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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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weit aufgerissen und starrte auf Schatten, auf die Erinnerung, die seinen Nerven immer noch Nahrung gab.

    Dann sah er Cormac direkt an. »Bring mich um«, sagte er durch zusammengepresste Zähne. »Du sollst mich umbringen. «
    Cormac hatte Bens Arm über der Schulter und trug seinen Cousin praktisch, als wir die Stufen zur Veranda erklommen.
    Â»Cormac!«, zischte Ben. Seine Stimme war ein schroffes Knurren. »Bring mich um.«
    Er sagte es immer wieder.
    Ich schob ihn durch die offene Eingangstür. »Ins Schlafzimmer da hinten.«
    Ben wehrte sich jetzt weniger heftig. Entweder wurde er allmählich müde oder verlor erneut das Bewusstsein. Wir gingen ins Schlafzimmer und beförderten ihn aufs Bett.
    Ben wand sich und stieß dann ein Geräusch aus, das als Winseln begann und zu einem ohrenbetäubenden Schrei anschwoll. Sein Körper bäumte sich auf, und er schlug um sich, von einer Art Anfall gepackt. Ich hielt ihn an den Schultern, lehnte mit meinem ganzen Körpergewicht auf ihm, während Cormac seine Beine umklammerte.
    Ich ließ meine Hände zu seinem Gesicht wandern, um seinen Kopf still zu halten und ihn dazu zu bringen, mich anzusehen. Sein Gesicht glühte und war schweißbedeckt.
    Â»Ben! Sch, ruhig, ruhig«, murmelte ich und versuchte, gelassen zu sein, ihn zu besänftigen, doch mir selbst klopfte das Herz bis zum Hals.
    Endlich trafen sich unsere Blicke. Er schlug die Augen auf und sah mich an, wich nicht aus. Er beruhigte sich. »Dir wird nichts passieren, Ben. Alles wird gut, alles wird gut.«

    Ich sagte die Wörter rein mechanisch, ohne daran zu glauben. Im Grunde wusste ich selbst nicht, warum ich erwartete, dass sie ihn beruhigen würden.
    Â»Kitty.« Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse, zuckte zusammen und sah aus, als würde er gleich erneut schreien.
    Â»Bitte, Ben, bitte beruhige dich.«
    Er schloss die Augen, wandte das Gesicht ab – und dann entspannte er sich. Es war, als spülte eine Woge durch seinen Körper. Er hörte auf, sich zur Wehr zu setzen.
    Â»Was ist passiert?«, fragte Cormac.
    Ben atmete – sanfte, rasche Atemzüge –, und sein Herz hämmerte immer noch. Ich strich ihm die feuchten Haare aus der Stirn und drehte sein Gesicht wieder zu mir. Er reagierte nicht auf meine Berührung.
    Â»Er ist ohnmächtig«, sagte ich seufzend.
    Langsam ließ Cormac Bens Beine los und setzte sich auf die Bettkante. Ben rührte sich nicht, zuckte nicht zusammen. Er sah krank aus, ausgelaugt, zu blass im Vergleich zu der grauen Steppdecke, die Haare feucht und das Hemd blutverschmiert. Ich war daran gewöhnt, ihn konzentriert, voller Energie und Selbstbeherrschung zu erleben. Völlig anders als jetzt. Sonst war immer ich diejenige, die ihn um Hilfe bat.
    Was zum Teufel war geschehen?
    Ich fragte Cormac nicht danach, noch nicht. Der Kopfgeldjäger wirkte vollkommen durcheinander. Mit ausdrucksloser Miene starrte er auf Bens hingestreckte Gestalt. Er stützte sich mit den flachen Händen auf den Oberschenkeln ab. Mein Gott, zitterten seine Hände etwa?

    Ich knöpfte Bens Hemd auf und zog es ihm mühsam aus, wobei ich den Stoff vorsichtig von den Stellen löste, an denen es aufgrund des getrockneten Blutes an seiner Haut klebte. Allmählich ließ das Adrenalin nach, und meine Glieder fühlten sich schwach wie Seidenpapier an. Mit zitternder Stimme fragte ich: »Was hat er da gesagt? Von wegen, dass du ihn umbringen sollst? Cormac?«
    Cormac redete leise, in einem eigenartigen, emotionslosen, monotonen Tonfall. »Wir hatten eine Abmachung. Als wir noch Kinder waren. Es war töricht, und wir haben es nur getan, weil es etwas war, das nie eintreten würde. Sollte einer von uns gebissen werden, sich infizieren, sollte der andere ihn umbringen. Es ist nur …« Cormac lachte, leise und barsch. »Ich wusste, falls es passieren sollte, wäre Ben niemals in der Lage, die Sache durchzuziehen. Sorgen habe ich mir keine gemacht, denn ich wusste, dass ich mich ohne Weiteres selbst erschießen könnte. Aber Ben – im Grunde war die Abmachung für ihn. Weil er auch nicht den Mumm hätte, sich selbst zu töten. Falls es ihm zustoßen sollte, sollte ich mich darum kümmern. Ich bin der Abgebrühte. Ich bin der mit dem Schießeisen. Aber ich konnte es nicht tun. Ich hatte mein Gewehr an seinem Schädel, und ich konnte es nicht tun. Zu dem

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