Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman
überflutet, jede Nervenfaser voll Gefühl - es war die Zeit der Wölfin. Ich begann ihn durch die Augen der Wölfin zu sehen, wild und voller Leben.
Er atmete an meinem Ohr. »Du zuerst diesmal. Ich möchte dir zusehen.«
Ich roch ihn: Haut und Schweiß, Pheromone, Verlangen, Bedürfnis. »Wirst du es schaffen?«
»Ich glaube schon.«
Ich hatte immer abgewartet, um sicherzugehen, dass es Ben gutging, während er sich verwandelte. Hatte ihn getröstet. Wahrscheinlich hatte er es nicht nötig, bewacht zu werden - es geschah zu meinem eigenen Seelenfrieden. Unsere Wölfe riefen einander - sie wollten sich gemeinsam verwandeln. Konnte er sich zusammenreißen, während er mir zusah?
Vielleicht wollte er bloß sehen, ob er sich beherrschen konnte .
»Okay«, sagte ich leise. Ich küsste ihn; er erwiderte meinen Kuss hungrig, doch ich entzog mich ihm - neckte ihn. Ich konnte nicht anders. Es war sie, die Wölfin, die ihn
dazu bringen wollte, sie zu jagen. Sie konnte sein Verlangen spüren und schürte das Feuer.
Ich wich zurück, einen langsamen Schritt nach dem anderen. Mir war so heiß, in meinen Eingeweiden war ein so dicker Knoten aus Energie, dass ich hätte schreien können. Sie kratzte an meiner Haut und kämpfte darum, hinausgelassen zu werden. Ich musste nur ausatmen, mich gehenlassen, und sie würde aus mir hervorbrechen. Ich sah Ben in die Augen. Er stand gekrümmt da, die Hände zu Fäusten geballt, und sein Atem ging zu schnell. Doch er sah mich unverwandt an.
Auf einmal ließ ich los, beugte den Kopf, den Rücken, und mir wurde schwarz vor Augen, als der Schleier wegglitt.
Sie schüttelt das Fell, und jedes Härchen ist aufgeladen, sprüht Funken. Sie spannt die Muskeln an, bereit loszulaufen - sie geht auf der Stelle, hüpft und springt, hebt den Kopf und erwidert den Blick dessen, mit dem sie reist, der blassen Gestalt, deren weit aufgerissene Augen sie beobachten.
Hier ist ihr Männchen - immer noch auf zwei Beinen. Sie winselt leise auf, bellt kurz, ruft ihn.
»Mein Gott, sieh dich nur an. Du bist umwerfend.«
Sie trabt vorwärts, stößt ihn mit der Schnauze an. Er streckt die Nicht-Pfote nach ihr aus, streicht ihr damit über das Fell. Das Gestreicheltwerden ist sowohl eigenartig als auch angenehm. Sie entwindet sich ihm, winselt erneut - jetzt, es ist an der Zeit, komm jetzt …
Also tut er es, krümmt sich, stöhnt, und das Geräusch ändert sich, klingt nicht mehr so falsch, sondern immer richtiger,
bis es zu einem Heulen wird, in das sie einstimmt. Sie füllen den Wald mit ihrem Lied an. Er keucht ein wenig auf, ist seine Beine und den Pelz und die Stimme immer noch nicht gewöhnt. Immer noch ein Junges, aber jedes Mal ein Stück stärker. All ihre Hoffnungen und ihr Verlangen und ihre Macht strömen ihm entgegen - sie beherrschen diesen Wald gemeinsam. Sie begrüßt ihn, leckt ihn ab, schnappt nach ihm, lässt sich das Gleiche von ihm gefallen. Sie winden sich umeinander, ein Knäuel aus Fell und muskulösen Körpern.
Dann läuft er in den Wald. Es ist eine Überraschung - diesmal führt er die Jagd an. Sie muss sich aufrappeln, um nicht den Anschluss zu verlieren. Sie jagen, die Schnauzen am Boden, und folgen dem Zickzackkurs ihrer Beute.
Er ist es, der das Reh findet, ein kleines, aber groß genug, um sich daran gütlich zu tun. Es steht im Gegenwind, hat sie also noch nicht gewittert. Sie halten gemeinsam inne. Können sie es tun? Noch niemals haben sie zusammen etwas derart Großes gejagt. Er ist begierig, er hat Blut geschmeckt, hat Jagd darauf gemacht, und die Lust erfüllt ihn voll und ganz, denn in erster Linie sind sie nun einmal Jäger. Er stößt ein frustriertes Winseln aus, weil sie zögert. Er möchte sich darauf stürzen, sich in seine Keulen verbeißen, es zu Fall bringen. Gemeinsam können sie es, einer an seinen Keulen, einer an seiner Kehle. Sie weiß das, sieht das Bild in Gedanken vor sich. Seine Glieder zittern, so sehr möchte er Jagd darauf machen.
Doch sie hält sich zurück.
Dann ist es verschwunden. Es hebt den Kopf, stellt die Ohren schräg und wittert etwas, das es zur Flucht treibt. Es
springt um Bäume und Gebüsch. Jetzt würde es zu viel Anstrengung kosten, Jagd darauf zu machen.
Er schüttelt sich, kratzt frustriert in der Erde, stellt die Ohren in ihre Richtung auf. Sie schnappt nach ihm und trabt davon, auf der Suche nach einem leichteren Tier, das sie mit wenig Mühe fangen kann.
Einen Augenblick später folgt er ihr, weil sie ein Rudel
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