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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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obwohl ich gerochen hatte, dass er sich in etwas nicht ganz Menschliches verwandelt hatte, obwohl ich die Bisswunden gesehen hatte und mir mein Verstand sagte, was mit ihm geschah, traf mich die Erkenntnis erst in dem Augenblick. Ben war ein Werwolf. Zwar mochte er noch keine Wolfsgestalt angenommen haben, mochte seit noch nicht einmal einer Woche infiziert sein. Aber es war so.
    Â»Es führt dazu, dass sie einem wie Beute vorkommen.« Ich war mir bewusst, dass ich über Menschen, ganz normale Menschen wie Alice, in der dritten Person sprach. Als seien sie etwas anderes als Ben und ich. »Als könnte man Jagd auf sie machen.« Als könnte man beinahe das Blut schmecken.
    Â»Passiert das jedes Mal, wenn man jemandem begegnet?«, fragte er.
    Â»Meistens, ja«, sagte ich leise.
    Auf der Heimfahrt sagte er keinen Ton mehr.

    Bei unserer Rückkehr war Cormac wach. Er saß am Küchentisch und reinigte seine Waffen. Sobald die Eingangstür aufging, stand er auf und wandte sich uns zu. Wenn ich ihn nicht besser kennen würde, hätte ich gesagt, dass er panisch war.
    Â»Wo seid ihr gewesen?«, fragte er.
    Â»Einkaufen?«, erwiderte ich unsicher. Sowohl Ben als auch ich hoben die vollen Plastikeinkaufstüten hoch, die wir in die Küche trugen. »Willst du auspacken helfen?«
    Er stand nur da. »Und ihr hättet mir keinen Zettel schreiben können?«
    Â»Ich dachte nicht, dass du vor unserer Rückkehr aufwachen würdest.«
    Â»Keine Sorge«, sagte Ben. »Sie hat auf mich aufgepasst.«
    Â»Solltest du überhaupt draußen sein?«, fragte Cormac vorwurfsvoll, fast mütterlich.
    Beinahe hätte ich ihn angefahren, etwas Kindisches gesagt wie: Wo ist dein Problem? Dann wurde mir klar, dass ich Cormac noch nie zuvor besorgt erlebt hatte. Zumindest war ihm seine Sorge zum ersten Mal anzumerken. Er war richtig mit den Nerven fertig. Es war beinahe beängstigend.
    Ben ließ sich auf den anderen Stuhl am Küchentisch fallen. »Ich hab’s überlebt, oder etwa nicht?« Cormac blickte finster drein und sah weg, was Ben dazu brachte hinzuzufügen: »Mir geht es gut, Cormac.«
    Â»Jedenfalls noch drei Tage lang«, murmelte ich, während ich Lebensmittel in den Kühlschrank stopfte. Ich räumte die Einkäufe geräuschvoll und wütend ein, als würde es mir so besser gehen. Die Männer achteten nicht auf mich.
    Â»Brauchst du Hilfe?« Ben deutete auf das Waffenöl und
die auseinandergenommenen Waffen auf dem Küchentisch. Cormac hatte Allzwecktücher als Unterlage benutzt, sodass ich noch nicht einmal sauer auf ihn werden konnte, weil er den Tisch schmutzig gemacht hatte.
    Â»Ich bin fertig.« Cormac begann, das Durcheinander aufzuräumen und verstaute alles in einem Werkzeugkasten aus Metall.
    Nachdem Ben ihm eine Minute zugesehen hatte, sagte er: »Wenn du mich einfach erschossen hättest, hättest du jetzt nicht diese ganze Scheiße am Hals.«
    Â»Das wirst du mich niemals vergessen lassen, oder?«
    Â»Wir hatten eine Abmachung …«
    Cormac ließ den Werkzeugkasten laut krachend auf den Tisch fallen. »Wir waren sechzehn Jahre alt, als wir diese Abmachung getroffen haben! Wir waren noch Kinder! Wir hatten keine Ahnung!«
    Ben ließ den Blick sinken.
    Ich verließ das Zimmer.
    Weit konnte ich natürlich nicht gehen. Ganze anderthalb Meter bis zum sogenannten Wohnzimmer. Dennoch erleichterte der Abstand es mir ein ganz klein wenig, die beiden zu ignorieren. Dumpfes, offenkundiges Schweigen legte sich über die ganze Hütte. Einen Augenblick später ging Cormac nach draußen, Werkzeugkasten und Gewehre in der Hand. Dann konnte ich hören, wie er erneut seinen Jeep belud. Ich rechnete beinahe damit, dass er den Motor anlassen und für immer wegfahren würde, sodass ich mich allein um Ben kümmern müsste. Doch das tat er nicht. Vielleicht hatte er vor, von nun an dort draußen zu schlafen, um weitere Streitereien zu vermeiden, doch er
fuhr nicht weg. Ben ging ins Schlafzimmer. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch, vor meinen Computer, und tat so, als würde ich schreiben, hätte mir allerdings am liebsten die Haare ausgerauft.
    Ein Jahr lang hatte ich im Radio den Leuten erklärt, wie sie ihre übernatürlich komplizierten Beziehungsprobleme lösen könnten. Aber mit dem vor meiner Nase wurde ich nicht fertig.
    Ben verließ das Schlafzimmer lange

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