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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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aus, um Ben den Mund zu schließen. Er blinzelte, ebenfalls gebannt.
    »Sie ist beeindruckend«, sagte er.
    »Willst du sie kennenlernen? Ich habe einen Backstagepass.«
    »Machst du Witze?«
    »Die Vorteile meines Jobs, Baby.«
    »War … habe ich es mir nur eingebildet? Ist sie wirklich …«
    »Ja. Deshalb bin ich hier. Komm schon.«
    Ich ergriff seine Hand und zog ihn in den Gang. Im Foyer folgte ich meiner Nase zu einem Seitengang, der zu einer unscheinbar aussehenden Tür führte. Wir schlüpften hindurch und befanden uns im Chaos hinter der Bühne. Kabel und Beleuchtungskörper schmückten im Schatten liegende Betonwände. Samtvorhänge hingen von einer Decke, die man in der Dunkelheit nicht ausmachen konnte. Das Ganze hatte eigenartigerweise sowohl etwas Anheimelndes als auch etwas Industriemäßiges. Musiker trugen Instrumentenkoffer von der hell erleuchteten Bühne.
    Ich sah niemanden, der offiziell wirkte. Bei den meisten Rock- und Popkonzerten hätte uns ein ganzer Schwarm an Mitarbeitern und Security-Leuten daran gehindert, so weit vorzudringen. In Gedanken hatte ich mir zurechtgelegt, was ich sagen würde, um an ihnen vorbei zu Mercedes zu gelangen. Doch niemand hier schenkte mir die geringste Aufmerksamkeit. Ich war beinahe erleichtert, endlich eine ganz in schwarz gekleidete Frau mit Kopfhörern zu sehen. Doch ich musste ihr den Weg abschneiden.
    »Können Sie mir vielleicht helfen? Man hat mich eingeladen,
Ms. Cook nach der Vorstellung einen Besuch abzustatten. Wissen Sie, wo ich sie finden kann?«
    Ohne Umschweife zeigte die Technikerin Ben und mir einen Korridor im hinteren Teil des Gebäudes, in dem sich die Garderoben befanden.
    »Und?«, fragte ich Ben. »Bist du bereit?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Du bist der Boss.«
    »Vergiss nicht, sie ist ein Vampir. Total unheimlich. Lass dich nicht von ihr verführen.«
    »Hey«, erwiderte er empört, und ich klopfte.
    »Herein«, sagte Mercedes Cook in ihrem satten Mezzosopran.
    Während ich die Tür aufstieß, drehte sich die wunderschöne rothaarige Frau, die vor einem langen, hell erleuchteten Schminktisch saß, zu mir um. Sie hatte einen schwarzen Seidenmorgenmantel über ihr Kleid gezogen. Ihr Gesicht war perfekt geschminkt, wenn auch ein wenig stark, weil sie auf der Bühne gestanden hatte. Kosmetikprodukte verdeckten den charakteristischen blassen Vampirteint. Sie sah lebendig aus, viel lebendiger als sämtliche Vampire, denen ich je begegnet war. Und ihr Spiegelbild war völlig klar zu erkennen.
    Vasen voller Blumen bedeckten den Tisch und Teile des Bodens, sodass in dem Zimmer eine tropische, berauschende Atmosphäre herrschte.
    »Sie müssen Kitty Norville sein«, sagte sie.
    Ich streckte ihr meine Hand entgegen, und sie schüttelte sie tatsächlich, nachsichtig lächelnd. Ihr Griff war kühl. Ich wies über meine Schulter. »Das ist ein Freund von mir, Ben.«

    »Großartige Vorstellung, Ms. Cook«, sagte Ben diplomatisch. Er hielt sich einen Schritt hinter mir, damit ich meinen eigenen Schlamassel anrichten konnte.
    »Vielen Dank.« Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Bitte treten Sie ein, setzen Sie sich. Ich glaube, es gibt hier irgendwo noch zwei Extrastühle.« Wir fanden sie, und ich schob meinen nah zu ihr, als wären wir alte Freunde.
    Fast nie hatte ich die Gelegenheit, mich auf ein Interview vorzubereiten, indem ich mich vorher mit dem Interviewpartner traf und mit seinen Reaktionen auf meine Fragen vertraut machte. Binnen weniger Augenblicke nahm Mercedes mir jegliche Befangenheit. Ich hatte jetzt schon das Gefühl, dass es ein fantastisches Interview werden würde.
    »Vielen Dank für die Karten. Wir haben es sehr genossen.«
    »Das freut mich. Heute Abend hatte ich ein gutes Publikum, aber ich bin mir nie ganz sicher. Vielleicht sind sie bloß höflich.«
    Freundlich, liebenswert - sie sprach noch nicht einmal wie ein Vampir. Vielleicht war sie jung - für einen Vampir - und hatte sich noch nicht die jahrhundertealte Arroganz angeeignet. Beinahe hätte ich schon nachgefragt, doch dann hob ich es mir lieber für das morgige Interview auf.
    »Wenn Sie sich bereiterklären, morgen während des Interviews Telefonanrufe entgegenzunehmen, werden Sie Gelegenheit haben, Ihre Fans selbst zu fragen.«
    »Darauf freue ich mich schon. Ich habe schon viele Interviews
gegeben, aber noch nie eines wie dieses.« Ihr Lächeln strahlte. Nicht die Spur eines Reißzahns zu sehen. Sie schien aufrichtig froh über das Interview zu sein.

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