Die Stunde Der Jaeger
Sinneseindruck einzuordnen. »Sicher. Du riechst sicher.«
Wir betraten den Laden.
An der Tür zögerte Ben, sah sich erneut um, mit bebenden Nasenflügeln und einer Miene voller Unsicherheit und Neugier. Ich sah in den Laden, hoffte, Alice zu sehen, machte mich jedoch auf Joe und sein Gewehr gefasst.
Hinter dem Ladentisch blickte Alice von der Zeitschrift auf, die sie gerade las. Sie lächelte. »Hi Kitty, wie geht es Ihnen heute?«
»Ach, prima. Ich habe Freunde zu Besuch. Alice, das hier ist Ben. Ben, Alice.«
Alice lächelte freundlich und hielt ihm die Hand entgegen. Kurzzeitig sah Ben betroffen aus â in den Augen des Wolfes handelte es sich nicht gerade um eine harmlose
Geste. Ja, es sah sogar ein wenig nach einem Angriff aus. Ich wartete ab, wie er reagieren würde, und ich seufzte leise, als er sich von seinem Schreck erholte und ihr die Hand schüttelte.
»Schön, Ihre Bekanntschaft zu machen«, sagte er. Zwar lächelte er nicht, doch er benahm sich relativ ungezwungen.
»Geben Sie Bescheid, wenn ich Ihnen behilflich sein kann, etwas zu finden«, sagte sie.
»Ich habe da tatsächlich eine Frage. Kennen Sie in der Gegend einen Schmied? Jemand mit einem Schmiedefeuer, der etwas Metall für mich einschmelzen könnte?«
»Na, aber sicher. Jake Torres ist der örtliche Hufschmied, er hat eine Schmiede. Was für Metall denn?«
Das würde sich nicht leicht erklären lassen, ohne dass ich wie eine Verrückte klang. Doch ich war wahnsinnig, jedenfalls laut Ben. Vielleicht sollte ich es einfach akzeptieren. »Ich habe da einen Haufen Stacheldrahtteile, die ich gerne komplett zerstört hätte. Meinen Sie, er würde das für mich tun?«
Sie legte die Stirn in Falten. »Oh, wahrscheinlich. Was für Teile denn?«
»Sie sind im Wagen. Ich gehe sie holen. Ben« â ich holte einen Plastikeinkaufskorb von dem Stapel neben der Tür â »hier. Such Nahrungsmittel zusammen. Was auch immer gut aussieht.«
Er nahm den Korb, bedachte mich mit einem skeptischen Blick und steuerte auf die Regale zu.
Mit dem Gefühl, endlich etwas zu erreichen, rannte ich zum Wagen, holte die Tüte mit den Kruzifixen, lief in das
Geschäft zurück und lieà die Tüte vor Alice auf den Ladentisch fallen. Sie landete mit einem heftigen, stählernen Plonk . Alice zog ein Kruzifix hervor, musterte es und sah dabei immer besorgter aus. Das bereitete mir Sorgen.
»Etwas stimmt nicht«, sagte ich. »Was ist los? Sie sehen aus, als hätten Sie so was schon mal zu Gesicht bekommen.«
Kopfschüttelnd lieà sie das Kruzifix zurück in die Tüte fallen und verknotete sie rasch. »Ach, wissen Sie? Volkstum, örtlicher Aberglaube. Kruzifixe sollen einen schützen.«
»Tja, nun, jemand hat die Dinger in einem Kreis um meine Hütte auf den Boden geworfen, und ich fühle mich nicht sonderlich beschützt. Ein Freund von mir ist der Ansicht, es sei Teil eines Fluches. Als habe jemand etwas gegen meine Anwesenheit hier.«
Ãberrascht riss Alice die Augen auf. »Das ist zweifellos eigenartig, nicht wahr?«
»Ich möchte sie einfach nur loswerden. Sie einzuschmelzen scheint mir die beste Methode zu sein. Meinen Sie, Ihr Hufschmied wird das erledigen?«
»Jake schaut einmal pro Woche hier vorbei. Ich erwarte ihn in zwei Tagen wieder. Da werde ich ihn persönlich bitten«, sagte sie mit einem schmalen Lächeln. Sie verstaute die Tüte unter dem Ladentisch. Ich war das Ding los.
Das war einfach. Mir fiel ein Stein vom Herzen. »Danke, Alice. Das wäre groÃartig.«
Ich ging nach Ben sehen. Er stand mit dem immer noch leeren Korb vor einem Regal voll Dosen mit Suppen, Chili und NudelsoÃen.
»Nichts klingt gut«, sagte er. »Ich denke bloà die ganze
Zeit an all das Wildbret in deiner Tiefkühltruhe. Ist das normal?«
Ich tätschelte ihm den Arm. »Ich weiÃ, was du meinst.«
Wir deckten uns mit Grundnahrungsmitteln ein â Speck und Eier, Brot und Milch. Ben trug mir brav den Korb, und Alice tippte die Waren in die Kasse ein. Sie wirkte fröhlicher denn je. Ohne Zwischenfälle gelangten wir zum Auto zurück.
»Siehst du«, sagte ich, als ich den Wagen wieder auf die StraÃe zusteuerte, »das war gar nicht so schlimm.«
Ich befeuchtete mir die Lippen, weil mein Mund ganz trocken geworden war. Obwohl ich es an ihm gerochen hatte,
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