenen Bürger, sondern um einen Gladiator. Und um einen Afrikaner , falls du verstehst, was ich meine.«
    Probus, der sehr wohl verstand, was Sabinus meinte, machte ein angewidertes Gesicht. Dann, nach einem neuerlichen Schluck aus seinem Weinschlauch, drehte er den Leichnam auf den Bauch und deutete auf einen Punkt, welcher sich knapp oberhalb des Kragens befand. »Hier«, erläuterte er und wischte sich den Wein von den Lippen. »Genau hier ist die Halswirbelsäule gebrochen.«
    Â»Wer weiß, vielleicht war es ein Unfall.«
    Â»Tut mir leid, dich diesbezüglich enttäuschen zu müssen.« Probus schnitt eine Grimasse, welche von der Maske eines Komödianten kaum zu unterscheiden war, tauschte einen Blick mit Varro und schob Nigers Tunika in die Höhe. »Tritt näher, Dekurio, hier kannst du etwas lernen.«
    Â»Hüte deine Zunge, Trunkenbold, sonst …«
    Â»Aber, aber, Sabinus«, höhnte Probus, dem das Wortgefecht sichtlich Vergnügen bereitete, »wer wird denn gleich so aufbrausend sein.« Dann deutete er auf die Wunde, welche sich eine Handbreit unterhalb des Schulterblatts befand. »Eine Stichwunde, circa zwei bis drei Fingerbreit tief. Wer das getan hat, muss eine Mordswut im Bauch gehabt haben. Oder Bärenkräfte.«
    Sabinus machte eine wegwerfende Gebärde. »Und woher willst du wissen, dass die Wunde nicht vom Kämpfen herrührt? Schließlich war das sein Beruf.«
    Â»Mit Verlaub, Clarissimus: Eigentlich hätte ich dir mehr Verstand zugetraut.«
    Â»Nimm dich in Acht, Medicus!«, grollte Sabinus, der es für überflüssig hielt, sich zu bücken. »Sonst wird dir das noch mal leidtun.«
    Â»Leid, oh Muster an Rechtschaffenheit, tut mir eigentlich nur der arme Schlucker da.« Ohne Impudicus eines weiteren Blickes zu würdigen, rappelte sich Probus auf, nahm seinen Weinschlauch mit und gesellte sich zu Varro, der den Leichnam nachdenklich musterte. »Oder was meinst du, Stubenhocker?«
    Â»Das gleiche wie du, Probus.«
    Â»Aber?«
    Â»Kein ›Aber‹, Medicus.« Des Anblicks müde, welcher sich ihm bot, klopfte Varro seinem Freund im Vorbeigehen auf die Schulter, bückte sich und breitete das Leinentuch, mit dem der Leichnam verhüllt gewesen war, wieder über ihm aus. Dann, zu seiner eigenen Überraschung, bat er die Götter, sich Nigers anzunehmen. »Auf dass die Seele, welche nicht mehr in seinem Körper weilt, dereinst Frieden finden möge.«
    Â»Das hast du aber schön gesagt Varro. Sag bloß, du bist zu den Christen übergelaufen!«, grinste Sabinus.
    Â»Wenn ja – wäre das schlimm?«
    Â»Aber nein, wo denkst du hin. Auf einen Verrückten mehr oder weniger kommt es nicht mehr an. Weißt du was, Varro? Ich glaube, die Angelegenheit wird sich von selbst regeln. Rom hat schon viele Modetorheiten erlebt – und hat sie allesamt verkraftet. Solang die Armee ihren Mann steht, wird das Imperium fortbestehen.«
    Â»Genau das, mein lieber Sabinus, ist das Problem.« Die Armee, auf die viele offenbar große Hoffnungen setzten, war längst nicht mehr das, was sie einmal gewesen war. Das hatte Varro zu spüren bekommen. Früher, zu Zeiten eines Augustus, war der Dienst in den Legionen noch begehrt gewesen. Heute, knapp 300 Jahre später, war das nicht mehr so. Der Dienst mit der Waffe hatte an Reputation eingebüßt, am meisten in Italien, Ägypten und Griechenland, wo sich kaum noch jemand freiwillig meldete. Heutzutage stammten die meisten Legionäre aus Illyrien, dicht gefolgt von Thrakern und

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