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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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Großvater. Er hat die Vermisstenanzeige aufgegeben.«

    Â»Nur ihr Großvater. Was ist mit den Eltern? Was haben sie zu sagen?«
    Er musterte die Akte einen Augenblick. »Da ist eine Adresse. Es könnte nützlich sein, bei ihnen vorbeizuschauen. Das können wir morgen erledigen. Finden wir erst mal heraus, ob mein Wagen abgeschleppt worden ist.«
    Ben hatte sein Auto auf dem Parkplatz eines Motels in Farmington stehen lassen, etwa dreißig Meilen von Shiprock entfernt. In dem Motel waren er und Cormac während ihres vom Unglück verfolgten Jagdausflugs abgestiegen. Nach zwei Wochen stand der Wagen immer noch unbemerkt auf dem Parkplatz. Es war einer dieser Orte, die langsam im Erdboden versinken könnten, ohne dass jemand in Panik geriete. Das Motel war Teil einer landesweiten Kette, doch das änderte nichts an dem Hauch von Alter und Ermüdung, der über dem Ganzen lag. Über der ganzen Region.
    Â»Dann sehen wir mal nach, ob die Scheiben eingeschlagen sind und das Radio fort ist«, sagte er mit einem matten Lächeln.
    Dem war nicht so. Sein Laptop und andere Habseligkeiten waren im Kofferraum weggesperrt. Doch die Reifen waren aufgeschlitzt. Alle vier Räder ruhten auf ihren Felgen.
    Er starrte sie lange an. »Ich werde mich nicht beschweren. Ich werde mich auf keinen Fall beschweren. Das lässt sich reparieren.«
    Ich musste ihm beipflichten. Wenn sich etwas reparieren ließ, beschwerte man sich nicht.
    Er holte seine Sachen aus dem Kofferraum und ging uns dann ein Zimmer mieten.
    Die Mauern des Gebäudes boten keinen Schutz gegen
die eigenartige Atmosphäre. Es kam mir vor, als könnte ich ein Heulen hören, doch es war in meinem Kopf. In der Luft lag kein richtiges Geräusch.
    Ben blieb lange auf und machte sich erneut mit dem Inhalt seiner Aktentasche und des Laptops vertraut. Noch mehr Internetrecherche, noch mehr Notizen. Ich wollte, dass er ins Bett kam. Ich wollte gehalten werden.
    Da fiel mir ein, dass Samstag war, und ich schaltete den Radiowecker neben dem Bett ein.
    Â»Ihr lauscht Ariel, Priesterin der Nacht.«
    Als hätte ich es nötig, mich noch mehr deprimieren zu lassen. Ich lag auf dem Bett und starrte an die Decke. Ben warf mir finstere Blicke zu.
    Â»Musst du dir das anhören?«
    Â»Ja«, sagte ich kurz angebunden. Er erhob keinen Widerspruch.
    Ariel murmelte weiter. »Gehen wir zum nächsten Anrufer über. Ich habe Trish in der Leitung. Sie versucht sich zu entscheiden, ob sie ihrer Mutter erzählen soll, dass sie vor zwei Jahren mit Lykanthropie infiziert und zum Werwolf geworden ist. Jetzt kommt der Knaller: Ihre Mutter hat Krebs im Endstadium.«
    Seltsamerweise begriff ich auf einmal den Reiz einer solchen Sendung, und warum die Leute sich meine Show anhörten. Da draußen gab es immer jemanden, der noch größere Probleme hatte als man selbst. Man konnte eine Zeit lang die eigenen Sorgen vergessen. Oder sich insgeheim hämisch freuen: Wenigstens bin das nicht ich.
    Â»Hi, Ariel.« Trish hatte geweint. Ihre Stimme hatte etwas Gezwungenes, völlig Erschöpftes.

    Â»Lass uns darüber reden, Trish. Erzähl mir, wieso du meinst, du solltest deiner Mutter nicht sagen, was passiert ist.«
    Â»Wozu denn? Ich werde sie bloß aus der Fassung bringen. Ich möchte das nicht. Wenn es stimmt – wenn sie tatsächlich nicht mehr lange zu leben hat –, möchte ich nicht, dass sie die Zeit damit verbringt, mir böse zu sein. Oder Angst vor mir zu haben. Und wenn sie einmal tot ist … wird es nicht mehr wichtig sein. Es ist nicht wichtig.«
    Â»So, und warum meinst du, dass du es ihr erzählen solltest? «
    Trish atmete scharf ein. »Sie ist meine Mutter. Ich glaube … manchmal glaube ich, dass sie längst weiß, dass etwas nicht stimmt. Dass mir etwas zugestoßen ist. Und was, wenn es doch wichtig ist? Was, wenn sie stirbt, und es gibt ein Leben nach dem Tod? Dann wird sie es doch erfahren. Sie wird sterben, und ihre Seele wird weiter existieren und alles wissen, und sie wird enttäuscht sein, dass ich es ihr nicht gesagt habe. Dass ich es geheim gehalten habe.«
    Â»Obwohl du weißt, dass es sie aus der Fassung bringen wird.«
    Â»Ich kann nicht gewinnen, so oder so.«
    Â»Gibt es jemand anderen in der Familie, mit dem du reden kannst? Jemand, der dir vielleicht helfen kann zu entscheiden, was das Beste für sie ist?«
    Â»Nein, nein. Es

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