Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
Vom Netzwerk:
Zeitpunkt schrie er sich bereits die Lunge aus dem Leib, und ich musste ihn bewusstlos schlagen, damit er im Jeep blieb.«
    Ich konnte mir gut vorstellen, wie sein Finger sich am Abzug anspannte, noch ein Stück weiter, wie Cormac sich dann abwandte, die Zähne wütend gefletscht. In diesem Moment zog er ebenfalls eine Grimasse.

    Obwohl ich flüsterte, bebte meine Stimme. »Ich bin froh, dass du ihn nicht erschossen hast.«
    Â»Er ist es nicht.«
    Â»Das wird er aber sein.«
    Â»Ich habe ihn zu dir gebracht, weil ich mir dachte, du bist ein Werwolf, und du kommst ganz gut damit klar, und wenn er wie du sein könnte – würde er es schaffen. Vielleicht würde er es schaffen.«
    Â»Das wird er, Cormac.«
    Ohne sein Hemd sah Ben sogar noch blasser aus, noch verletzlicher. Sein halber Arm war zerfleischt und mit Wundschorf übersät. Seine Brust bewegte sich zu rasch, unter kurzen, keuchenden Atemzügen.
    Â»Wir sollten das Ganze säubern«, sagte ich. »Er wird eine ganze Weile nicht bei Bewusstsein sein. Vielleicht zwei Tage lang.«
    Â»Woher weißt du das?«, fragte Cormac.
    Â»Weil es bei mir so gewesen ist. Ich war tagelang krank. Cormac …« Ich stand auf und trat neben ihn, die Hand ausgestreckt, aber zaghaft, weil er aussah, als könne er zerbrechen, explodieren oder das Zimmer in Stücke reißen. Er war so angespannt wie eine Katze, die im Begriff steht, sich auf eine Maus zu stürzen. Die Kanone steckte immer noch in seinem Gürtelhalfter. Ich musste ihn dazu bringen, den Blick von Ben abzuwenden. Sanft berührte ich ihn am Arm. Als er nicht zusammenzuckte, hochfuhr oder mir einen Fausthieb versetzte, legte ich ihm die Hand auf die Schulter und drückte zu.
    Er legte die Hand über meine und erwiderte den Druck. Dann erhob er sich und verschwand in den vorderen Teil
der Hütte. Die Eingangstür wurde nicht geöffnet, also ging er nicht fort. Im Moment blieb mir keine Zeit, mir Sorgen um ihn zu machen.
    Mit einem klatschnassen Waschlappen und einem trockenen Handtuch bewaffnet, entfernte ich das Blut. Die Wunden, Bissspuren und Risse in seiner Haut hatten sich alle geschlossen. Sie sahen nach einer Woche altem Wundschorf aus, völlig trocken und mit einem rosafarbenem Rand. Seine Haut war schweißnass; ich trocknete ihn so gut wie möglich ab. Binnen einer halben Stunde atmete Ben langsamer, und er schien in normalen Schlaf zu sinken. Falls er unter Schock gestanden hatte, hatte dieser nachgelassen. Nichts sah entzündet aus. Die Lykanthropie sorgte dafür, dass er nicht erkrankte. Sie würde ihn nicht sterben lassen, jedenfalls nicht an ein paar Bisswunden.
    Ich zog ihm die Schuhe aus und deckte ihn mit einer überschüssigen Decke zu. Strich ihm ein letztes Mal die Haare aus dem Gesicht. Momentan war er ruhig.
    In der Küche stieß ich auf Cormac, der an der Arbeitsplatte lehnte und über die Spüle hinweg aus dem Fenster starrte. Seitdem wir Ben ins Haus gebracht hatten, war die Sonne aufgegangen. Die Umrisse der Bäume zeichneten sich deutlich gegen den fahlen Himmel ab. Allerdings glaubte ich nicht, dass Cormac tatsächlich Augen dafür hatte.
    Ich machte mich daran, die Kaffeemaschine anzustellen, wobei ich lauter als nötig vorging.
    Das Ganze war einfach zu seltsam. Cormac hatte diese Vorstellung von ihm und Ben als Kindern in mir geweckt, wie sie sich über Werwölfe unterhielten – das war nicht gerade
ein für Kinder typischer Zeitvertreib. Jedenfalls nicht, wenn es keine Hirngespinste waren. Nicht, wenn es ihnen tatsächlich ernst war. Ich hatte immer den Verdacht gehegt, Cormac sei leicht psychotisch veranlagt, doch Ben war der Vernünftige, der Anwalt. Ich hatte mich oft gefragt, wie er so gut mit dieser Welt – Lykanthropen, Vampiren, mit diesem ganzen Leben, das ich führte und das einem schlechten Horrorfilm glich – fertig wurde, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Ich war froh gewesen, hatte mir aber meine Gedanken gemacht. Wie lange hatte er schon darin gelebt? Sie beide, er und Cormac?
    Verdammt, ich wusste rein gar nichts über die beiden.
    Ich drückte auf den Schalter, das Lämpchen leuchtete auf, und die Kaffeemaschine begann glücklich zu gurgeln. Mit dem Rücken an die Arbeitsplatte gelehnt, betrachtete ich Cormac, der sich nicht gerührt hatte. Nach einer Minute stieg mir auf einmal der frische Kaffeeduft in die Nase.
    Â»Hast

Weitere Kostenlose Bücher