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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ihrer Kehle lauert ein Knurren.
    Und dennoch sucht sie danach, und die Gefahr lässt sie erschauern. Sie weiß: Wir sind stärker, wir werden gewinnen, wir müssen.
    Sie hat ein Rudel. Ein kleines, aber ihres, und sie folgen ihr, ihr Männchen und der andere, an ihren Flanken. Dank ihrer weit ausholenden Schritte - manchmal traben sie, manchmal springen sie - legen sie viele Meilen über Ebenen und in den Hügeln zurück. Ständig hinterlassen sie an Verbindungsstellen und Grenzen ihre Markierungen. An den stinkenden Orten, an denen das andere Rudel sein Revier markiert hat, verweilen sie ganz besonders lange.
    Das Ganze hat auch etwas Freudiges, und sie legt manchmal eine Pause ein, damit ihre Wölfe spielen können, aufeinander zuspringen, schnappen, kneifen. Ihr Männchen stößt auf ein Kaninchen, und sie fressen es. Dann rennen sie wieder weiter, die Schlacht nicht vergessend.
    Das Herannahen der Morgendämmerung spürt sie mehr, als dass sie die Anzeichen wahrnimmt - den helleren Himmel, den ersten Vogelgesang. Genau wie die Dringlichkeit
des Krieges sie die paar Stunden in der Nacht angetrieben hat, warnt die gleiche Dringlichkeit sie, dass sie vor Tagesanbruch von hier verschwunden sein müssen. Sie müssen schlafen, also führt sie ihr Rudel zurück in die Höhle. Die drei legen sich hin, zusammengerollt, die Schnauzen von den Schwänzen bedeckt, einander berührend, sicher in der Gegenwart der anderen.
     
    Ich erwachte an einem fremden Ort, fühlte mich auf fremde Weise beengt. Ich lag auf der Seite, auf trockenem Gras, über mir ausladende Kiefernäste. Ben befand sich vor mir, den Kopf an meiner Brust, einen Arm über meiner Taille, den anderen zwischen uns. Er schnarchte leicht - es war unglaublich süß. Ein anderer Körper presste sich dicht an meinen Rücken, tief atmend im Schlaf - Shaun.
    Ein Rudel. Wie Hunde inmitten eines Haufens nackter Körper aufzuwachen, sicher und behaglich aufgrund der Wärme der anderen. Ich hatte ganz vergessen, wie das war. Am liebsten hätte ich stundenlang in dem Gefühl geschwelgt.
    Doch wir waren nicht in Sicherheit. Wir befanden uns in feindlichem Gebiet, und wir hatten eine Urinzeitbombe gelegt, die jeden Augenblick explodieren würde.
    Ich stieß Shaun mit dem Ellbogen an und schüttelte Ben. »Kommt schon. Wir müssen los. Auf, auf, auf, Jungs.«
    Ben stöhnte und packte mich fest an den Armen, hielt mich still, während er sich enger an mich schmiegte. Seine Augen waren geschlossen, und es war schwer zu sagen, ob er wach war. Dann fing er an, mich abzuküssen,
arbeitete sich zu meinem Ohr vor, an dem er zu knabbern begann.
    Er wusste zweifellos, wie man mich herumbekam. Beinahe wäre ich schwach geworden. »Ben … das … das ist nicht …« Ach, komm schon, sagte eine leise Stimme … Das war wunderbar . Eigentlich war es eine sehr laute Stimme.
    O nein! Es gab so viele Gründe, weshalb dies weder der rechte Ort noch der rechte Zeitpunkt hierfür war. »Ben, warte.« Ich entzog mich ihm und nahm sein Gesicht in meine Hände. Endlich machte er die Augen auf. Dann wanderte sein Blick über meine Schulter zu Shaun, der hinter mir saß und uns beobachtete.
    »Wegen mir müsst ihr nicht aufhören«, sagte er mit einem Lachen hinter seinem anzüglichen Grinsen.
    Ben schenkte mir einen Blick - verschmitzt und offensichtlich verdrossen. »Dazu habe ich mich aber nicht freiwillig gemeldet«, sagte er und nickte Shaun zu.
    »Du hast dich zu nichts hiervon freiwillig gemeldet.« Ich küsste ihn auf die Stirn.
    »Ozzie und Harriet«, sagte Shaun und schüttelte erneut den Kopf.
    Ich starrte ihn erbost an. »Verschwinden wir von hier.«
    Shaun lächelte. Er wirkte viel zufriedener mit der Welt, als ihm eigentlich zustand. »Es ist gut, dich zurückzuhaben, Kitty. Zurück und erwachsen.«
    Ich dachte darüber nach, wie ich damals in seinen Augen ausgesehen haben musste: Schwach. Ich hatte mich klein gefühlt, verletzlich, allen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Dann verschwand ich monatelang und kam
als Kriegstreiberin zurück. Und das machte ihn glücklich? Er musste etwas gesehen haben, das mir entgangen war.
    »Danke«, sagte ich und hielt ihm die Hand hin. Er ergriff sie, sicherte sich ein Zeichen von Rudelsbanden, Freundschaft. Ich wollte schon beide Männer gleichzeitig umarmen, egal, wie sehr Ben herummurren würde.
    Doch Ben sah in die Ferne, über den Hügel, durch die Bäume. »Da kommt jemand.«
    Mist. Zu spät. Wir hatten zu lange gewartet.
    »Wer?«,

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