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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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Sache mit dem Alphaweibchen tatsächlich ab? Ich selbst hatte es bloß für einen Bluff gehalten.
    Â»Wohin fahren wir?«, fragte er schließlich, als wir im Wagen saßen.
    Â»In die Stadt zum Einkaufen. Ihr Typen esst mir alles weg.« Das war nicht der einzige Grund. Die Tüte mit den Stacheldrahtkruzifixen befand sich im Auto. Ich hatte vor, sie loszuwerden.
    Â»Warum muss ich mitkommen?«
    Â»Weil man als Werwolf lernen muss, wie man in der echten Welt zu funktionieren hat. Anfangs ist es ein bisschen unheimlich. McDonald’s wird nie wieder so wie früher riechen.«
    Er rümpfte die Nase und stieß ein angewidertes Ächzen aus.

    Â»Außerdem werde ich dich nicht allein lassen, damit du dich umbringen kannst, bloß um mir eins auszuwischen.«
    Â»Ich habe eine Abmachung mit Cormac. Bis nach Vollmond werde ich durchhalten. Dieses Versprechen werde ich nicht brechen.«
    Ich seufzte. »Du machst es schon wieder. Für Cormac wirst du durchhalten, aber nicht für mich. Ich glaube, du magst mich einfach nicht.«
    Ben hielt inne und dachte nach. »Du weißt schon, dass du verrückt bist?«
    Â» Ich will nicht, dass mein bester Freund mir eine Kugel in den Kopf jagt!«
    Er drehte sich weg und starrte aus dem Fenster.
    Was er gerade durchmachte, hatte ich ebenfalls hinter mir. Ich war aufgewacht, nachdem ein Werwolf mich angefallen hatte; meine ganze Welt hatte Kopf gestanden, doch ich hatte nicht sterben wollen. Da war höchstens einmal ein vager, nicht ernst gemeinter Wunsch gewesen, der auf eine Depression zurückzuführen war. Ich hatte ein Leben und wollte es behalten, Lykanthropie hin oder her. Was stimmte mit Ben nicht?
    Mit Ben stimmte alles. Er hatte recht, Angst zu haben, der Sache aus dem Weg gehen zu wollen. Es ging hier um mich. Ich war das Problem. Ben wusste, was auf ihn zukam, weil er mit angesehen hatte, was es mit mir anstellte. Daraus konnte ich ihm nicht den geringsten Vorwurf machen.
    Â»Ich bin ein Werwolf«, sagte ich. »Bin ich denn so schrecklich, dass du dich lieber umbringen würdest, als auch einer zu sein?«

    Â»Nein.« Er sah mich an, und sein Blick war traurig. »Du bist überhaupt nicht schrecklich. Du bist …« Er drehte sich wieder zum Fenster, ohne den Satz zu beenden.
    Ich bin was? , hätte ich ihn beinahe angeschrien, um ihn dazu zu bringen weiterzusprechen. Doch was würde ich damit erreichen? Eine Antwort, die ich vielleicht gar nicht hören wollte. Du bist nicht schrecklich, du bist … durcheinander.
    Ich bog in die Auffahrt zu Joes und Alices Laden und parkte. Es war Mittag, doch außer uns befand sich niemand dort. Immerhin etwas. Ich war bereits ausgestiegen, als Ben sagte: »Am besten warte ich einfach hier.«
    Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Damit wäre der Zweck dieser Übung verfehlt. Außerdem musst du mir beim Tragen helfen.«
    Er sprang ruckartig aus dem Auto, wie ein mürrischer Teenager in seine Jacke versunken, die Hände in den Taschen. Ich überquerte den unbefestigten Parkplatz, und Ben holte mich ein und ging neben mir. Auf halbem Weg zur Eingangstür hielt er jedoch inne, hob den Blick und hielt die Nase in die leichte Brise. Halb besorgt, halb neugierig runzelte er die Stirn.
    Ich konnte alles herausfiltern, die unzähligen Gerüche, die mir jeden Tag begegneten: verschüttetes Öl, Benzin, Asphalt, den Müllcontainer, trocknende Farbe von dem Schuppen um die Ecke, ein von der Leine gelassener Hund, eine streunende Katze, die Erde und Bäume vom Waldrand. Ein normaler Mensch wäre nicht in der Lage, all die Gerüche zu unterscheiden. Ben roch das alles zum ersten Mal.

    Â»Alles in Ordnung?«, erkundigte ich mich.
    Kurz darauf nickte er. Dann sagte er: »Wie rieche ich für dich?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Bisher hatte ich noch nie versucht, es zu beschreiben. »Jetzt? Du riechst wie ein Werwolf. Ein Mensch plus ein bisschen Fell und Wildnis.«
    Er nickte, als käme ihm das bekannt vor – schließlich konnte er mich jetzt ebenfalls riechen. »Und früher?«
    Â»Für mich hast du immer nach deinem Trenchcoat gerochen.«
    Er stieß ein Geräusch aus, das beinahe ein leises Lachen war.
    Â»Wie rieche ich für dich?«, fragte ich.
    Einen Moment legte er den Kopf schräg und überprüfte die Luft, schmeckte sie. Er schien verwirrt, als versuche er noch immer, den

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