Die Stunde der Gladiatoren
mochte, war dies des Makabren entschieden zu viel. Als makaber, weil dem Anlass seines Besuches nicht angemessen, empfand er darüber hinaus eine Schiefertafel, die im rückwärtigen Teil des Raumes hing. Nicht etwa, weil darauf die Namen von Gladiatoren aufgelistet waren, sondern weil diejenigen, welche nicht mehr am Leben waren, mit dem Buchstaben Î gekennzeichnet waren. Î für ⺠Thanatosâ¹Â â mehr als dieser Vermerk, so schien es, waren dem Lanista die Kämpfer nicht wert.
Mehr Platz nahm dagegen die Ausrüstung des Lanista ein, aus der Zeit, in der er selbst noch in der Arena gestanden war. Um zu erkennen, dass es sich um die Waffen eines Murmillo handelte, musste man kein Experte sein, und so genügte ein Blick, um Varro ins Bild zu setzen. Das obligatorische Holzschwert, Indiz für seine ehrenhafte Entlassung, durfte natürlich nicht fehlen, wobei sich der Advocatus fragte, auf welche Weise der Lanista den Sprung vom Gladiator zum Geschäftsmann geschafft haben mochte.
»Bevor du mich fragst, Dekurio«, erriet Maximinus seine Gedanken und machte eine ausladende Handbewegung, »das alles habe ich mir auf ehrliche Art und Weise verdient. Durch eigener Hände Arbeit.«
Varros Antwort lieà nicht auf sich warten. »Daran hege ich nicht den geringsten Zweifel.«
»Warum bist du dann hier?«
»Das habe ich dir doch gesagt, oder?«
»Zum x-ten Mal: Mit Nigers Tod habe ich nichts zu tun.«
»Das nehme ich dir nicht ab, Maximinus.«
»Und die Beweise, Varro? Wie stehtâs mit denen? Groà daherreden kann schlieÃlich jeder.«
Varro zögerte einen Moment, rang sich dann aber durch, Syphax ein Zeichen zu geben. Dieser nickte und verlieà den Raum.
Argwöhnisch geworden, entledigte sich der Lanista seines Umhangs, legte ihn über die Stuhllehne und beugte sich nach vorn. »Kannst du mir verraten, was das soll?«
Varro lieà sich nicht einschüchtern. »Ehrlich gesagt, Maximinus, bin ich es langsam leid, dir die Würmer aus der Nase zu ziehen. Zum letzten Mal: Was hast du mit Lupicinus zu tun?«
»Lupicinus? Nie gehört.«
»Und das, ohne mit der Wimper zu zucken«, murmelte Varro, den nichts mehr ärgerte als die Lügengespinste, welche ihm andauernd aufgetischt wurden. Dann verschärfte er seinen Ton und sagte: »Um es kurz zu machen, Lanista: Wir â das heiÃt mein Freund Probus und ich â wissen über alles Bescheid. Du kannst lügen, dass sich die Balken biegen. Nützen wird es dir nichts.«
»Und wenn du dich auf den Kopf stellst, Dekurio: Weder habe ich etwas mit Nigers Tod zu tun, noch mit diesem ⦠Wie heiÃt der Kerl doch gleich? ⦠Lupicinus, genau! Komischer Name, oder?«
»Wenn hier jemand zur Komik neigt, dann du, Maximinus!«, konterte Varro und betrachtete ein Plakat, auf dem ein Retiarius samt Netz und Dreizack abgebildet war. Die Farben waren bereits leicht verblasst, die Angaben über Ort, Zeitpunkt und Programm aber gut zu lesen. »Wer verdient sich denn hier eine goldene Nase, die Gladiatoren oder du?«
»Ich wüsste nicht, was dich das angeht, Varro.«
»Für dich âºDekurioâ¹, Maximinus. Aber lassen wir das.« Varro trat ans Fenster. »Zur Sache: Anders als soeben behauptet, ist dir Lupicinus sehr wohl ein Begriff.«
»Worauf willst du �«
»Du weiÃt genau, worauf ich hinauswill, Maximinus. Oder leugnest du, dass ihr euch gestern gestritten habt?«
»Kann ja wohl vorkommen, dass man sich beim Saufen in die Haare kriegt, oder? In einer Taverne gehtâs eben nicht immer gesittet zu.«
»Taverne?«, echote Varro und lächelte genüsslich vor sich hin. »Davon hab ich nichts gesagt!«
»Du kommst dir reichlich schlau vor, was?« Die Gesichtszüge des Lanista verfinsterten sich, und mit der Ruhe, welche er vorgeschützt hatte, war es ein für alle Mal vorbei. »Na schön!«, knurrte er, nicht nur eine, sondern sogar beide Hände zu Fäusten geballt. »Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit. Möchte wissen, was daran so schlimm sein soll.«
»An sich überhaupt nichts, wären da nicht die Drohungen gewesen, welche Lupicinus ausgestoÃen hat.«
»Klingt so, als seist du dabei gewesen.«
»Ich nicht.«
»Na also, woher willst du es dann wissen!«
»Nicht ich, Maximinus, sondern jemand, der dir
Weitere Kostenlose Bücher