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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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Einen von ihnen. Das hätte eigentlich nicht sein sollen, es war zu einfach. Und etwas stimmte auch nicht – der Wolf hatte rote Augen. Ich habe schon viele Wölfe gesehen, wilde Wölfe und Lykanthropen, und keiner hatte rote Augen. Aber dieses Ding – wenn es kein Werwolf gewesen ist, weiß ich nicht, was es war. Es hat mir verdammt noch mal nicht gefallen. Ich habe mein Gewehr auf ihn gerichtet – und dann konnte ich mich nicht mehr bewegen. Ich versuchte Ben etwas zuzurufen, aber ich konnte mich nicht rühren. Ich konnte noch nicht einmal atmen. Blickduelle mit Werwölfen habe ich schon viele hinter mir. Aber noch nie zuvor bin ich derart erstarrt.
    Ich wäre tot, dieses Ding hätte mir ganz bestimmt die Kehle herausgerissen, wenn Ben nicht in dem Augenblick geschossen hätte. Dann war es, als habe jemand einen
Schalter umgelegt, und ich konnte mich wieder bewegen. Und da war Ben, auf der Motorhaube des Jeeps, ein Wolf auf ihm. Ich weiß nicht, ob er auf das Ding geschossen und nicht getroffen hat, oder ob es einfach zu schnell für ihn war. Doch es hat ihn erwischt. Er hat noch nicht einmal einen Schrei ausgestoßen.«
    Die Lichtung vor meinem Haus war in Sonnenschein getaucht, doch Cormac, der sich vom Fenster weggedreht hatte, war immer noch grau von Schatten.
    Â»Was hast du getan?«, flüsterte ich. Beinahe hätte ich nicht zu atmen gewagt.
    Â»Ich habe den Wolf erschossen. Es war ein Glückstreffer, reines, unglaubliches Glück. Ich hätte stattdessen Ben treffen können.«
    Â»Was ist dann passiert?«
    Â»Der andere – der Wolf vor mir – hat einen Schrei ausgestoßen. Kein Heulen, kein Bellen. Er hat geschrien wie ein Mensch. Wie eine Frau. Ich habe mich umgedreht und wollte ihn als Nächstes töten, doch er lief bereits davon. Ich habe auf das Ding geschossen, aber es ist mir entkommen. «
    Â»Und der Wolf, den du erwischt hast?«
    Â»Es war der Junge; der, wegen dem sie mich angeheuert hatten. Der Schuss hat ihn richtig vom Jeep geschleudert. Als ich ihn erreichte, lag er bereits im Sterben. Ich habe ihm eine Kugel in den Kopf gejagt. Er hat sich in einen Menschen zurückverwandelt. Genau, wie es sein sollte.«
    Er hatte richtig gehandelt. Ein kalter, rationaler Teil von mir wusste, dass ein Werwolf, der sich nicht unter
Kontrolle hatte, der wahllos tötete, zu gefährlich war; dass es unmöglich war, ihn mit Hilfe des Rechtssystems in den Griff zu bekommen. Was sollte man schon machen, die Polizei rufen und ihn ins Gefängnis sperren? Seltsamerweise gehörte ein kleines bisschen Wölfin zu jenem rationalen Teil meiner selbst, da sie genau wusste, was zu tun war, wenn einer von uns aus der Reihe tanzte. Es blieb nur eines zu tun übrig. Meiner menschlichen Seite, meiner emotionalen Seite, die aus dem Bauch heraus reagierte, kam es dennoch wie Mord vor. Ich konnte die beiden Auffassungen nicht miteinander in Einklang bringen.
    Â»Und Ben?«
    Â»Ich habe ihn hierhergebracht. Das ist alles.« Er atmete langsam ein und ließ die Luft in einem Seufzer wieder entweichen. »Er ist für diese ganze Scheiße nicht gemacht. Ist er nie gewesen.«
    Â»Warum hast du ihn dann mit hineingezogen?« Meine Stimme war scharf vor Zorn.
    Zum ersten Mal sah Cormac mich an. »Er ist der Einzige auf der Welt, dem ich vertraue.« Er ging zur Türöffnung des Schlafzimmers, lehnte sich an den Rahmen und starrte in den Raum.
    Es stimmte nicht, dass Ben der Einzige war, dem er vertraute. Wenn dem so wäre, hätte er Ben nicht hierhergebracht. Doch das sagte ich nicht.
    Cormac stieß sich von der Tür ab. »Ist es okay, wenn ich mich auf dem Sofa aufs Ohr haue?«
    Â»Gerne«, sagte ich und versuchte, wie eine wohlwollende Gastgeberin zu lächeln.

    Â»Ich hole meinen Schlafsack aus dem Jeep.« Er ging zur Eingangstür und öffnete sie.
    Dann hielt er inne. Er starrte eine lange Zeit vor sich hin, den Knauf in der Hand, ohne sich zu rühren.
    Â»Was ist?« Ich stellte meinen Kaffee ab und trat zur Tür, um hinauszusehen.
    Auf der Veranda lag wieder ein totes Kaninchen, ausgeweidet, genau wie das erste. Es überraschte mich nicht, an der Außenseite der Tür ein mit Blut hingeschmiertes Kreuz zu entdecken; frisches Blut bedeckte die schmutzigen Umrisse des alten Kreuzes. Bei Cormacs Eintreffen mit Ben war es noch nicht da gewesen. Sehr lange waren die beiden noch nicht hier,

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