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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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aufgegeben? Familien, die nicht wissen wollen, wohin ihre Kinder verschwunden sind, tun das normalerweise nicht.«
    Â»Es ist keine normale Familie«, sagte Tsosie, fast mit einem Lächeln.
    Â»Und wenn ich den Leuten einen Besuch abstatte, um mich mit ihnen zu unterhalten?«
    Â»Viel Glück! Es ist unmöglich, mit den Wilsons fertig zu werden.«
    Der Polizist wirkte nervös. Er sah sich ständig um – blickte über die Schulter, in Richtung Tür, als erwarte er, von jemandem gerügt zu werden. »Wollen Sie einen Rat? Hören Sie auf, nach ihr zu fragen. Sie war eine echt üble Zeitgenossin. Die ganze Familie ist so. Es wird Ihnen nicht gefallen, was Sie finden werden, wenn Sie weiter herumschnüffeln.«
    Ben sagte: »Wären Sie bereit, das vor Gericht zu bezeugen?«
    Der Officer schüttelte rasch den Kopf – ängstlich, wie mir schien. »Ich will damit nichts zu tun haben.«
    Ben beugte sich vor und knurrte beinahe. »Ich bin der Anwalt des Mannes, der sie erschossen hat. Ich muss beweisen, dass es eine rechtmäßige Tötung gewesen ist, und Sie müssen mir dabei helfen.«
    Tsosie presste einen Moment die Lippen aufeinander, während er zögerte. Dann fällte er eine Entscheidung. Seine Gesichtszüge verrieten es. »Einen Augenblick.«
    Er ging zu einem Aktenschrank an der Seite des Zimmers.
Nachdem er die oberste Schublade aufgezogen hatte, blätterte er rasch ein paar Mappen durch, zog eine hervor und betrachtete einen Moment lang die erste Seite. Dann brachte er die ganze Mappe herüber und legte sie geöffnet vor Ben auf den Tisch. »Nehmen Sie das«, sagte er. »Nehmen Sie alles. Und Ihr Mandant? Danken Sie ihm in unserem Namen.«
    Â»Ja, mache ich«, sagte Ben, ein wenig außer Atem. »Danke. Sehen Sie mal, es würde ihm wirklich helfen, wenn ich eine Aussage von Ihnen bekäme. Bloß eine unterschriebene Aussage.«
    Â»Ich bin mir nicht sicher, ob ein Richter sich für das interessieren würde, was ich über sie zu sagen hätte.«
    Â»Alles würde helfen.«
    Er bekam seine Aussage. Ein Absatz, vage, doch das Schreiben wies den Briefkopf des Reviers auf sowie eine Unterschrift. Es war ein Anfang.
    Als wir gingen, sah Tsosie uns nach. In seinen Augen brannte eine beunruhigende Intensität.
    Â»Was war das denn?«, fragte ich auf dem Weg zum Auto. Diesmal fuhr ich, während Ben den Inhalt der Mappe durchsah.
    Â»Wir haben eben mit angesehen, was passiert, wenn die Polizei jemanden aus dem Verkehr ziehen will – entweder einsperren oder mit Hilfe einer Kugel im Kopf –, aber nicht das Recht hat, es selbst zu tun. Miriam hat hier jemanden ziemlich sauer gemacht, aber aus irgendeinem Grund – keine Beweise, kein wirkliches Verbrechen – konnte man ihr nichts anhaben. Tsosie hat seine Dankbarkeit zum Ausdruck gebracht, dass es jemand anders erledigt hat.«

    Â»Warum sagt er dann nicht für Cormac aus?«
    Â»Wenn sie keine Beweise gegen sie haben, dann ist er bloß ein verbitterter Polizist, der über eine Frau von hier lästert, die keiner mochte.«
    Â»Was hat sie angestellt?«
    Â»Das ist die Millionen-Dollar-Frage.« Er blätterte um und las. »Sieht aus, als wäre sie ein paarmal verhaftet worden. Trunkenheit und öffentliche Ruhestörung, Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Vandalismus. Typischer Fall von Jugendkriminalität. Eine ungezogene Jugendliche, die dabei war, auf die schiefe Bahn zu geraten. Nichts Ungewöhnliches. Aber hier ist etwas.« Er schob zwei Blätter beiseite und las einen maschinegeschriebenen Bericht. »Eine kleine Familiengeschichte. Ihre ältere Schwester Joan ist vor etwa drei Monaten gestorben.«
    Â»Wie denn?«
    Â»An Lungenentzündung. Natürlicher Tod. Sie ist erst dreiundzwanzig gewesen.«
    Â»Was hat das dann in einer Polizeiakte zu suchen?«
    Â»Jemand hat es für wichtig gehalten. Es ist kurze Zeit vor der Vermisstenanzeige passiert. Vielleicht besteht da eine Verbindung. Vielleicht ist sie deshalb ausgerastet. Und hier ist der Totenschein ihres Bruders John. Zwei Schusswunden. Keinerlei Ermittlungen.«
    Â»Findest du das nicht eigenartig?«
    Â»Anscheinend ist auch in seinem Fall niemand allzu traurig über seinen Tod gewesen. Die beiden müssen ein ganz schönes Pärchen abgegeben haben. Hier steht es: Lawrence Wilson, ihr

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