Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
aufgehoben und hielt sie fest auf Mercedes gerichtet. Nicht, dass das Ding mir etwas genutzt hätte.
    Mit der anderen Hand schlug Mercedes die Flasche aus Hardins Griff. Die Polizistin stolperte nach hinten.
    »Mercedes, lass sie los«, sagte Rick.
    Sie tat es nicht. Allmählich wurde mein Blick fleckig, und ein Knurren bahnte sich gewaltsam einen Weg aus meiner Kehle. In meinem Innern warf sich die Wölfin hin und her. Wir könnten sie mit den Krallen zerkratzen, wir könnten davonlaufen …
    Irgendwie wusste ich, dass Mercedes mich am Hals gepackt halten und mich immer noch erdrosseln konnte, selbst wenn ich mich in einen Wolf verwandelte.
    »Mercedes!« Rick sprang auf sie zu.
    »Nein!« Arturo packte ihn am Arm und hielt ihn auf. Er griff nach Ricks Handgelenken und legte dann dessen Hände zurück an seinen eigenen Kragen. »Tu es. Du hast es die ganze Zeit vorgehabt, also bring die Sache hinter dich.« Dann wurde er ruhig. Zog sich beinahe selbst in Ricks Arme. Einen Augenblick lang war er immer noch der Gebieter.
    »Arturo …« »Ich bin nicht ihre Schachfigur. Ich habe nicht dreihundert
Jahre gelebt, um ihre bloße Schachfigur zu sein. Du wirst ihnen die Stirn bieten.«
    »Ich habe das nicht gewollt.«
    »O doch, das hast du. Ricardo, vergeude mein Blut nicht.«
    Mercedes ließ mich los. Ich stürzte zu Boden, meinen Hals mit den Händen umklammernd und hustend. An den Stellen, an denen sie zugedrückt hatte, konnte ich blaue Flecken spüren. Hardin berührte mich an der Schulter.
    Zum ersten Mal an diesem Abend schwang ein Hauch Verzweiflung in der Stimme der Sängerin mit. »Arturo. Dreihundert Jahre auf dieser Welt, und du willst noch nicht einmal um dein Leben kämpfen? Das glaube ich dir nicht.«
    Arturo stieß ein bitteres Lachen aus. »Dreihundert Jahre auf dieser Welt, und ich bin nie mein eigener Herr gewesen. Jetzt sehe ich es so klar vor mir. Und ich habe gedacht, für mich gäbe es nichts mehr dazuzulernen.«
    Rick und er wechselten einen Blick. Dann schlug Rick zu.
    Die Schnelligkeit ließ mich zusammenzucken. Das hier passierte nicht. Ich sagte mir immer wieder, dass es nicht passierte.
    Rick stürzte sich auf Arturos Nacken und biss ihm in den Hals. Arturos Kopf wurde zurückgerissen. Er entblößte vor Schmerzen die Zähne, und seine Hände gruben sich in Ricks Arme, die angespannten Sehnen an seinen Fingern zeichneten sich unter der Haut ab. Er trat mit einem Bein um sich, doch Rick hielt ihn fest umklammert, sodass Arturo aufrecht blieb. Ricks Mund blieb auf Arturos
Hals gepresst, seine Lippen bewegten sich scheinbar ewig, während er saugte.
    Mercedes wandte den Blick ab.
    Mir fiel es zuerst an Arturos Hemd auf: Der Stoff seiner Ärmel fiel in sich zusammen. Das Gleiche passierte anschließend mit seiner Hose. Die Kleidung wurde schlaff, verwelkte, dann färbte sich der Stoff selbst schwarz und zerfiel, wurde zu Asche. Der Körper darin verweste - dreihundert Jahre Verfall binnen ein paar Minuten -, verschrumpelte, trocknete aus, verfärbte sich schwarz, verwandelte sich in Asche. Das Ganze breitete sich nach oben bis zu seinem Hals aus, seinem Kopf. Seine goldenen Haare wurden weiß und zerfielen dann zu Staub. Und immer noch presste Rick sein Gesicht daran. Er ließ sich auf die Knie fallen und stützte Arturo - was noch von Arturo übrig war -, während dieser sich auflöste.
    Schließlich, als nichts mehr da war, richtete Rick sich auf, ließ graue Asche durch seine Finger gleiten und wischte sie sich vom Gesicht. Der Staub verunstaltete die Vorderseite seiner Kleidung und hatte Streifen auf seinen Ärmeln hinterlassen, auf denen außerdem Blutflecke zu sehen waren.
    Arturo war kein böser Mensch. Ein vieldeutiger Mensch vielleicht, der ein paar ziemlich schlimme Dinge getan hatte. Aber ich hatte ihn nicht sterben sehen wollen. Er oder Rick, sagte ich mir immer wieder. Er oder Rick.
    Rick wandte sich an Mercedes. »Ich habe sein Blut. Blut ist alles, und alles, was ihm gehörte, gehört nun mir. Sein Land, seine Leute, seine Macht. Mercedes, geh und sag
ihnen, dass diese Stadt mir gehört und dass sie gut geschützt ist.«
    »Ich sollte Sie verhaften. Wegen Mordes. Sie beide«, flüsterte Hardin. Sie hatte die Augen weit aufgerissen, beinahe als stehe sie unter Schock.
    »Er ist vor dreihundert Jahren gestorben«, wisperte ich. Handelte es sich trotzdem um Mord? Zu diesem Zeitpunkt waren das semantische Haarspaltereien.
    »Dieser Ort fällt nicht unter Ihre Zuständigkeit, Detective«,

Weitere Kostenlose Bücher