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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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sagte Cormac: »Wenn du Gesellschaft brauchst …«
    Â»Nimm es mir nicht übel, aber eigentlich möchte ich nicht, dass du weißt, wohin ich gehe. Ich möchte morgen früh nicht mit einem deiner Gewehre vor der Nase aufwachen.«
    Â»Du glaubst, ich würde dich im Schlaf erschießen? Einen von euch beiden?«, sagte er verärgert. Offensichtlich nahm er es mir doch übel.
    Am liebsten hätte ich geschrien. Ich wandte den Blick ab. »Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht.«
    Â»Wenn ich das wirklich tun wollte, würde ich euch aufspüren. Du weißt, dass ich es könnte.«
    Ich ging.
    Ich war hin und her gerissen: Einerseits wollte ich zurückeilen, falls Ben beschloss, in meiner Abwesenheit etwas Unbesonnenes zu tun, andererseits wollte ich mir Zeit lassen, um die angespannte Stimmung in der Hütte zu vermeiden. Ich fand meinen üblichen Unterschlupf und versteckte die Sachen. Dann saß ich lange da, in den Hohlraum
eingerollt, und genoss den friedlichen Duft des Ortes. Er roch nach mir, nach Fell und Wärme, und er fühlte sich sicher an. Ich fragte mich, wie er sich anfühlen würde, wenn sich erst einmal zwei Leute darin befanden.
    Da wurde mir schamhaft bewusst, dass ich mich darauf freute, es herauszufinden. Ich freute mich darauf, heute Nacht zusammen mit einem Freund rennen zu können.
    Herrgott, ich konnte von Glück sagen, wenn Ben oder Cormac nach der heutigen Nacht noch meine Freunde waren. Ich vergrub die Finger in meinen Haaren und ballte sie zu Fäusten, als versuchte ich, mir die verrückten Gedanken aus dem Kopf zu reißen. Ben war dabei, durch die Hölle zu gehen; ich würde das Ganze gewiss nicht als etwas Positives betrachten.
    Ich musste eine gute Stunde dort verbracht haben, als ich mich endlich dazu durchrang, zur Hütte zurückzuwandern. Ich hatte Angst vor dem, was mich dort bei meiner Ankunft erwartete. Gott stehe mir bei, wenn Cormac im Begriff sein sollte, seine Waffen zu reinigen …
    Dem war nicht so. Er war in der Küche und las meine Ausgabe von Walden .
    Ich musste wohl dagestanden und ihn angestarrt haben, denn er blickte auf und sagte: »Was schaust du so?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich war ich wohl schon halbwegs zu dem Schluss gekommen, dass du nicht lesen kannst.«
    Ben, der auf dem Sofa ausgestreckt lag und sich schlafend stellte, schnaubte belustigt vor sich hin.
    Aha, der Junge hatte seinen Sinn für Humor nicht verloren. Vielleicht bestand doch noch Hoffnung!

    Â»Wie geht es dir?«, fragte ich ihn sanft.
    Â»Behandele mich nicht gönnerhaft.«
    Â»Ich bin nicht …« Doch was ich gemeint hatte, und wie es in seinen Ohren geklungen hatte, konnten gewiss zwei ganz verschiedene Dinge sein. Am liebsten hätte ich gegen das Sofa getreten und ihn gewaltsam aus seiner Stimmung gerissen. »Du machst die Sache viel schwieriger, als sie eigentlich sein müsste.«
    Unvermittelt setzte er sich auf. Ich dachte schon, er würde sich auf mich stürzen. Ja, ich wich sogar einen Schritt zurück.
    Beinahe schrie er. »Du weißt, wie man sich die Sache erleichtert? Möchtest du mir vielleicht verraten, wie man es tut? Denn das würde ich mir zu gerne anhören. Du redest immer davon, dass man sich daran gewöhnen muss, wenn du also ein paar Tricks kennst, wäre jetzt ein großartiger Zeitpunkt, sie mir mitzuteilen!«
    Wir starrten einander wütend an, von Angesicht zu Angesicht. Meine Wölfin dachte, er werde auf der Stelle einen Kampf anfangen, und wollte knurren. Ich machte die Augen zu und atmete tief ein, um sie im Zaum zu halten. Damit sich meine menschliche Seite darum kümmern konnte. Ich musste ihm nur raten, sich zu beruhigen. Musste erneut gönnerhaft sein.
    Da mischte sich Cormac ein. »Vielleicht sollte ich euch beide abknallen, um euch von euren Qualen zu erlösen.«
    Wieso wäre ich am liebsten in Gelächter ausgebrochen? Hysterisches, psychotisches Gelächter, sicher. Aber immerhin. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, wäre es witzig gewesen.

    Ich sah Ben an, als ich sagte: »Wer sagt denn, dass wir Qualen leiden?«
    Ein Funke sprang über. Er fand es ebenfalls witzig. Jedenfalls fand ein Teil von ihm einen Teil des Ganzen witzig. Er wandte den Blick ab, doch ich sah gerade noch, wie ein Lächeln seine Lippen umzuckte und dann wieder verschwand.
    Ich zog den Schreibtischstuhl

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