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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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nicht zu sehen. Hier konnten wir unsere Kleidung deponieren und hätten einen sicheren Ort, an den wir zurückkehren konnten, um uns auszuschlafen. Und die Höhle befand sich relativ nahe beim Wagen, sodass wir am Morgen schnell die Flucht antreten konnten.
    Ich fing an, mich zu entkleiden und zog mir das Hemd aus. Shaun folgte meinem Beispiel. Ben beobachtete uns.
    »Das hier ist seltsam«, sagte Ben. »Es vor einem Fremden zu tun. Es ist, als hätte man Sex, ohne die Vorhänge zugezogen zu haben.«
    Er hatte keine Erfahrung mit einem echten Rudel, in dem Nacktheit nichts Sexuelles bedeutete, sondern einfach ganz natürlich war. Er hatte sich immer nur verwandelt, wenn wir beide unter uns waren. Und ja, wenn man am folgenden Morgen zusammengerollt aufwachte, war gewöhnlich auch Sex mit im Spiel. Eigentlich konnte ich ihm keinen Vorwurf daraus machen, dass er die Verbindung gezogen hatte. Ich tat es trotzdem.
    »Würdest du mal mit den schmutzigen Gedanken aufhören?«
    »Können wir ihm vertrauen?« Auf einmal klang er ernst.
Und er hatte Recht. Es herrschte Krieg, und es gab Spione. Ich kannte Shaun nur als jemanden aus meinem alten Leben, der Carl nicht gemocht hatte.
    »Ihr könnt mir vertrauen«, sagte Shaun, ohne Hemd, den Reißverschluss seiner Jeans geöffnet, halb ausgezogen. »Ich vertraue ihr.« Er bedachte mich mit dem Blick, mit dem ein untergeordneter Wolf seinen Alpha ansah. Dieses konzentrierte Starren, während man wartete, bis man gesagt bekam, was man machen, wann man losspringen sollte.
    Ich hatte nichts getan, um mir dieses Vertrauen zu erwerben. Noch nicht. Ich hatte es nicht verdient. Es war mir nicht gelungen, Jenny zu retten. Ich nickte ihm zu. Zu mehr war ich nicht in der Lage.
    Er zog sich vollständig aus. Seine Haut war von einem Schweißfilm überzogen. Seine Hände verwandelten sich bereits, verdickten sich, und er machte einen Buckel. Ben sah es; er hatte ebenfalls die Hände zu Fäusten geballt, und seine Haare waren feucht. Auch er stand kurz davor.
    »Ben.« Als ich seine Hand berührte, öffnete sie sich, um nach meiner zu greifen. Ich drängte mich dicht an ihn. »Ich brauche dich, okay? Ich brauche deine Hilfe. Ich kann das hier nicht allein machen.«
    »Du scheinst das ganz gut hinzubekommen.« Seine Wange strich an meiner entlang. Mit der freien Hand streichelte er mir den Rücken. Gott, ich wollte ihn! Am liebsten hätte ich die ganze Sache hingeschmissen und wäre mit ihm in die Wälder gelaufen.
    Wir küssten uns, und die Berührung war heiß, heftig, verzweifelt. Ein letzter Kuss vor der Schlacht.

    »Später«, flüsterte ich in der Hoffnung, er habe an das Gleiche gedacht. Er nickte.
    Ganz in der Nähe ächzte Shaun - beziehungsweise das Wesen, das eben noch Shaun gewesen war. An seiner Stelle schüttelte ein dunkler, silbriger Wolf sein Fell aus und wandte sich mit funkelnden Augen zu uns um. Sein Schwanz hing tief, fragend.
    Ben zitterte, denn er hielt seinen eigenen Wolf zurück. Ich begann, ihm das Hemd aufzuknöpfen. »Komm schon. Es wird Zeit.«
    Er hatte fast seine gesamte Kleidung ausgezogen, als er schließlich hinfiel, sich aus der Unterhose freistrampelte, während er sich verwandelte, seine Knochen schmolzen und die Haut dahinglitt, die andere Gestalt aus ihm hervorbrach und ihn verschluckte. Er machte kein Geräusch, hielt ganz still und ließ es einfach geschehen. Dahinfließendes Wasser war das Bild, mit dem ich es immer beschrieb. Sein Wolf war von einem rostigen Grau, das an seiner Schnauze und am Bauch cremefarben wurde. Die beiden Wölfe näherten sich einander mit gesenkten Köpfen, schnüffelnd. Ben knurrte, und Shaun duckte sich, den Schwanz fest zwischen die Beine geklemmt. Mehr brauchte es nicht. Die Rangordnung im Rudel war hergestellt. Ben war das Alphamännchen. Seltsamerweise war ich stolz auf ihn.
    Ich betrachtete meine beiden Wölfe. Als ich mich hinkniete, kamen sie auf mich zu, rieben sich an mir, rochen an mir, und ich streichelte sie. »Danke, dass ihr an mich glaubt.« Vielleicht verstanden sie mich, vielleicht aber auch nicht. Doch Ben wedelte einmal mit dem Schwanz.
    Los, los, los …
    Die Wölfin hatte Recht. Ich konnte es nicht länger zurückhalten.
     
    Es herrscht Krieg.
    Jetzt kommt die Schlacht, jetzt herrscht Chaos, jetzt werden Tabus gebrochen, und man drängt in das Revier eines anderen Rudels. Sie sucht nach diesem fremden Geruch, lässt sich davon umgeben - angesichts der drohenden Gefahr sträubt sich ihr das Fell, und in

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